MASTER
NEGATIVE
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MICROFILMED 1993
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A UTHOR:
KNOBLOCH
5
LUDWIG
TITLE:
DAS TERRITORIUM DER
STADT STRASSBURG ,
PLACE
LEIPZIG-REUDNITZ
DA TE.
1908
COLUMBIA UNIVERSITY LIBRARIES
PRESERVATION DEI'ARTMENT
BIBLiUGRAl'HIC MICROFORM TARGET
Original Material as Filmed - Existing Bibliographie Record
Master Negative #
128
ICnoblocIi, Ludv/i/^ 138,'^- '
: Das territorium der stadt Strassburg bis zur
^ mitte des 15 • Jahrhunderts (nebst einer ^arte)
Strai^.oburg I90S
Bibliography p 4*
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1.25
|4.5
mm
163
|7I
li.i^is.
2.8
3.2
4.0
1.4
2.5
2.2
2.0
1.8
1.6
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BY APPLIED IMfiGE. INC.
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Das
Territorium der Stadt Strassburg
bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts
(nebst einer Karte).
Inaugural' Dissertation
zur
Erlangung der Doktorwürde
der
Hohen philosophischen Fakultät der Kaiser-
WilhelmS'Universität zu Straßburg
vorgelegt von
Ludwig Knobloch
.lus Offenheim in Rheinhessen.
1
i;
Leipzig-Reudnitz.
Druck von August Hoffmann.
1908.
N.
/
Von der Fakultät genehmigt am 23. ^ov. 1907.
Meinen lieben Eltern
il
\
Verzeichnis der Abkürzungen.
Str. Stadt-A. = Straßburger Stadt-Archiv.
Str. Bez.-A. = Straßburger Bezirks-Archiv.
Straßb. Urk. = Straßburger Urkundenbuch.
Rapp. Urk. — Rappoltsteiner Urkundenbuch.
Altmann, Reg- = Altmann, Regesta impcrii XI.
Fester, Reg. = Fester, Regesten der Markgrafen^ von Baden und
Hachberg 1050 1515
Schöpflin, Als. illustr. = Schöpflin, Alsatia illustrata.
Königshofen, Str Städtechroniken -- Straßburger Städtechroniken.
R. T. Akten = Reichstagsakten.
Z. G. O. N. F. = Zeitschrift für Geschichte des Oberrheincs,
Neue Folge.
Einleitung,
Mit der vorliegenden Untersuchung habe ich es unter-
nommen , eine Übersicht über den Erwerb und die Ver-
fassung und Verwaltung des Territoriums der Freistadt Straß-
burg zu geben. Was den Erwerb anbetrifft , so sah ich
mich vielfach genötigt, auf die dabei geführten Verhand-
lungen etwas näher einzugehen , weil darin die von der
Stadt verfolgte territoriale Politik klar zu erkennen ist; bei
der Verpfändung von Rappoltsweiler mußte auch die allge-
meine politische Lage Straßburgs berücksichtigt werden.
Ferner erforderte die Zersplitterung der landesherrlichen
Rechte der einzelnen Gebiete, auch deren Geschichte bis
zum Eintritt in den städtischen Besitz zu berücksichtigen.
Für die Verfassung und Verwaltung wurden die Zustände
des Gebietes in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts
herausgegriffen, die deshalb am wichtigsten zu sein schienen,
weil damals das ganze Gebiet erst einheitlich organisiert
wurde und so das Gepräge für die folgenden Jahrhunderte
erhielt. Mur gelegentlich glaubte ich auf die früheren Zu-
stände zurückgreifen zu müssen. Die Darstellung verfolgt
die Geschichte des Territoriums bis zum jähre 1550, die
Behandlung der späteren Zeit mag einer anderen Arbeit
vorbehalten bleiben. Der Plan der Arbeit ist der, daß zu-
nächst der Erwerb des vorübergehenden , sodann der des
dauernden Besitzes nach Ämtern geordnet und zum Schluß
der verfassungsgeschichtliche Teil behandelt werden soll.
Das Territorium setzte sich in der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts aus acht Ämtern zusammen, nämlich
- 6 —
Benfeld, Ettenheim, Fursteneck, Herrenstein, Kürnberg, 111-
kirch , Wasselnheim und Marlenheim mit zusammen 39
Dörfern , 4 Städten und 5 festen Burgen \ry^). Dazu trat
noch im )ahre 1566 das Amt Barr bestehend aus der Stadt
Barr und 5 Dörfern^). Dieser nicht ganz abgerundete Be-
sitz blieb der Stadt größtenteils dauernd bis zum )ahre
1681, wo er mit ihr zusammen Frankreich einverleibt wurde
mit Ausnahme des Amtes Herrenstein, welches der Rat schon
1651 verkaufen mußte. Außer diesem dauernden Besitze
gehörten zeitweise noch eine Reihe anderer Gebiete, vor-
nehmlich die Städte Rappoltsweiler und ein Teil von Lichten-
au und kurze Zeit sogar das ganze Bistum Straßburg, zur
Stadt Straßburg, sodaß ihr Territorium denen der anderen
deutschen Städte würdig zur Seite treten kann').
Da der Besitz der hohen Gerichtsbarkeit das ausschlag-
gebende Moment in der Bildung der territorialen Gewalten
war, so hatte auch Straßburg mit dem Übergang jeder
Gerichtsbarkeit innerhalb der Stadt von dem bischöflichen
Vogtgericht an die städischen Gerichte das unbestreitbare
^) Vgl. Die alten Territorien des Elsaß nach dem Stande vom
1. Januar 1648. Herausgegeben von dem statistischen Bureau des
Kaiseriichen Ninisteriums für Elsaß-Lothringen, Straßburg 1896.
S. 113-119.
2) Kretschmer, Historische Geographie von Mittel-Europa,
S. 464.
^) Vgl. auch die geschichtlichen Skizzen der hier behan-
delten Gebiete in: Das Reichsland Elsaß-Lothringen, Landes- und
Ortsbeschreibung. Herausgegeben von dem statistischen Bureau
des Ministeriums für Elsaß-Lothringen, Straßburg 1901-1903.
*) Die alten Territorien usw., S. 116.
^) Kretschmer, S. 583 ff.
Paul Sander, Die reichsstädtische Haushaltung Nürnbergs,
dargestellt auf Grund ihres Zustandes von 1431 bis 1440. Leipzig
1902, S. 9-10.
Eugen Rübling, Die Reichsstadt Ulm am Ausgange des
Mittelalters (1378—1556) 1904, II S. 216-
- 7 ^
Recht erworben, Landesherr zu werden'). Wenn aber die
städtische oberste Behörde nicht schon im Anfang des
14. Jahrhunderts von dieser Berechtigung ausgiebigen Ge-
brauch machte, so lag es vornehmlich an der Entwickelung
ihrer Stadt: die schweren äußeren und besonders inneren
Kämpfe, welche Straßburg bis tief ins 15. Jahrhundert
hinein durchzumachen hatte, machten eine territoriale
Politik unmöglich.
Wenn man aber doch gegen Ende des 1 4. Jahrhunderts
dazu überging, außerhalb der Stadtmark liegenden Besitz
zu erwerben, so dachte man vorerst noch nicht an weite
Gebiete mit zahlreichen Dörfern und Städten, was wir vor-
nehmlich unter einem Territorium zu verstehen pflegen,
obwohl es auch damals schon einzelne Dörfer gab, welche zu
Straßburg gehörten. Als erstes Dorf kam Königshofen in städti-
schen Besitz: Karl IV. erlaubte am 25. November 1347 der
Stadt, dieses Reichsdorf, welches verpfändet war, an sich
zu lösen'-), und am 31. Juli 1351 kaufte sie es von ihren
Bürgern Johann und Ludwig Gosso für 360 Pfund '). Aber
es wurde später keinem Amte angegliedert, sondern un-
mittelbar von den städischen Beamten verwaltet, und es
ist daher von dem eigentlichen territorialen Besitz zu
trennen *).
Die beiden Dörfer Dettweiler und Dossenheim, welche
die Stadt im Jahre 1396 mit Gewalt einnahm, fielen sozu-
sagen nur als Anhängsel der Feste Herrenstein Straßburg
zu. Es war ihr nur an der Feste gelegen , aber deren
Besitz ohne die Dörfer war nicht gut möglich. Es ist be-
zeichnend , daß von den zahlreichen Urkunden , welche
^) Siegfried Rietschel, Das Burggrafenamt und die hohe
Gerichtsbarkeit in den deutschen Bischofsstädten während des
früheren Mittelalters, Leipzig 1905, S. 20—21.
2) Straßb. Urk. B. V Nr. 153-
3) Straßb. Urk. B. V Nr. 248.
*) Straßb. Urk. B. V S- 190. Z. 13.
— 8 -
während des Streites um diese Burg ausgestellt wurden, nur
in den wenigsten die Dörfer überhaupt genannt wurden.
Die drei Dörfer an der 111, nämlich illkirch, Grafen-
staden und lllwickersheim, mußte der Kaiser Sigmund der
Stadt verpfänden , wollte er nicht die Ausführung eines
gemeinnützigen Beschlusses, des Baues einer lilbrücke,
welcher von seinem Landvogt im Elsaß, dem Bischof von
Straßburg und den meisten elsässischen Reichsstädten ge-
faßt wurde, untersagen. Zweifellos hat auch die Geldver-
legenheit des Kaisers bei der Verpfändung eine Rolle ge-
spielt. Die Anregung dazu ging von ihm aus, und die
Pfandsumme betrug 17 600fl.
Die Geldgeschäfte, welche die Stadt mit den Reichs-
fürsten und Herren machte, verschafften ihr in der ersten
Zeit die Möglichkeit landesherrlichen Besitz zu erwerben,
indem diese, sobald sie ihre Schulden der Stadt nicht be-
zahlen konnten, ihr Teile ihres Gebietes verpfändeten.
Freilich waren bei der ersten größeren Verpfändung, der-
jenigen von Brumath, Buchsweiler und des Fleckens und
der Feste fleuenburg, nur die Einkünfte aber keine landes-
herrlichen Rechte einbegriffen'), jedoch wird es von da ab
bei den später abgeschlossenen Pfandgeschäften Regel, daß
mit jeder Verpfändung auch die Landeshoheit verbunden ist.
Auf diese Weise gelang es der Stadt , sich vorüber-
gehend in den Besitz der Unterstadt Rappoltsweiler, ja so-
gar zusammen mit dem Domkapital in den des ganzen
Territoriums des Straßburger Bistums in den Jahren 1407
bis 1417 zu setzen.
Ebenso ist klar zu erkennen, daß die Stadt, bei allen diesen
Verpfändungen Gewicht darauf legte, daß die verpfändeten
Gebiete Burgen und Städte waren , welche auch in mili-
tärischer Hinsicht wertvoll für Straßburg werden konnten.
Dazu wurde sie durch die äußeren Verhältnisse gedrängt.
1) Ebenda Nr. 83Q. Die Verpfändung: fnnd am t3. Oktober
1369 statt und sollte 10 fahre dauern.
r
fc
— 9 —
Mit dem Ausgang des 14. [ahrhunderts war die Zeit der
der großen Städtebündnisse vorbei^), und damals war auch
die Blütezeit des adligen Ausbürgertums überschritten'-),
dessen Bedeutung für Straßburg großenteils darin lag, daß
die Burgen und Städte dieser Adeligen ihr für ihre kriege-
rischen Unternehmungen ein „offenes Haus" waren. Nun-
mehr sah sich die Stadt genötigt , sich zu ihrem Schutze
nach anderen Hilfsmitteln umzusehen , deren sie sich im
Kriegsfall bedienen konnte. So erwarb sie die völlig ge-
trennt vom Straßburger Besitze liegenden Festen Kochers-
berg , Herrenstein , Fürsteneck und Kürnberg. Bei der
Besitzergreifung der Städte Benfeld, Lichtenau, Kenzingen,
Herbolsheim und Ettenheim haben sicherlich ähnliche Er-
wägungen mitgespielt.
Mit der definitiven Ordnung der städtischen Verfassung
im Jahre 1482') und dem Wiederkehren ruhigerer Zeiten
unter Kaiser Maximilian konnte Straßburg daran denken,
zu eigentlichem territorialem Erwerb vorzuschreiten. Zwar
hatte es schon vorher mit dem Ankauf des linksrheinischen
Streubesitzes, welcher zum Amt Kürnberg zusammenge-
faßt wurde, die neuen Bahnen betreten, aber erst mit dem
Erwerb der beiden Ämter Marlenheim und Wasselnheim
mit zusammen 14 Dörfern und der Vergrößerung des Amtes
Illkirch um weitere 7 Dörfer tritt diese Politik recht eii^ent-
lieh zu Tage.
Interessant ist die Frage nach der Vorgeschichte der
einzelnen Dörfer. Ein großer Teil davon war altes Reichs-
gut, aber nur 4 Dörfer, nämlich Wasselnheim, Brechungen,
Ittelnheim und Friedolsheim, waren ein Reichslehen, während
das ganze Amt Marlenheim und die drei Dörfer an der
^) Richard Schroeder, Lehrbuch der deutschen Rechtsge-
schichte 4. Aufl., S. 643.
''^) O. Winkelmann, Straßburgs Verfassung und Verwaltung
im 16. Jahrhundert. Z. G. O. N. F. 18 S. 50C)ff.
'^) Ebenda, S. 497.
';
v^
— 10 --
III Reichspfandschaft waren. Die Mehrzahl der übrigen
Dörfer waren ebenfalls Pfandlehen. Vielfach jedoch fand
keine eigentliche Verpfändung an Straßburg statt, sondern
die Stadt erwarb durch Ankauf aus dritter Hand die vor-
her schon an Andere verpfändeten Gebiete. Schließlich
darf man auch den eigenen Grundbesitz der Stadt nicht
gering anschlagen, besonders in den Gemeinden Marlenheim
und Wasselnheim und in den Dörfern um die Stadt her-
um muß er ganz beträchtlich gewesen sein.
Die Stadt Straßburg war nur als Korporation lehens-
fähig^), daher mußte bei dem Reichslehen ein Lehensträger
bestellt werden, welcher für die Stadt auf Lebenszeit be-
lehnt wurde. Etwas ähnliches war bei den Pfandlehen
der Fall. Hierbei folgte der vorausgehenden Rechts-
handlung eine symbolische Handlung, indem der Pfand-
geber dem Altammeister und einem Städtmeister als Pfand-
Symbol einen Halm überreichte und ihnen im Namen und
an Stelle des Rates und der Bürgerschaft die landesherr-
lichen Rechte abtrat. Es ist zweifelhaft, ob dieses Zere-
moniell bei jeder Verpfändung beobachtet wurde, überliefert
ist es nur bei derjenigen von Lichtenau und von Ettenheim"-).
^) C. G. Homcyer, Das System des Lehenrechts, S. 312.
2) Straßb. Urk. VI S- 777 L 15 und Str. Stadt- A. AA. 1429.
I
I. Der Erwerb des Territoriums.
A. Die vorübergehenden Besitzungen.
1. Rappoltsweiler.
Der erste landesherrliche Besitz der Stadt Straßburg
war die Unterstadt Rappoltsweiler, welche zusammen mit
dem Rappoltsteinischen Hofe daselbst zwei )ahre lang, vom
24. Juni 1388 bis zum Sommer 1390, Straßburg verpfändet
war^).
Der Rat stand mit dem Ritter Bruno von Rappolts-
stein, dem Eigentümer dieser Unterstadt, schon längere
Zeit in geschäftlichen Beziehungen'-). Da dieser aber mit
1) Schöpflin, Als- illustr IL pag. 291, macht eine falsche An-
gabe: inferiora [opida] civitas argentinensis anno 1389, quo grave
inter ipsam atque dynastas bellum exarserat, occupavit
-) Dieser hatte ihm im jähre 1363 eine Rente von 200 fl von
seinem Dürfe Gemar bei Rappoltsweiler verkauft, welche jährlich
an Ostern fällig war, und für deren richtige Auszahlung sich
eine Reihe von Mitschuldnern verbürgt hatten (Straßb. Urk. V
Mr. 573, Rapp. Urk. II S. 95 Z. 12.) Außerdem hatte ihm Straß-
burg, als er sich in äußerster Not befand, 4000fl „on allen nutz"
geliehen. Bruno wollte diese in den folgenden 10 jähren in
jährlichen Raten von 400 fl zurückzahlen und verpflichtete sich
eidlich, die Termine, welche auf johanni fielen, einzuhalten.
(Rapp. Urk. II S- 353 Z. 30, S- 255 Z. 1 0.) Aber mit der Zeit waren manche
der Mitschuldner gestorben, (ebenda S. 250 Z. 37.) und, was die
Stadt dem Bruno zum Vorwurf machte, die jährlichen Raten von
400 fl blieben aus (ebenda S. 353 Z. 4.). Daher kam es im
Februar 1388 zu einem Vortrag. Bruno erschien mit einer Ab-
ordnung seiner Unterstadt Rappoltsweiler in Straßburg, und die
— 12 --
seinen Zahlungen an den Rat im Rückstand blieb und
auch die Zahlungstermine, weiche er sich auf einem im
Februar 1388 in Straßburg abgehaltenen Tage freiwillig ge-
stellt hatte, nicht einhielt, nahm der Rat Besitz von Brunos
Unterstadt, wie ausgemacht worden war; am 6. Oktober 1388
ist er sicher hier nachzuweisen^). Jedoch er freute sich seines
Besitzes nicht lange, bereits im Sommer 1390 wurde ihm die
Stadt von Bruno mit Gewalt wieder entrissen, zu einer Zeit,
da Straßburg sich in des Reiches Acht befand und Bruno ihr
Bürger war-). Die Versuche der Stadt, Rappoltswcilcr wieder
Verhandlungen, welche er am 17. Februar mit Straßburg und am
21.Februar mit seinen eigenen Leuten führte, <am 18- und 24. Februar
verhandelte er mit einer Reihe von Straßburger Bürgern, welchen
er ebenfalls für die Summen, die er ihnen schuldete, Zugeständnisse
machte, ebenda S. 257 Z. 27.) zeitigten folgendes Resultat: Bruno
versprach freiwillig, bisjohanni die für dieses jähr an Ostern fällige
Rente von 200 fl zu bezahlen und zu diesem Termine neue N?t'
Schuldner an Stelle der verstorbenen der Stadt zu stellen, sowohl
für die 200 fl als auch fürdic4000fl Darlehen, (ebenda S. 253 Z. 27,
S. 255 Z. 8.) Wenn er bis dahin seine Versprechungen nicht er-
füllt hätte, dann solle Straßburg von seiner Unterstadt Besitz
ergreifen. Der Rat solle dann alle landesherrlichen Rechte aus-
üben, welche Bruno daselbst zustünden, und von den Einkünften
600fl erhalten. Die Verpfändung solle solange dauern, bis Bruno
der Stadt seine Schulden gezahlt habe (ebenda S. 254 letzte
Zeile, S. 256 Z. 32). Die Bürger von Rappoltsweiler versprachen
eidlich im Namen ihrer Stadt (ebenda S. 253 Z. 35), daß sie
gegebenfalls die Stadt Straßburg als Herren in ihre Nauern auf-
nehmen und ihr gehorchen wollten, wie sie bisher Bruno ge-
gehorsam gewesen seien.
^) Rapp. Urk. II Nr. 305.
2) Bruno wurde am 2. Oktober 1383 (Rapp. Urk. II Nr. 226)
auf 10 Jahre zum Erbebürger angenommen. Das auf dem Egercr
Landfrieden erlassene Verbot der Pfahlbürger fällt nicht ins Ge-
wicht, da Straßburg wahrscheinlich bald darauf, wie mit ihren
andern Erbebürgern, so auch mit Bruno den Bürgervertra<t er-
neuert hat (Straßb. Urk. VI Nr. 629 Z. 23). Die Annahme
Lindners, Geschichte des deutschen Reiches unter König Wenzel II
S. 69, daß in Egcr der Stadt erlaubt wurde, ihre Erbebürger bei-
3
I
- 13 —
zu besetzen oder wenigstens Bruno zur Zahlung seinerSchulden
zu bewegen, fallen mit den Kämpfen und Verhandlungen
zusammen , welche Straßburg damals wegen der Reichs-
acht zu bestehen hatte, und worauf kurz eingegangen wer-
den soll.
Die Stadt war im Sommer 1 389 ^) auf Antrag der
Königin Anna von England, Wenzels Schwester'-), geächtet
worden '). Aber in den nächsten anderthalb Jahren hat man
in Straßburg selbst und im Reiche wenig Motiz davon ge-
zubehalten, trifft demnach nicht zu, vgl. auch Straßb. Urk. VI Nr. 587
und R. T. Akten II, Nr. 72 Artikel 37. O. Winkelmann, S. 609,
gebraucht den Ausdruck „Ausbürger im engeren Sinn." Aus
Straßb. Urk. VI Nr. 629 und 630 ergibt sich, daß „Ausbürger im
e. S." und Erbebürger dieselbe Person bezeichnen.
^) Rapp. Urk. II Nr. 313 vom 27. September 1389 erwähnt
zuerst die Acht.
'^) Str. Urk. VI Nr. 750.
•^) Sie wollte sich in den Streit zwischen Wenzel und ihrem
ebenfalls geächteten Erbebürger Bruno von Rappoltstein, welcher
den englischen Ritter Johann Harleston gefangen hielt, nicht
einmischen. (Sie berief sich auf den mit Bruno abgeschlossenen
Bürgervertrag, wonach sie nicht verpflichtet war diesem beizu-
stehen, wenn er wegen seiner burgundischen Besitzungen in
Streit gerate. Rapp Urk. II S. 290 Z. 22 und Straßb. Urk. VI S. 364 Z.
16, ferner Rapp. Urk. II S. 341 Z. 16 und Straßb. Urk. VI S. 345 Z. 22
Bruno behauptet daselbst, daß Ammeister und Schöffen der Stadt
ausdrücklich beschlossen hätten, sich nicht in den Streit zwischen
ihm und Wenzel einzumischen. Die Stadt hatte zweifellos eine
gewisse Berechtigung zu dieser Politik, in der Urkunde vom
Oktober 1392 stellt sie aber die Sachlage anders dar.) Vielleicht
haben dabei auch noch die Geldverlegenheit Wenzels und sein
Haß gegen die Städte überhaupt mitgewirkt. Das Verfahren an
sich war rechtswidrig, da die Stadt zu dem Gerichtstag nicht
geladen war (Rapp. Urk. II S. 290 Z. 30 ff.), zudem auch ihr An-
spruch auf heimischem Boden gerichtet zu werden, nicht beachtet
(ebenda S. 291 Z. 8 und Straßb. Urk. VI Nr. 572) - das Urteil wurde
zu Burkle in Böhmen ausgesprochen — und ihr das Urteil auch
nicht mitgeteilt wurde.
^\^
— 14 —
nommen^), jedoch unternahm der Rat Schritte, um wieder
von der Acht gelöst zu werden.
Er wandte sich um Vermittelung an Jobst von Mähren,
den Schultheißen von Kolmar, Peter von St. Die-), und an
den Pfalzgrafen Ruprecht'). Durch ihn ließ Wenzel Anfang
des Jahres 1390 der Stadt mitteilen, daß er die Befreiung
von der Acht von der Freigabe des gefangenen englischen
Ritters abhängig mache*).
Der Rat war nunmehr bereit auf die Forderung des
Königs einzugehen. Da er aber infolge der vorher schon '*)
mit Bruno gepflogenen Verhandlungen wußte, das dieser
nicht zu bewegen war, Harleston gutwillig herauszugeben,
entschloß er sich, die Oberstadt Rappoltsweiler, in welcher
dieser gefangen saß, mit Gewalt zu besetzen und den Ge-
fangenen freizulassen").
^) Am 18. April 1390 versichert Borsiwoy von Swinar, welcher
später mit der Achtsvollstreckung beauftragt wurde, die Stadt
seiner steten Freundschaft, und er weiß offenbar von der Acht
(Straßb. Urk. VI Nr. 584), am 31. Juli lädt Ruprecht, als Hauptmann
des rheinischen Landfriedens, die Stadt nach Bingen zu einer
Tagung über denselben (Nr. 592), ferner war in der Stadt für
den September ein Turnier nach Straßburg ausgeschrieben, wo-
zu jedenfalls viele Ritterbürtige eingeladen waren (Nr. 603). Im
Dezember war eine Ratsbotschaft am königlichen Hofe, welche
aber anscheinend überhaupt nicht wegen der Acht mit Wenzel
verhandelte, sondern nur wegen des Landfriedens (ebenda Nr. 563,
vgl. Lindner II S. 66, 3. Absatz.)
-; wahrscheinlich St. Die, in der Urkunde heißt er Peter
von Sankt Diedolt
^) Ebenda Nr. 572.
*) Ebenda Nr. 571.
^) Rapp. Urk. II Nr. 245 und S. 290 Z. 25.
•') Rapp. Urk. II S» 372 1. Absatz. Es liegt kein Grund vor,
die Wahrheit dieser Angabe Brunos zu bezweifeln. Mit dem hier
erwähnten Rappoltsweiler kann nur die Oberstadt R. gemeint
sein. Nach der Aussage Brunos in Straßb. Urk. VI Nr. 742 [3]
wollte der Rat diesen seinen Entschluß dem König mitteilen
lassen.
I
— 15 —
Aber noch ehe es zur Ausführung dieses Planes kam,
hatte Bruno davon Kenntnis erhalten. Um der ganzen
Sache auf den Grund zu kommen, schickte er seinen
Oheim, den Grafen Heinrich von Sarwerden, Hans Riehen
und Burckard Stamler von Kaisersberg nach Straßburg, um
anzufragen, ob sich das Gerücht bestätige. Man gab diesen
hier keinen bestimmten Bescheid und weigerte sich zu ver-
sprechen, daß man Bruno nie angreifen wolle, jedenfalls
aber konnte dieser aus der Antwort der Stadt entnehmen,
daß er auf der Hut sein müsse, und als bald darauf die
Straßburger mit „2 oder 3 hörscharen" vor die Thore der
Oberstadt in Brunos Abwesenheit gezogen kamen und ge-
mäß dem Besatzungsrecht, welches sie in den Burgen und
Städten ihrer adeligen Pfahlbürger hatten, Einlaß begehrten,
wollte man 30 oder 40 Glefen einlassen, wenn sie gelobten,
nichts gegen die Oberstadt zu unternehmen. Da sich die
Straßburger darauf nicht einließen, mußten sie unverrichteter
Dinge wieder abziehen, und ihre List war vereitelt.
Durch dieses gewalttätige Vorgehen der Stadt erbittert
glaubte Bruno, trotz seines Bürgereides der Stadt nicht
weiter verpflichtet zu sein, und überrumpelte nun seiner-
seits die noch immer verpfändete Unterstadt Rappoltsweiler,
welche er besetzte. Zudem glaubte er, mit Fug und Recht
zu handeln, da Straßburg sich noch in der Acht befand.
Die Einnahme der Unterstadt fällt zeitlich vor die Ab-
fertigung der Gesandtschaft, welche der Rat Anfang De-
zember 1390 zu Wenzel schickte. Diese sollte versuchen,
mit Aufwendung von Geld die Aufhebung der Acht mög-
lich zu machen, zugleich auch gegen die Einnahme von
Rappoltsweiler Beschwerde einlegen. Aber die städtischen
Boten waren 6 Wochen in Prag, ohne vorgelassen zu werden,
und mußten unverrichteter Sache wieder heimkehren, bevor
ihr Geleitsbrief ablief).
^) Straßb. Urk. VI Nr. 597 und Nr. 602. Rapp. Urk. II S. 291
Z. 20.
t
— 16 —
Die nun folgenden zwei fahre bilden cm unerquick-
liches Kapitel in der Geschichte der Stadt Straßburg. Den
Streit mit Bruno ließ man zunächst unbcrücIxsichtiKt und
stellte die Befreiung von der Acht in den Vordergrund des
Interesses. Nit Hilfe einflußreicher Persönlichkeiten war es
Anfang des Jahres 1391 gelungen, den König zu bestimmen,
drei seiner Räte nach Mainz zu schicken, um mit den Straß-
burger Abgeordneten zu verhandeln'). Die Verhandlungen
fanden denn auch Ende )uli und August in Mainz statt-).
Straßburg hatte den königlichen Räten gegenüber nicht an
Geld gespart, und so wurde vorbehaltlich der könig-
lichen Genehmigung die Acht aufgehoben').
Aber Wenzel versagte den Abmachungen seiner Räte
die Ratifikation'), und nachdem er sich Ende März 1392
mit Bruno von Rappoltstein ausgesöhnt und die Freilassung
des lohann Harleston erwirkt hatte'), traf er Vorkehrungen,
die Acht an Straßburg vollstrecken zu lassen. Ende Au-
gust und Anfang September sagten ^Q^cn 2000 Ritter-
bürtige^=), darunter namhafte Reichsfürsten und Herren,
') Straßb. Urk. Vi Nr 644 und 645. Die Briefe müssen aus
dem Anfang des Jahres 1391 sein, da sie nur die Vorgänge in
Prag nicht aber die in Hainz kennen.
-) Die städtischen Boten erschienen am 14. Juli in Nainz
und die Verhandlungen können längstens bis Ende August ge-
dauert haben, da vereinbart wurde, daß schon am 8. September
die königliche Bestätigung über die Aufhebung der Acht in Mainz
eintreffen solle.
') Über das Ergebnis der Verhandlungen existieren 2 ten-
denziöse Straßburgische Berichte, Straßb. Urk. VI S. 365 Z ^8
Rapp. Urk. 11 S. 291 Z. 39 Der Rat suchte später glaubhaft "zu
machen, (Straßb. Urk. VI Nr. 663) daß die königlichen Räte in
nainz die Acht aufgehoben hätten, jedoch konnte in jener Zeit
nur der Konig die Acht aufheben.
Vgl. Straßb. Urk. VI Nr. 638, 650, 661, 662, 663, 621, 622, 623.
) Ebenda Nr. 663. Königshofen, Str. Städtechroniken 2, 681 ff.
°) Rapp. Urk. II Nr. 338, 339, 340a, 340 b.
ß) Straßb. Urk VI Nr. 679.
— 17 — '
wie der Bischof Friedrich von Straßburg, Markgraf Bern-
hard von Baden, Graf Heinrich von Lützelstein, Heinrich
und Johann von Lichtenberg u. A., der Stadt Fehde an
und zogen ihre Truppen um Straßburg zusammen. Auch
Bruno war unter den Widersachern. Aber während der
Kampf um die Stadt überall vorteilhaft für die Straßburger
verlief, schlug Bruno ihre Angriffe auf Rappoltsweiler sieg-
reich zurück.
Nun wurde zwar im Februar 1393 nach vorausge-
gangenen Verhandlungen^) in Hagenau Straßburg von der
Acht befreit"), dagegen konnte der Rat trotz Aufwendung
großer Geldsummen') bei Wenzel nicht die Herausgabe der
Unterstadt erwirken.
Bei der endgültigen Festsetzung des Friedens zwischen
Straßburg und Wenzel wurde am 14. März 1393 in Hagenau
durch ein Schiedsgericht ausdrücklich bestimmt, daß die
Unterstadt auch weiter im Besitze Brunos bleiben solle ^).
Somit war für Straßburg die letzte Hoffnung geschwun-
den, wieder in den Besitz der Unterstadt zu kommen,
wenn sie nicht den Weg langer und vielleicht aussichts-
loser Verhandlungen einschlagen wollte, und man mußte
von nun an darauf dringen, daß Bruno wenigstens seine
Schulden an die Stadt bezahle» Auf Straßburgs Betreiben
machte zwar Wenzel am 22. Februar 1394 bekannt, daß
alle Schulden, welche der Rat vor der Acht einzuziehen
hatte, auch jetzt noch bezahlt werden müßten^), aber noch
^) Der im Straßb. Urk. VI Nr. 703 angedeutete Tag in Nürnberg
scheint nicht stattgefunden zu haben. Nr. 709 gibt nicht, wie
im U. B. angenommen wird, einen Bericht über die Verhand-
lungen in Nürnberg, sondern es handelt sich dabei um Instruk-
tionen für die nach Nürnberg gesandten Ratsboten, die schon
halb in die Form des Entwurfs eines Zugeständnisses gebracht sind.
2) Ebenda Nr. 712.
3) Ebenda Nr. 746, 749, 752, 753, 754.
*) Ebenda Nr. 748.
ö) Ebenda Nr. 813 und 832.
— 18 —
19 —
zweimal kam es mit Bruno zur offenen Fehde, in den )ahren
1394 und 1396, bis im November 13Q6 der ganze Streit
unter dem Eindruck eines bevorstehenden lothringischen
Einfalls ins Elsaß und durch Vermittelung des Herzogs
Leopold IV. von Österreich seinen Abschluß erreichte. Der
Herzog verbürgte sich für die Bezahlung der Schulden, und
Bruno mußte ihm die Unterstadt und einigen anderen Be-
sitz als Unterpfand setzen. Bald darauf erfolgte die Ab-
rechnung zwischen Straßburg und Bruno, ferner die Be-
zahlung der Schulden und die Rückgabe der Schuldbriefe^).
2. Die Pfandschaften des Straßburger Bistums.
Zur Betreibung einer energischen territorialen Politik
bot die für das Bistum Straßburg so verderbliche Regierung
des Bischofs Wilhelm von Diest ein weites Arbeitsfeld.
Seinen ewigen Geldnöten kam der auf Großhandel und
Geldgeschäfte gerichtete Sinn des städtischen Rates sehr
zu statten. Aber bei bloiien Geldgeschäften blieb es nicht,
der Bischof mußte gestatten, daß nach und nach eine große
Anzahl seiner Besitzungen in die Hände der Stadt übergingen
und z. T. lange Zeit von ihr zurückbehalten wurden. Den
Höhepunkt aber erreichte diese Entwickelung im )ahre 1406
als Wilhelm sich für unfähig erklärte, seinen weltlichen
Besitz weiter zu verwalten, und ihn der Stadt und dem
Domkapitel übertrug. Zweifellos hatte von dieser Ver-
fügung des Elekten die Stadt den größten Nutzen, welcher
darin bestand, daß sie sich in jener bewegten Zeit durch
eine Reihe im Umkreis von Straßburg gelegener fester
Plätze für die Zeit der Verpfändung gesichert sah'-).
In der Geschichte dieser großen Verpfändung sind
zwd Perioden scharf zu scheiden. Die erste beginnt damit,
^) Rapp. Urk. II Nr. 566 - 568, 583, 603.
-) Vgl. Hans Kaiser, die Konstanzer Anklageschriften von
1416 und die Zustände im Bistum Straßburg unter Bischof Wil-
heim von Diest Z. G. 0. N. F. 22, S. 387 ff.
Ji
daß im )ahre 1406 der Elekt die Stadt und das Kapitel
beauftragte, in den nächsten 10 Jahren alle Einkünfte aus
dem Bistum einzusammeln und sich und die anderen Gläu-
biger davon bezahlt zu machen. Der Elekt blieb weiter-
hin Oberherr des Territoriums und der ganze Beamten-
apparat wurde von ihm ernannt und besoldet, nur die
Städte und festen Schlösser des Bistums sollten dem Kapitel
und der Stadt zu allen ihren Nöten und Kriegen offen
stehen. Alle Untertanen und Beamten mußten diesen Ver-
trag beschwören, die diesbezüglichen Urkunden der Städte
Molsheim und Zabern und des Vogtes der Pflege Bernstein,
Johann Gugenheim, sind vom 23. Närz, 25. März und
7. Mai datiert, die Vertragsurkunde selbst scheint nicht er-
halten zu sein^).
Aber wenn der Bischof glaubte, auf diese Weise von
den auf dem Bistum lastenden Schulden zu kommen, so
hatte er sich getäuscht. Die Ausgaben, welche er für die
Verwaltung, Beamtenbesoldung usw. zu machen hatte, er-
höhten noch die Schuldenlast, statt sie zu verringern.
Daher entschloß er sich im März 1407 zu einem Schritt,
welcher leicht hätte verhängnisvoll werden können. Er
trat alle Anrechte an den territorialen Besitz des Bistums
der Stadt und dem Kapitel ab, nur die Stadt Zabern und
die Festen Hohbarr, Lützelburg und Greifenstein behielt er
in eigener Hand. Er entließ alle seine Untertanen und Be-
amten ihrer dem Bistum geleisteten Eide und befahl ihnen,
dem Kapitel und der Stadt zu huldigen. Die einzige Ge-
rechtigkeit, welche dem Bischof blieb, war außer einigen
Einkünften aus der Pflege Kochersberg das Burgrecht an
den Städten und festen Plätzen'-).
Nunmehr leisteten Untertanen und Beamten dem Kapitel
und der Stadt einen neuen Eid, den allgemeinen Unter-
1) Str. Stadt-A. AA. 1433.
2) Ebenda AA. 1431. Die Urkunde ist vom 26. März 1407
datiert.
— 20 -
taneneid^). Es ist schwer festzustellen, was damals alles
in ihren Besitz überging, da es an einer direkten Nachricht
fehlt. Mach gleichzeitigen Quellen waren es die 5 bischöf-
lichen Pflegen Molsheim, Kochersberg, Bernstein, Orten-
berg-) und die Pflege „ginesite Rines", ferner die Städte und
Burgen Molsheim, Dachstein, Mutzig, Börsch, Bernstein,
Rheinau, Markolsheim, Dambach, Kestenholz, Epfich, Ober-
kirch, Oppenau , Gengenbach, Offenburg, Zell, Achern,
Appenweier, Grießheim, Renchen, Sasbach"').
Der Vertrag, welcher, wie sich aus den weiteren Ver-
pfändungen an die Stadt ergibt, im Laufe dieser 10 )ahre
mehrfach umgeändert sein muß, erreichte mit Ostern 1417
seinen Abschluß, und das Bischofsgut, welches dem Kapitel
und der Stadt bis dahin noch geblieben war, ging um diese
^) Es sind darüber ausgestellte Urkunden erhalten von den
Städten Epfich, Nutzig, Rheinau und Oppenau. Sie sind alle
gleichlautend, mit demselben Datum versehen und von einer
Hand geschrieben. Alle sind von dem Elekten besiegelt, nur
Mutzig und Oppenau haben auch ihr eigenes Siegel darange-
hängt. Sie sind daher in der bischöflichen Kanzlei ausgestellt und
erlangten erst Rechtskraft, nachdem die Städte geschworen hatten.
Bemerkenswert ist es, daß sie bereits vom 24- März datiert sind.
Eine gleichlautende Pergamenturkunde der Stadt Markolsheim
ist nicht besiegelt- Ebenda A A. 1431.
^) Betreffs der Verrechnung und Verwendung der Einkünfte
ans dem Bistum bestanden noch besondere Abmachungen, welche
jedoch in der Verpfändungsurkunde vom 26. März nicht erwähnt
sind. Zur Erledigung der Verwaltungsgeschäfte des bischöflichen
Territoriums schlössen am 26. Juli 1400 der Bischof, das Kapitel
und die Stadt einen Vertrag, demzufolge ein Kollegium von 3
Männern, nämlich Hügelman von Finstingen, Schwarz Rudolf
und Johann Bock, damit betraut wurde- Dem Vertreter des
Bischofs war dabei ein entscheidender Einfluß zugebilligt,
während der städtische eine nebensächliche Rolle spielte.
AA. 1563.
•^) Str. Stadt- A. AA. 1439.
- 21 —
Zeit in die Hände des Königs Sigmund über, soweit nicht
besondere Abmachungen in Kraft waren ^).
Molshcim, Dambach, Dachstein, Börsch und Ober-
kirch.
Die Städte Molsheim, Dambach, Dachstein, Börsch,
und Oberkirch bildeten eine kurze Zeit selbständige Pfand-
lehen.
In den drei ersten Städten, welche zusammen wahr-
scheinlich um das Jahr 1411 Straßburg verpfändet wurden"-),
erhielt der Rat die landesherrlichen Rechte und durfte von
den Gefällen daselbst 750 fl erheben. Auf Geheiß des
Bischofs mußten dieselben Straßburg schwören, ebenso
sollte jeder daselbst neueingesetzte Rat und alle Personen,
welche zuzogen und länger als 4 Wochen wohnen blieben,
huldigen.
Bald darauf gelang es dem Bischof, die Stadt und
Burg Dachstein vorteilhafter dem Johann von Mülnheim zu
verpfänden. Als Ersatz dafür hat er dem Rat von Straß-
burg, welcher sich damit einverstanden erklärte, die Stadt
Börsch abgetreten.
Zwar sollte auch diese Verpfändung nur 10 jähre
dauern, aber noch 1422 waren die Städte in straßbur-
gischem Besitz"*). Damals bestimmte die zwischen der
1) H. Kaiser, Ulrich Meiger von Waseneck, Z. G. 0- N. F. 16,
S. 186, Finke, der Straßburger Elektenprozeß vor dem Konstanzer
Konzil, Straßburger Studien II, S. 418. Finke, König Sigmunds
reichsstädtische Politik, S- 118.
2) Am 28. März 1411 forderte der Elekt die Stadt Molsheim
auf, Straßburg zu huldigen. Dieser Brief, sowie die undatierte
Abschrift der Tauschurkunde von Börsch sind die einzigen Quellen
für die Verpfändung. Str. Stadt-A. AA. 1435.
Eheberg, Verfassungs-, Verwaltungs- und Wirtschaftsge-
schichte der Stadt Straßburg bis 1681, S. 76, Abs. 1-
^) Str. Stadt-A. AA- 1560.
22
Stadt und dem Elekten abgeschlossene sogenannte speyri-
sehe Richtung, daß die 3 Städte wieder dem Bischof zu-
rückgegeben werden sollten, etwaige Unkosten, welche
Straßburg in der Zwischenzeit durch Bauten entstanden
sein könnten, sollten bis zu 2000 fl auf die Pfandschaft
Benfeld geschlagen werden^).
Stadt und Schloß Oberkirch waren vom 3. April 1414
bis nach dem jähre 1428 der Stadt und dem Kapitel zu-
sammen empfändet'-)^).
I
^) Die 3 Städte wurden nun dem Bischof anscheinend auch
abgetreten, aber da es ihm nicht möglich war, die Pfandsumme
von 15000 fl zurückzubezahlen, und Straßburg ihm inzwischen
wieder 900 fl geliehen hatte, so verpfändete er derselben am
19. Februar 1423 800 fl von den jährlichen Einkünften, welche
ihm von seinen Städten und Dörfern Molsheim, Dambach, Börsch,
Dachstein, Nutzig, Sulz, Egersheim, Arnolsheim, Altdorf, Bischofs-
heim und Koßweiler bezahlt wurden. Es scheint, daß mit dieser
Verpfändung keine landesherrlichen Rechte verbunden waren;
wann diese 800 fl Rente abgelöst wurden, ist nicht festzustellen.
-) Am 20. November 1414 teilte der Elekt der Stadt Ober-
kirch seine iäber sie getroffene Entscheidung mit Die Pfand-
summe betrug 6571 fl 11 Pf., die Hälfte einer Summe von
13502 fl 22 Pf., welche der Elekt damals Straßburg schuldete-
Die andere Hälfte schlug er auf das damals der Stadt ver-
pfändete Ettenheim (s. S. 24). Die Urkunde vom 3. April, welche
nur im Konzept vorliegt, gibt irrtümlich die Hälfte der Summe
auf 7 301 fl 11 Pf. an, während die ganze Summe, da später
nachgetragen, richtig bezeichnet wird.
Es ist auffallend, daß Oberkirch der Stadt und dem Kapitel
verpfändet wird, während das bei Ettenheim nicht der Fall ist.
^) Im Frühjahr 1429 gehörte Oberkirch noch den Straß-
burgern, welche um diese Zeit mit dem Bischof in Streit lagen
und von ihm und seinen Verbündeten, dem Markgrafen Bern-
hard von Baden und Ludeman von Lichtenberg, daselbst belagert
wurden. (Richard Fester, Regesten der Markgrafen von Baden
und Hachberg 1050—1515, Nr. 4132, 4179, 4301).
il
23
B. Die dauernden Besitzungen.
1. Benfeld mit Kochersberg.
Auf längere Zeit waren von dem bischöflichen Besitz
die Geschicke der Städte Benfeld und Ettenheim und der
Burgen Kochersberg und Fürsteneck mit denen von Straß-
burg verbunden.
Die Stadt Benfeld und die Feste Kochersberg waren
das erste bischöfliche Pfandlehen Straßburgs. Sie gehörten
vom 16. August 1394 bis etwa zum Jahre 1540 der
Stadt ^)-).
Aber bei der Verpfändung kam nur Benfeld sofort in
Straßburgischen Besitz, der Rat erhielt alle bisherigen Rechte
des Bischofs und den bischöflichen Dinghof daselbst. Flur
war ausbedungen, daß für die Zeit, als Bischof Wilhelm
lebte oder Bischof von Straßburg wäre, und nicht länger,
in allen Kriegen desselben, sofern sie sich nicht gegen die
Stadt Straßburg oder ihre Bürger richteten, die Befesti-
gungen von Benfeld ihm zur Verfügung stehen sollten •^)0.
I) Str. Urk. VI Nr. 877. Die Angabe bei Königshofen II,
S. 876 "Benefeld kouftent die von Stroßburg 1400" ist falsch-
'-) E. Woerth, die Stadt Benfeld von 1592 bis 1632, Ge-
schichtliche Skizze, 1905, S. 5— 7, nimmt an, daß die Stadt 1406
dem Bischof wieder zurückgegeben 1422 aber wieder verpfändet
wurde.
•^) Bald nach 1394 kaufte die Stadt in Benfeld ein Haus,
das zu der daselbst befindlichen Burg gehörte, von den Herren
von Andlau für 54 Pfund und errichtete in den nächsten jähren
eine Burg daselbst, indem sie anscheinend die bereits vorhan-
dene weiter ausbauen ließ. Für das )ahr 1401 werden zum
letzten Male Ausgaben für den Bau erwähnt.
^) Die Verpfändungssumme betrug 15000 fl, zugleich ver-
pflichtete sich der Bischof, daß er der Stadt bei der Einlösung
der Pfandschaft noch außerdem 2000 Pfund für bauliche Verände-
rungen zurückerstatten wolle, welche sie an den Befestigungen
von Benfeld und Kochersberg während der Zeit der Verpfändung
vornehmen würde- Ferner bewilligte der Bischof Ruprecht im
— 24 —
Die Feste Kochersberg ging nicht sofort in den Besitz
der Stadt über, sondern es wurde festgesetzt, daß sie noch
solange beim Bistum bleiben solle, als Wilhelm Bischof
sei. Während dieser Zeit aber solle sie der Stadt in jedem
Krieg, welcher sich nicht gegen das Bistum richte, zur
Verteidigung offen stehen. Aber am 26. Mai 1422 wurde
auch sie dem Rate von Straßburg abgetreten, aus Freund-
schaft, welche der Elekt zur Stadt hege, wie die Begrün-
dung lautete^).
2. Das Amt Ettenheim.
Die Stadt Ettenheim und mehrere in der Nähe liegende
Dörfer verpfändete der Elekt mit Zustimmung des Dom-
kapitels') dem Rate von Straßburg wahrscheinlich im )ahre
1401.
Die verpfändeten Dörfer waren Grafen hausen, Kapp el,
Ringsheim, Adelhof, Reichenweier'") und Nonnen-
weier und der Hof Trisloch, welche vorher zusammen mit
der Stadt Ettenheim dem Grafen Eberhard von Württemberg
verpfändet waren für 7400 fl. Die Pfandsumme betrug 9400 fl.
Am 3. April 1414 erneuerte der Elekt die Verpfändung und
erhöhte die Pfandsumme um 6571 fl 11 Pf. ^)
Über das Amt Ettenheim sind wir schlecht unterrichtet
Von den Dörfern Adelhof, Reichenweier und Trisloch sind
nur die Hamen bekannt, dagegen gehörte Nonnenweier im
jähre 1462 600 Pfund und 1465 noch einmal 800 fl als Baugeld,
welche in die damals auf alle bischöflichen Pfandlehen bewilligten
2000 fl einbegriffen waren, und schlug sie auf die Pfandsumme.
^) Str. Stadt-A. AA. 1463.
^') Am 9. September 1401 bekennen die Stadt Ettenheim und
einige der fraglichen Dörfer in einer Urkunde, daß sie den Straß-
burger Boten Johann Bock, Heinrich Kraniche und Ruiin Bar-
pfennig im Namen Straßburgs gehuldigt haben. Ebenda AA. 1429.
^) Die beiden Dörfer Adelhof und Reichenweier sind heute
ausgegangen.
^) s. S. 22 Anm. 2.
— 25 —
16. Jahrhundert zum Amt Fürsteneck und wurde, ohne daß
der Grund bekannt wäre, nicht wieder vom Bistum einge-
löst^). Die Verpfändung dieses Amtes dauerte bis zum
Jahre 1536-).
3. Lichtenau.
Der Straßburger Domherr Johann von Lichtenberg und
sein Bruder Ludwig hatten von den Einkünften aus ihrem Ge-
biet ihrem Oheim, dem Grafen Friedrich von Zweibrücken und
Bitsch, eine Rente von 900 fl zu zahlen, ebenso schuldeten
sie einem gewissen Dietrich von Ellekort 1 000 fl, wofür sie
ihm das Ungeld in Lichtenau verpfändet hatten. Um jene
Rente abzulösen und auch die lOOOfl zu bezahlen, nahmen
sie im Jahre 1399 bei der Stadt Straßburg HOOOfl auf
und verpfändeten ihr dafür die Burg Lichtenau und die
halbe Stadt Lichtenau, außerdem noch eine Rente von 600 fl
von 25 Dörfern ihres Gebietes"^). Diese sind in der Ver-
1) Von den Dörfern Nonnweier (s- S. 27) und Kappel be-
saß das Bistum nur Teile. In den andern verpfändeten Dörfern
scheint dasselbe der Fall gewesen zu sein .
1407 fiel der dem Markgrafen von Baden verpfändete Kirchen-
satz zu Kappel an das Bistum zurück. Fester, Reg. h Nr. 506
und Reg. h Nr. 436.
'^) Zu Anfang des 16. Jahrhunderts herrschte wegen des
Wildbannes in der Pfandschaft Ettenheim zwischen Straßburg
und den Markgrafen von Baden als Besitzern der Herrschaft
Lahr ein langer Streit. Str. Stadt-A. G. U- P. L 115.
^) Str. Stadt-A. AA. 1494, Kopie ohne Datum, dieses er-
gibt sich aus Straßb. Urk. VI Nr. 1511.
Zur Pfandschaft gehörten außerdem noch der halbe Vorhof
an der Burg, der Mühlgraben und der Kelermannswald. Jedoch
ist dieses in der Abschrift später durchgestrichen.
Die Namen der 25 Dörfer sind: Schertzheim Muckenschopf,
Helmlingen, Querbach, Harßau, Memprechtshofen, Rencherloch,
Engelinsau, Bischofsheim, beide Freistett, Diersheim, Hausgereut,
Holzhausen, Linx, Bodersweier, Leutersheim, Willstett, Hessel-
hurst, Eckartsweier, Kork, Odelshofen, Neuweiler, Bolzhurst und
Legelshurst-
I
— 26 -
pfandiingsurkunde, welche vom 28. Oktober datiert ist,
nicht erwähnt, sondern darüber bestand eine besondere Ur-
kunde, auf welche hier verwiesen ist. Am 1 . Dezember
beschworen die Parteien den Burgfrieden^;.
Nachdem am Q.Mai 1412 Ludwig von Lichtenberg
im Einverständnis mit seinem Bruder Johann seinem Schwieger-
vater, dem Markgrafen Bernhard L von Baden, diesen seinen
Besitz auf 10 )ahre übergeben hatte-), schloß die Stadt am
13. Dezember 1413 mit diesem den Burgfrieden ab"', worin
am 6. )anuar 1417 die beiden Lichtenberger wieder aufge-
nommen wurden^).
Der Vertrag erfuhr bald Änderungen, worüber wir jedoch
nicht unterrichtet sind. Die Rente von 600 fl muß einge-
löst worden sein, ebenso wurde die Burg in Lichtenau
wieder herausgegeben, so daß Straßburg daselbst nur noch
das Benutzungsrecht im Kriegsfalle hatte. Wir wissen nicht,
wann die Pfandschaft ganz eingelöst wurde, sie bestand
noch 1484, vielleicht auch noch 1525"j.
4. Das Amt Fürsteneck.
Von der Existenz dieses Amtes erfahren wir zuerst im
|ahre 1539 etwas. Es setzte sich zusammen aus dem Schloß
Fürsteneck bei Oberkirch und den fünf Dörfern Flonnen-
weier, Niederhausen, Schuttcrwald, Allmannsweier
und Wittenweier. Wahrscheinlich war das Amt bereits
einige )ahre vorher gebildet worden, indem die Dörfer,
1) Straßb. Urk. VI, S- 861 Anm.
2) Fester, Reg. Nr. 2707.
^) Fester, Reg. Nr. 2799.
^) Fester, Reg. Nr. 2953. Es scheint, daß im Oktober 1425,
wahrscheinlich durch Eroberung, Straßburg ganz Lichtenau be-
sessen hat. Ebenda Re^^. Nr. 3868, 3866- }. C Lehmann, Urkund-
liche Geschichte der Grafschaft Hanau-Lichtenberg 1862 I, S. 220,
nimmt dasselbe an.
'") Politische Korrespondenz der Stadt Straßburg I, S. 199.
\
- 27 —
welche schon längere Zeit zu Straßburg gehörten, dem Vogt
von Fürsteneck unterstellt wurden.
Die Burg selbst ist eine der frühesten Erwerbungen
der Stadt Straßburg. Am 10. April 1394 hatte der Elekt
Wilhelm dieselbe dem Probst von Allerheiligen, Johann von
Mülnheim, verpfändet, und am 15. Juni 1395 außerdem
80 Schilling Baugeld bewilligt, jedoch am 3. )uli 1395 trat
das Kloster alle seine Anrechte an Fürsteneck der Stadt
Straßburg ab, vorbehaltlich der bischöflichen Genehmig-
ung, welche zweifellos erteilt wurde; am 6. Mai 1406 hat
auch das Dom.kapitel seine Zustimmung zu dem Kauf ge-
geben. Als 1465 der Bischof Ruprecht der Stadt 2000 fl
Baugeld bewilligte, fielen auf Fürsteneck die Summe von
400 fP). )edoch war die Burg in die Abtretung des Pfand-
gutes vom Jahre 1536 nicht einbegriffen, noch 1602 ge-
hörte sie zur Stadt.-)
Die beiden Dörfer Nonnenweier und Niederhausen ge-
hörten mit Oberhausen zusammen, welches im Jahre 1513/14
als Straßburger Besitz genannt wird, im Anfang des 16. Jahr-
hunderts eine Zeitlang zum Amt Illkirch, um dann zum
Amt Fürsteneck geschlagen zu werden"').
Über den Erwerb von Nonnenweier wußte man im
17. Jahrhundert selbst in Straßburg nichts sicheres mehr.
Eine Denkschrift aus dieser Zeit über den damaligen rechts-
rheinischen Besitz meint: „was die pfandschaft betr. und
die dörfer, die in dieselbige gehörig seyn sollen, will sich
uß den bey dem Pfenningthurm enthaltenen Dokumenten
nicht klärlich ausfindig machen."
Sicher steht, daß ein Teil des Dorfes eine Pfandschaft
des Bistums Straßburg war und wahrscheinlich noch aus
1) Vgl. S. 23 Anm. 4.
2) Str Stadt-A. G. U. P. L 115 Nr- 3.
•^) Es fehlt jede Nachricht über die Geschichte des Dorfes
Schuttcrwald bei Offenburg.
— • 28 —
dem Anfang des 15. Jahrhunderts stammte^). Der andere
Teil war ein Ailod, und ihn hatte die Stadt im )ahre 1501
für 846 Pfund von Ulrich Palm, )akob Beger von Bliberg, den
Brüdern Wilchem und Caspar Böckle, Konrad Mersvvin,
Groman Hustelin und Frau Klara Hustelin und Jakob von
Andlau gekauft.
Niederhausen wurde im )ahre 1503 von Sebastian von
Landeck und seiner Frau Klara geborene von Beyrin eigen-
tümlich für 3500 Goldgulden gekauft. Da das Dorf auf
österreichischem Grund und Boden lag, gehörte dem Hause
Osterreich auch das Ungeld, die Frohncn, die Land-
Steuer und Kriegsverfassung, Straßburg stand nur die niedere
Gerichtsbarkeit zu.
Diebeiden Dörfer Wittenweier und Alhnannsweier wurden
erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erworben.
Die Stadt besaß nur einen dritten Teil davon, das andere
gehörte dem Kämmerer von Dalbcrg, Holzapfel von Herx-
heim und Böckel von Böckclinsau. Da die Dörfer aber
„gemein und ohnvertheiltt" waren, wurden sie von Straß-
bürg allein verwaltet").
1) Ein Weistum aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhundert, welches
Straßburg als Landesherrn kennt, besagt, daß der Schultheiß von
^onnenweier die Neubürger aufnehmen soll, „doch on abbrechen
allen herren an iren gerechtigkeiten irs harkommens". Ebenda
G. U. R L 115 Nr. 9.
-) Am 8. Dezember 1550 kaufte die Stadt ^ s von beiden
Dorfern für 550 fl von Adolf von Hittelhausen und Frau Susanna
Stcnderm, am 13. Dezember 1565 \,o von Nathis München von
Hunchenhausen, am 29. Nai 1656 ^ ,, für 242 Schilling von Philipp
Dietrich Zorn von Blobsheim und Frau Judith Birkenfcls.
St. Stadt-A. Argentorensia historico— politica tom. I] (49)
„Summarischer Bericht über die Gemeiner Statt Straßburg zuge-
hörigen Dorffschaften über Rhein gelegen" (z. T- von Wenkers
Hand geschrieben).
I«
-^ 29 —
5. Das Amt Herrenstein.
Die Burg Herrenstein beiZabern und die beiden Dörfer
Dettweiler und Dossenheim bildeten dieses Amt. Es ge-
hörte ursprünglich dem Bistum Metz und war von ihm als
Pfandgut hergegeben worden ; aber es war der Stadt Straß-
burg als ganzes weder verliehen noch, so v/eit wir wissen,
verpfändet worden, sondern der Rat erwarb das Amt durch
allmählichen Ankauf der einzelnen Teile, in welche es zer-
splittert war. Wahrscheinlich hat der Bischof von Metz
von dieser Veränderung seines Besitzes nichts gewußt, je-
doch sollte er nach dem Ankauf der ersten Hälfte der
Pfandschaft um seine Einwilligung angegangen werden, die
er wahrscheinlich auch erteilt hat. Für die zweite Hälfte
wissen wir nichts derartiges.
Bei dem Erwerb dieses Amtes tritt uns zum ersten
mal klar vor die Augen, wie die oberste Stadtbehörde
überall da, wo sie einmal festen Fuß gefaßt hatte, alles
daransetzte, alle anderen, welche auch Teil daran hatten,
zu verdrängen und sich allein in den Besitz zu setzen.
Zunächst wollen wir versuchen, uns ein Bild von den
Besitzverhältnissen in Herrenstein zu der Zeit zu machen,
als der Rat zum ersten mal eingriff.
Als die ersten Besitzer des Gebietes werden einerseits
der Graf Heinrich von Zweibrücken und Herr zu Bitsch,
andererseits Dietrich Kämmerer von Worms und sein Schwager
Konrad Landschaden genannt^). (Siehe nachstehenden
Stammbaum.) Es war diesen je zur Hälfte verpfändet.
Wir haben die darüber ausgestellten Urkunden nicht und
können daher auch den Termin für die Verpfändung nicht
bestimmen. Heinrich von Zweibrücken hat bereits im Jahre
1389 die eine Hälfte von der Burg und den Dörfern be-
sessen'-). Am 12. Hai 1396 wurde die Feste zwischen
Heinrich von Zweibrücken einerseits und Kämmerer und
i
2) Strafsb. ürli. VI Nr. 514.
— 30
I
— 31 —
Landschaden andererseits geteilt^), nachdem am 23. April')
Symund genannt Wecker, Graf von Zweibrücken und Bitsch
und Landvogt im Elsaß, der Bruder Heinrichs, seine Zu-
stimmung zu der Teilung gegeben hatte'). (Siehe neben-
stehenden Stammbaum.) Es wird nicht ausdrücklich er-
wähnt, daß auch die beiden Dörfer geteilt wurden, aber
sowohl damals wie in der Folgezeit ging mit jeder Teilung
der Burg auch eine solche der Dörfer Hand in Hand*).
Bei diesen ersten Verpfändungen ist es jedoch nicht
geblieben, sondern die Inhaber beider Hälften traten nach
und nach Teile ihrer Gebiete an andere ab. Mit einer
Ausnahme haben wir auch darüber keine direkten fHach-
richten, wir können aus den Urkunden nur die Tatsache
erkennen, daß es so geschehen sein muß. Was die Zeit
dieser Verpfändungen anbetrifft, so können wir nur sagen,
daß sie in der Zeit vor der Einnahme der Burg Herrenstein
durch die Straßburger, welche in das Ende des Jahres 1396
fällt, vorgenommen wurden. Dagegen liegt kein Grund
vor, als terminus post quem die Teilung der Burg vom
jähre 1396 anzunehmen.
Heinrich von Zweibrücken verpfändete am 8. Februar
1389 dem Herzog Johann von Lothringen ein Achtel von
Herrenstein für 200 fl'*). Ferner gab er die Hälfte seines
ursprünglichen Anteils, also ein Viertel vom Ganzen, seinem
Bruder, dem Grafen Hannemann von Zweibrücken und
Bitsch und dem Sygelmann von Windeberg für 500 fl,
sodaß ihm nur noch ein Achtel von der ganzen Pfand-
schaft übrig blieb'').
Kämmerer und Landschaden verpfändeten ein Viertel
^) Straßb. ürk. VI Nr- 1050.
^) Straßb. Urk. VI Nr- 1043.
^) Ebenda Nr. 1461.
^) Ebenda Nr 514.
") Ebenda S. 755 Z- 31.
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-^ 33 --
der Pfandschaft dem Johann von Lichtenberg für 500 fl^),
welcher jedoch die Hälfte davon, also ein Achtel des
Ganzen, weitergab. Am 1 7. November 1398 wird sein
Schwager, der Graf Friedrich von Zweibrücken und Bitsch
als Inhaber dieses Achtels genannt, bald darauf ist es sein
anderer Schwager Symund genannt Wecker, und als dieser
starb, sind es dessen Brüder und Erben Hannemann und
der zuerst genannte Friedrich"-), welche die Urkunde vom
12. )anuar 13Q9 anführt.
Um das Jahr 1396 lag der Elekt von Straßburg mit
den Grafen von Zweibrücken-Bitsch im Streit. Diese hatten
sich auf ihrem Schloß Herrenstein festgesetzt und fügten
von hier aus dem Bischof, aber auch den Bürgern der
Stadt Straßburg großen Schaden zu. Nachdem eine bei
dem Grafen Heinrich eingereichte Beschwerdeschrift des
Rates über das zugefügte Unrecht nichts gefruchtet hatte,
entschlossen sich die Straßburgcr nach reiflicher Über-
legung'), die Burg mit Waffengewalt einzunehmen.
Die Finnahme kann man ganz an das Ende des Jahres
1396 legen'). Außer Dietrich Kämmerer') wandte sich
auch Johann von Lichtenberg an die Stadt um Herausgabe
seines Anteiles an Herrenstein''). jMit den Bitschern aber,
mit welchen die Stadt seit der Besetzung der Burg in
') Ebenda S- 758 Z- 22; vgl- S- 36 Anm. 1.
-) Ebenda Nr- 1463.
■^) Ebenda Nr. 1232.
^) Die erste Nachricht von der Eroberung Herrensteins gibt
ein Brief des Pfalzgrafen Ruprecht II. vom 26. Dezember 1396
an die Stadt Straßburg, worin er sie ersucht, einen Tag zum
gütlichen Ausgleich mit den Bitschern anzunehmen. Am 24. Juli
1397 setzen seine Leute einen solchen auf den 6 August nach
Germersheim an. Koch-Witte, Regesten der Pfalzgrafen am
Rhein 1214-1400, Nr. 6785 und 6789.
•^) Sein Beschwerdebrief an Straßburg ist einige Tage vor
dem 11. Januar 1396 in Worms ausgestellt.
^) Ebenda Nr- 1268.
Fehde gekommen war, sollte es am 6. August in Germers-
heim auf Betreiben des Pfalzgrafen Ruprecht zu einem
Sühnetag kommen, an welchem auch der Elekt teilnehmen
sollte ^). Die Tagung wurde von den Parteien auch ge-
leistet, aber die Verhandlungen zerschlugen sich, da Straß-
burg sich weigerte, die Burg Herrenstein wieder herauszu-
geben. Nun folgten wieder kriegerische Unternehmungen
der Bitscher, welche mit einem großen Heereszuge ins
Land kamen und die Stadt Straßburg direkt gefährdeten"-).
Trotzdem wurde weiter zwischen den Parteien ver-
handelt. Am 21. September schickte Pfalzgraf Ruprecht
der Ältere seine Amtleute von Heidelberg nach Straßburg,
welche wegen der Grafen Hannemann und Symund von
Zweibrücken und wegen Kämmerer und Landschaden mit
der Stadt verhandeln sollten'). Zugleich wurde der Streit
auch vor König Wenzel gebracht. Am 4. Oktober in-
struierte der Rat seine nach Nürnberg abgeordneten Ge-
sandten dahin, daß sie die Klagen derer von Bitsch um
die Feste Herrenstein als unberechtigt zurückweisen sollten').
Auf die sich weiter entspinnenden Verhandlungen und
Kriegsoperationen der sogen. Bitscher Fehde soll hier nicht
weiter eingegangen werden. Am 25. Oktober 1398 lud
der Markgraf Bernhard von Baden die drei Parteien zu
einem am 1 2. November vor ihm in Baden stattfindenden
Sühnetag, an welchem wahrscheinlich auch der Pfalzgraf
teilgenommen hat"'). Hier wurde der Streit mit den
Bitschern geschlichtet und außerdem vereinbart, daß die
Burg Herrenstein der Stadt Straßburg verbleiben solle gegen
Zahlung einer Geldsumme an die Herren von Bitsch. Die
endgiitige Versöhnung kam jedoch erst am 1 9. November
n Ebenda Nr. 1277.
'^) Ebenda Nr. 1278.
•"^) Ebenda Nr. 1293.
4) Ebenda Nr. 1299.
•^) Ebenda Nr. 1441 u- S- 748 Z. 27. Fester, Reg. Nr. 1837 u. 1838.
3
34
— 35
in Neuburg am Rhein zu stände') und wurde von dem
Pfalzgrafen und dem Marl<grafen vermittelt. Danacii ver-
zichteten der Graf Hannemann, sein Sohn Hannemann und
sein Bruder Friedrich auf aile Anrechte, welche sie bisher
an Herrenstein hatten, gegen Zahlung von 790 fl, welche
ihnen die Stadt bereits darauf geliehen hatte"-). Sie er-
warb dadurch den vierten Teil des Amtes, welchen Graf
Heinrich von Zweibrücken seinem Bruder Hannemann und
dem Sygelmann Windeberg verpfändet hatte, und das
Achtel, welches Johann von Lichtenberg seinem Schwager
Friedrich von Bitsch abgetreten hatte. Der auf die Manien
jener beiden lautende F^fandbrief wurde, wie es ausgemacht
worden war, am 13. Januar 1399 bei dem Edelknecht
Vollmar von Wickersheim hinterlegt, welcher am 7. März
versprach, ihn gemäß der ihm auferlegten Bestimmungen
aufbewahren zu wollen. Am 7. )anuar 1399 verkaufte auch
Heinrich von Zweibrücken dem Rate seine letzten Rechte
an der Hetzer F^fandschaft für 400 fl und 50 Pfund Pfennige,
nämlich das Achtel, welches ihm noch geblieben war, und die
Berechtigung, das dem Herzog Johann von Lothringen ver-
pfändete Achtel wieder einzulösen. Da in der Urkunde
bestimmt war, daß die Pfandschaft nur vom Bistum Metz
gegen Zahlung der 2 000 fl betragenden Pfandsumme und
des für Bauten aufgewendeten Geldes an die Stadt ein-
gelöst werden könne, muß sie auch diese Summe dem
Grafen Heinrich zurückerstattet haben, worüber wir jedoch
keine Nachricht haben'). Formell war ihm das halbe An-
recht noch immer verpfändet, daher mußte er am 22. Febr.
der Stadt eidlich versprechen, bis längstens zum 8. Sept.
dafür zu sorgen, daß der Bischof von iMetz zu dem zwischen
beiden abgeschlossenen Kauf seine Zustimmung erteile;
1) Fester, Reg. Nr- 1844.
'^) Straßb. Urk. VI S- 740 Z. 19 ff.
•^) Ebenda S- 757 Z. 19.
wenn der Bischof diesen Brief der Stadt gäbe, solle sie
ihm einen Gegenbrief geben, worin sie sich verpflichte, die
Einlösung der Pfandschaft gemäß des zwischen Heinrich,
Kämmerer und Landschaden beschworenen Burgfriedens
zuzulassen'). Es scheint, daß das Verhältnis zum Bischof
von Metz auf diese Weise geregelt wurde, jedenfalls war
Straßburg nun Besitzer eines vom Bistum Metz ver-
pfändeten Gebietes.
Nach dem Tode des Herzogs Johann von Lothringen
erhielt Graf Heinrich am 22. Februar von der Stadt 220 fl,
damit er bis spätestens zu Ostern das Achtel, welches er
diesem verpfändet hatte, für die Stadt einlöse. Aber
er konnte sein Versprechen bis dahin nicht erfüllen und
bevollmächtigte daher am 23. Mai den Rat von Straßburg,
dieses selbst zu tun. Am 15. Juni löste jedoch Heinrich
trotzdem das Achtel von Herzog Karl ein, da dieses aber
inzwischen an den Edelknecht Johann von Gerningen weiter
verpfändet worden war, sah sich die Stadt genötigt, diesen
gegen Zahlung von 200 fl zum Verzicht auf seine Anrechte
zu bewegen. Am 23. Juni entsagte er seinen Ansprüchen
an Herrenstein -).
Von dem Viertel, welches Kämmerer und Landschaden
dem Johann von Lichtenberg verpfändet hatten, hatte Straß-
burg auf der Neuburger Tagung die Hälfte erhalten,
welche dieser an die Bitscher Grafen verpfändet hatte. Die
andere Hälfte trat Johann um diese Zeit, zwischen dem
12. Januar und dem 28. August, in „ubertragswise" an
die Stadt ab, welche nunmehr an der Burg und den
^) Eine formelle Verpfändung der halben Burg an die Stadt
war daher nicht mehr nötig. Wenn der Bischof den Vertrag
billigt, was er zweifellos getan hat, hat er schon seine Interessen
gewahrt.
2j Ebenda Nr. i486.
3*
\
— 36 ~
beiden Dörfern drei Viertel besaß')-'). Das letzte Viertel ge-
hörte immer noch dem Kämmerer und dem Landschaden.
Diese 3 Besitzer der Pfandschaft, welche jetzt noch
übrig geblieben waren, schlössen am 28. August einen
Burgfrieden ab. Aber während vorher Heinrich von Zvvei-
brücken auf alle Rechte an dieselbe verzichtet hatte, tun
dies Kämmerer und Landschaden für den früher ihnen ge-
hörigen und von ihnen abgetretenen vierten Teil nicht,
sondern die Stadt mußte sich noch besonders verpflichten,
daß sie ihnen jederzeit gegen Zahlung von 500 fl ein Viertel
herausgeben wolle, allerdings mit Vorbehalt einiger Rechte ').
Dagegen räumte Kämmerer der Stadt das Vorkaufsrecht an
seinem Viertel ein.
Nach dem Tode des Grafen )ohann von Lichtetiberg
schloß Straßburg mit seinen Vettern und Lrben, Johann
und Ludwig von Lichtenberg, am 7. Juli 1413 einen Ver-
trag, demzufolge diesen beiden das Achtel, welches die
J) Ebenda Nr. 1464 und 1496- Str. Stadt-A. V. C. G. K- 30-
Wir Johanns und Ludwig gebrüdere herren zu Lichtemberge
verichent und bekcnncnt, als der Edel seliger gedehtnuß Johanns
wilcnt herre zu Lichtcmberg unser vetter, dem Got gnode, die
wicl er lebte, ein achtestenteile an der vestin Herrenstein mit
der zu Behörden der dorffere Dettweiler und Dossenheim hette
in kouffendes oder in pfantschaft wise von Dietherich Kemerer
seligen und dauon er ynd verwisen hette zwentzig f:jiilden geltz
in ablosunge wise jores ze gebende, der wile bede herren Jo-
hanns und Ludwig gebrüdere herren zu Lichtemberg ouch also
verbunden sint, und aber die vursichtigen wisen meister und
Rot der stat Straszburg den egenanntcn ahtesten teil mit siner
zu gehörde by unseres vettern seligen lebta.i^en und noch siine
tode bitz har innegehebt und besessen habent, noch dem und
das in Übertrags wise zwuschent Inen bedersite zu i^e.«an.i^cn und
US getragen worden ist ctc 7. Juli 14L'3 Es wird also hier
nur von dem Achtel geredet, das er noch hat.
-) Ebenda Nr. 1496- Hier wird irrig angenommen, daß nur
ein Drittel zur Stadt gehörte.
•^) Eheberg, S 76, Abs. L
- 37 -
Stadt von ihrem Vetter im Jahre 1 399 erlangt hatte, zurück-
gegeben wurde. Nach ihrem Tode aber sollte es wieder
an die Stadt Straßburg fallen.
Nach dem Tode des Diether Kämmerer fiel das letzte
Viertel von der Pfandschaft seiner Frau Gutichin zu, welche
am 15. März 1400 den Burgfrieden beschwor. Dieses
erbten, als Gutichin 1404 starb, nachdem Straßburg einen
Versuch gemacht hatte, es selbst zu erwerben, welcher
jedoch laut eines Briefes des Konrad Landschaden vom
2. Juli 1404 fehl schlug, ihre Söhne Hans und Diether
und ihre Schwiegersöhne Johann von Sickino^en, Ritter
Rudolf von Hohenstein und Friedrich von Fleckenstein').
Diese beschworen am 22. August den Burgfrieden.
Der Besitz des Diether Kämmerer wurde in der Folge
immer mehr zersplittert, zugleich ist auch Straßburg be-
müht, die einzelnen Gerechtigkeiten aufzukaufen. So erwarb
es im Jahre 1422 den Burgsitz des Swiker von Sickingen
und seine Anrechte an die beiden Dörfer-). Von weiteren
Erwerbungen haben wir keine Kunde. Jedoch werden im
Anfang des 16. Jahrhunderts keine fremden Herren mehr
genannt, so daß wir annehmen können, daß Straßburg
damals die ganze Metzer Pfandschaft allein besaß.
im Jahre 1429 haben als Erben Kämmerers seine
Söhne Elans und Diether, ferner Johann von Sickingen,
Friedrich von Fleckenstein, Heinrich von Landsberg und
Dietrich von Ratsamhausen Anteil an Herrenstein. Nach
dem Tode Friedrichs von Fleckenstein erbten dessen Ge-
rechtigkeiten seine Kinder. Von diesen und anscheinend
für diese beschwor am 4. November 1432 Dietrich von
Fleckenstein den Burgfrieden.
') Heinrich von Landsberg, welcher die 4. Tochter Käm-
merers geheiratet hat, wird damals noch nicht als Erbe genannt,
vermutlich war diese Tochter noch nicht mündig-
-) Am 15. Oktober 1422 teilte Swicker dieses dem Vogt
auf der Burg, Heinrich Rimken, mit. Str. Stadt-A. V C G. K- 30-
\
— 38 —
Ferner erwarb der Edelknecht Konrad Bock den Biirg-
sitz des Dietrich von Ratsamhausen und beschwor am
25. Oktober 1458 den Burs^fricden. Am 1. März 1478
schenkte der Bischof Burchard von Worms den Teil an der
Burg Herrenstein, welchen er von seinen Vorfahren geerbt
hatte, seinem Vetter )ohann von Sickingen.
6. Das Amt Kürnberg.
Auch über dieses Amt sind wir schlecht unterrichtet.
Es bestand aus der Eeste Kürnberg, den Städten Kenzingen
und Herbolsheim, und den Dörfern Blcichheim, Bom-
bach, Tutschfelden und Wagenstadt').
Die Stadt und die Eeste, und wahrscheinlich auch
die 4 Dörfer, waren Allod des Hauses Österreich').
Mit der Stadt, der Feste, dem Dorfe Bleichheim und dem
Dorf und Kirchensatz zu Herbolsheim war um die Mitte
0 Herbolsheim muß Stadtverfassung gehabt haben. 1449
wird eine Befestigung und 1513 ein Rat daselbst genannt. Vgl.
Schröder S. 621 und Ö34 1352 war es noch ein Dorf. Fester.
Reg. h Nr. 224.
^) Brief der Stadt Kenzingen an den Narkgrafen Karl vom
jähre 14ö8, [Straßb. Stadt-A. G. ü. P. 148 B 115 Nr. 8 (22)1 be-
stätigt das.
Betreffs der Flechte, welche der Stadt zustehen sollten.
herrschte später ein Streit Das Haus Österreich beanspruchte an
dem verpfändeten Gebiet Landzug und Landschatzung. da es sich
bei )cdcr F^fandschaft diese Rechte vorbehalte. [Ebenda (20) Brief
des Hans Erhart von Stoffenberg an Kenzingen 1465]. Straßburg
dagegen behauptete, daß die F^fandschaft „mit alier herHichkeit
und gercchtigkcit uns in pfantschaft wise gewant ist''. [Eben-
da (2o)J.
Die Urkunde des Konrad von Weinsberg vom 1. März 142'>
erwähnt nichts von einem solchen Vorbehalt'. Herzog Ernst re-
servierte sich damals nur das Benutzungsrecht im Kriegsfall
und, daß Konrad die Gebiete keinem Fürsten, sondern nur „einem
unsern (=: Konrads) genossen oder der myntcr sye", weiter ver-
pfänden dürfe.
— 39 —
des 14. Jahrhunderts Friedrich von Üsenbcrg von diesem
belehnt worden'), der bald mit dem Besitz seinen Neffen
den narkgrafen Heinrich von Baden belehnte, welcher sich
infolgedessen Herr zu Kenzingen nannte'). Als nun nach
dem Tode des Friedrich von Üsenberg Herzog Albrecht
das erledigte Lehen einziehen wollte, entspann sich ein leb-
hafter Streit mit dem Markgrafen, bis es unter dem bereits
erwähnten Bernhard zu einer Aussöhnung kam'% wonach
die strittigen Gebiete heimfielen.
Nun hatten um das |ahr 1 420 dem Erzherzog Ernst von
Österreich der Ritter Hanman Snewlin von Landeck 3200 fl
und die Straßburger Bürger Claus und Heinrich die Meyner
3000 fl auf Kenzingen und Kürnberg geliehen. Außerdem
schuldete er zusammen mit seinem Bruder Friedrich dem
Erbkämmerer Konrad von Weinsberg 3000 fl. Mit diesem
machte Ernst jetzt folgende Richtung: Konrad bezahlte
Ernst und seinem Bruder die 6200 fl Schulden an Han-
man, Snewlin und die Meyner und ihm wurden die Stadt
Kenzingen und die Feste Kürnberg dafür und für die ihm
selbst geschuldeten 3000 fl verpfändet. Am I.März 1422
machte Konrad diesen Vertrag bekannt'). Am 7. )uli wurde
er der Lehnsmann des Markgrafen, damals hatte er bereits
die Stadt und Feste in Händen'')"). Dessen Rechtsnach-
folger nun wurde durch Abtretung seiner Pfandrechte die
1) Fester, Reg. h Nr. 258, h 252;
2) Fester, Reg. h Nr. 224, h 225;
•V Fester, Reg. Nr- 1436, 2973-
4) Straßb. Stadt-A. G- U- R 148 B 115 Nr. 8, nicht erwähnt
bei Fester.
^) Am 3. TFärz beauftragte Sigmund den Narkgrafen Bern-
hard, welcher damals Landvogt von Kenzingen und anderen
Städten des Breisgaues war, dem Konrad von Weinsberg F^en-
zingen zu übergeben- Fester, Reg. Nr. 3372.
ß) Fester, Reg. Nr- 3427.
40
— 41
Stadt Straßbüii;, am 22. Piovcmbcr 1424 ist sie als Be-
sitzer der Pfandschaft nachzuweisen').
Zur selben Zeit hat sie auch Herbolsheim schon be-
sessen.-) Diese Stadt gehörte im )ahre 1514 zur Hälfte der
Stadt Straßburg, zur Hälfte dem straßburger Bürger Ludwig
Hieg. Ob schon zur Zeit, als Straßburg diese Ervverbun*^
machte, die Teilung bestanden hat, wissen wir nicht').
Auch von Bleichheim besaß die Stadt nur die Hälfte,
die andere gehörte den Herren von Staufen. Auch Ken-
zingen hatte eine Rente in diesem Dorf. Im jähre 1514
kaufte Straßburg dem Dietrich von Staufen die andere
Hälfte des Dorfes ab*) und brachte auch die Gerechtig-
keiten der Stadt Kenzingen an sich.
In Bombach hatte die Stadt in der 2. Hälfte des
') Fester, Rca. Mr. 3780. Die Urkunde bei Witte, Regcstcn der
Narkorafen von Baden und Hochbcrcr \\, B. 1. Lieferun« Nr. 1600
spricht davon, daß Straßburg die F^fandschaft von Kiirnberg und
Kenzingen mit Willen der Herrschaft Österreich innehabe. "^
-) Fester, Rc£j. Nr. 3779.
'■') Um das Jahr 1490 hatte Wilhelm Bock aus Straßburo
ein Drittel der Stadt. Dieses kam darauf an Friedrich von
Schönburg.
Am 30. November 1493 schrieb der Bischof Albrecht von
Straßburo an die Gemeinde Herbolsheim, sie solle dem Fried-
rich von Schönburo huldigen.
Am 7. Dezember 1493 schrieb ihr dieser unter Bezugnahme
auf das bischöfliche Schreiben, sie solle ihm wei^^en des 3. Teiles
den er jetzt daselbst habe, schwören, am IL Dezember wolle er
den Lid staben.
Am 8. Dezember fragt Herbolsheim in Straßburg an, was
es in diesem halle tun soll.
') Im jähre 14o7 fühlte sich Trutprecht von Staufen in der
Ausubunii seiner Rechte zu Blcichheim durch die Stadt benach-
tcihot, „des Stabes halb so er zu Bleichach begert", und be-
schwerte sich deshalb bei dem Rate. Zugleich zei.i-te er sich
bereit, demselben seine Üerechtiokciten für 750 fl zu verkaufen.
Aber dieser irina nicht darauf ein.
\
15. Jahrhunderts Gerechtigkeiten, wie aus einem Brief von
ihr an den Markgrafen Karl vom Jahre 1474 hervorgeht 0-
Von dem Dorf Tutschfelden besaß sie um diese Zeit
ein Viertel-), der Rest desselben war gleichmäßig zwischen
dem Markgrafen, dem Abt von Alpirsbach und den Herren
von Kappenbach geteilt. In Wagenstatt hatte sie im Jahre
1465 einen „garten", dessen Nutzung dem Vogt von Kürn-
berg zustand.
Bald nach 1515 muß die Pfandschaft Kürnberg wieder
eingelöst worden sein, da nunmehr jede Machricht über
das Amt fehlt.
7. Das Amt Illkirch.
Die sieben in unmittelbarer Mähe von Straßburg ge-
legenen Dörfer Illkirch, Grafenstaden, Illwickersheim,
Schiltigheim, Adelshofen, Ittcnheim und Hand-
schuhsheim bildeten dieses Amt. Auf kurze Zeit war
ihm auch das Dorf Oberhausen angegliedert'). Die Dörfer
Niederhausbergen und Dorlisheim gehörten in der von
uns behandelten Zeit nicht dazu, wurden jedoch von dem-
selben Vogt verwaltet. Es war das wichtigste Straßburger
Amt, da die Dörfer fast alle unmittelbar an die Stadtmark
grenzten und sämtlich der Gerichtsherrlichkeit der Stadt
allein unterworfen waren, was in keinem anderen Amte der
Fall war.
Während die sechs letzten Dörfer erst um das Jahr
1500 von der Stadt erworben wurden, gehörten die drei
Dörfer an der III mit zu dem ältesten Besitz, den Slraßburg
überhaupt hatte. Sie waren altes Reichsgut und waren
') Vielleicht deutet auch Fester, Reg. h FSr. 274 darauf hin,
daß Bombach ursprünglich Habsburgisch war.
-) Brief Kenzingens an Straßburg aus der 2. Hälfte des
15. Jahrhunderts: Str^ Stadt-A. G. U. P. 148 B 115 Nr. 8 (35 .
') Fbenso auch die dieser ISonncnweier und Niederhausen.
Vgl. S. 27.
— 42 —
der SUxdt mit Urkunde vom 19. |imi 1418 von Kaiser
Sii^ismund verpfändet worden. Kr hatte getjlaubt, durch
diese Entscheidung^ eine schon mehr als 25 Jahre währende
Fehde zwischen der Stadt Strarsburi^ und den Gebrüdern
Johann und Walter Erbe wegen der Pähre über die III bei
Grafenstaden, welche Almende dieses Dorfes war, schlichten
zu können. Aber ebensowenig wie es einst König Ruprecht
von der Pfalz und darauf ihm selbst gelungen war, das
königliche Ansehen gegen die Stadt und die beiden Ritter
zur Geltung zu bringen, konnte Siegmund auch jetzt seiner
Verfügung über die drei Dörfer den seitherigen Inhabern
der F^fandschaft gegenüber Geltung verschaffen, gegen deren
Willen er seine Entscheidung getroffen hatte. Es blieb
Sache der Stadt, den Willen des Kaisers zu verwirklichen,
und erst mit dem Jahre 1425 erreichte der ganze Streit
seinen Abschluß.
Sein Ursprung reicht bis in das Jahr 13ö9 zurück.
Damals belehnte Wenzel im Auftrage seines Vaters
den Ritter Johann Erbe, den Vater der vorhin genannten
Brüder Johann und Walter, mit der Eähre, da es ihm von
Erbe vorgetragen worden war, daß sie Reichslehen sei und
nicht Almende des Dorfes Grafenstaden'). Munmchr ent-
stand zwischen Johann Erbe und dem straßburgischen Ge-
schlechte der Zorn, welchem bis dahin die drei er-
wähnten Dörfer vom Reiche verpfändet waren, ein Konflikt,
welcher noch dadurch verstärkt wurde, daß Erbe auf Grund
einer kaiserlichen Verwilligung Ansprüche auf Einlösung der
Dörfer machte-). Schließlich einigte man sich dahin,
dalA Dörfer und Eähre zwischen beiden Parteien geteilt
werden sollten '). Jedoch der Vertrag wurde, soweit er die
') Ebenda V S. 663, Anm. und Nr. 806.
-) Ebenda Nr. 805.
•^) Die in Straßb. Urk. VI Nr. 873 und 8Q2 erwähnte Tciluni,'
der Dörfer hat nicht stattgefunden, sondern beide Parteien er-
halten sie zusammen. Vgl. Nr. 1332.
— 43 —
Eähre betraf, nicht ausgeführt, um das Jahr 1391 waren
die Zorn allein im Besitz der Eähre.
Als um diese Zeit') Walter Erbe, welchem zusammen
mit seinem Bruder Johann und einer Schwester, welche
später an den Edelknecht Werlin von Altenkastel aus
Rappoltsweiler verheiratet war, die Erbschaft des Vaters zu-
gefallen war, Ansprüche auf die Fähre erhob, trat Lienhard
Zorn genannt Schultheiß, welcher damals den Anteil seines
Geschlechtes an der Pfandschaft innehatte und keine Lust
verspürte, sich mit Walter Erbe in einen Streit einzulassen,
die Fähre an die Stadt Straßburg ab. Darauf wurde von
dieser laut Ratsbeschluß dieselbe besetzt").
Lienhard Zorn war den Zwistigkeiten mit den Erbe
glücklich aus dem Wege gegangen, dagegen erhob sich
jetzt gegen die Stadt ein unseliger Streit mit jenen, worüber
wir ziemlich ausführlich unterrichtet sind').
1) Das Jahr ergibt sich aus Straßb. Urk. VI Nr. 619.
Quelle ist ein Brief Sigmunds an die Stadt vom 15. Sep-
tember 1413, und ein Brief des Lienhard Zorn vom 13. Juni 1425,
Str Stadt-A. V. C, G. B 27 Nr. 43
2) Der Rat tat dies, um einen Beschluß verwirklichen zu
können, welcher vom 12. Närz 1390 von ihm, dem Bischof Fried
rieh von Straßburg, dem Landvogt Stislaw von der VVeißenmühlen
und den Städten Colmar.Schlettstadt, Oberehnheim, Kaysersberg,
Mühlhausen, Türkheim und Munster gefaßt worden war Dem-
gemäß sollte bei der Fähre eine Illbrücke gebaut werden für
die Straße, welche Straßburg mit dem Oberelsaß verband, da
während der Fehde um die Fähre der Verkehr hier sehr mangel-
haft bewerkstelligt worden war- Nit der Ausführung des Be-
schlusses wurde der Rat von Straßburg betraut und erhielt ge-
meinsam mit dem Bischof das Recht, einen Brückenzoll solange
zu erheben, bis die Kosten für den Brückenbau getilgt wären-
Im übrigen war ihm völlig freie Hand gelassen. Aber der Rat
baute nicht sofort die Brücke, sondern der alte Fährbetrieb wurde
beibehalten und das Fährgeld in Straßburg auf der Hünze depo-
niert- Straßb. Urk. VI Nr. 576-
•*) Zunächst traten die Erbe der Koalition bei. welche sich
unter dem Vorwande, die Acht an Straßburg zu vollstrecken,
— 44 —
45 -
Im )ahrc 1413 erneuerte der Ritter Klaus Bernhard Zorn
von Biilach , Flitter Dorn genannt , welcher dem Kaiser in
in den jähren 1392 und 1393 gebildet hatte (Straßb. Urk. VI
S. 495; s. oben S. 16 ff.) und es scheint, daß sie auch die F^appolt-
steincr Fehde auf Seiten der städtischen Gegner mitgemacht
haben.
Nit Beginn des 15. Jahrhunderts trat der bereits erwähnte
Walter Erbe als Anwalt der Ansprüche seines Hauses auf. Im
jähre 1405 nahm er den Straßburger Bürger Johann Sturm ge-
fangen, welcher sich in einem Briefe vom 30- Dezember bei ihm
über das ihm zugefügte Unrecht beschwerte. (Str. Stadt-A.
V. C. G. B 30 Nr. 48). Ein Vermittelungsversuch des Königs
Ruprecht, welcher in demselben jähre seinen Landvogt im Elsaß,
Schwarz Reinhard von Sickingen, mit der Beilegung des Streites
beauftragte, scheint zu keinem Ergebnis geführt zu haben. (Ebenda
\^ C G. B 2S Nr. 45). Die nächste Nachricht gibt ein Brief des
Vitztum Schwarz Rudolf von Andlau an den Grafen Johann von
Sponheim aus dem jähre 1410. Danach war es den Bemühungen
beider gelungen, zwischen den Parteien einen Tag nach Hagenau
vor dem Pfalzgrafen Ludwig zu vereinbaren. Erbe war unter der
Bedingung damit einverstanden, daß der Tag zwischen dem 9. Närz
und 4. Mai stattfände, und ihm 9 Tage Sicherheit von der Stadt zu-
gebilligt werde.
Zu einer Versöhnung kam es jedoch nicht, vermutlich weil
Erbe 8000 fl Entschädigung forderte (Brief des Walter Erbe an
den Markgrafen vom 24. Närz 1410, ebenda, nicht genannt bei
Fester). Daher dauerte die Fehde fort; als Straßburger Ver-
bündete werden genannt im Närz des Jahres 1410: Lutelman
von Ratsamhausen, Burchard Nünich von Basel, Johann Ulrich
von Nülnheim und Egenolf von Ratsamhausen. Erbe aber war
CS gelungen, die Straßburger Edelleute Obrecht Beger und Hein-
rich von Nülnheim genannt Landsberg gefangen zu nehmen, um
so einen Druck auf seine Forderung ausüben zu können.
Dieser Fehdezustand wurde in der Folgezeit nur vorüber-
gehend durch eine Reihe von Verhandlungen unterbrochen, welche
die beiden Parteien vor dem Narkgrafen Bernhard von Baden.
vor dem Pfalzgrafcn Ludwig und vor Ludwig Herrn zu Lichten-
berg führten. Die letzte Tagung war nach Ingweiler auf den
2. Närz 1414 festgesetzt Zu einem Ergebnis aber kam man
nirgends.
Italien treu öcdient hatte, die alten Ansprüche seines
Hauses auf die Fähre, und rief zu deren Durchführung
jenes Hülfe an. In drei Briefen') gab Sigmund von Italien
aus der Stadt den Befehl, dem Klaus Zorn die Fähre,
welche ein Teil der Zornschen Reichspfandschaft sei-),
nunmehr abzutreten. Aber der Rat von Straßburg war
nicht zu bewegen, auf seine Rechte in die Fähre zu ver-
zichten. Daher schrieb Sigmund am 14. Juni 1414 der
Stadt =), sie solle am 14. August vor ihm mit Vollmachten
erscheinen, damit er entscheiden könne, ob sie oder Zorn
im Rechte sei.
Außer der Stadt und Zorn erschien nun auch Walter
Erbe am königlichen Hof. Entgegen den Ansagen des
letzteren wollte Klaus Zorn die Fähre als Almende und
somit als Zubehör der Reichspfandschaft erklärt haben und
brachte urkundliche Belege für seine Forderung.') Aber
Sigmund war nicht geneigt, ein Urteil in dieser verwickelten
Streitfrage abzugeben, und verwies die Parteien vor den
') Sie sind am 15. September 1413 in Como, am 6. Januar
und 10. Februar 1414 in Cremona ausgestellt und bei Altmann
nicht erwähnt.
■^) Am 12. Januar 1414 bat auch Zorn in einem Briefe, der
in Cremona ausgestellt ist, die Stadt um Herausgabe der Fähre
und behauptete, von Sigmund noch besonders damit belehnt
zu sein.
^) Der Brief ist bei Altmann nicht erwähnt-
') Am 2. August 1414 (Do. vor St. Oswaldstag) hatte
Konrad Ralle der jüngere, „von Kaiserlicher Gewalt ein öffent-
licher Notar in Straßburg," auf Antrag des Johann Zorn von
Bulach, Leute aus Straßburg und Illkirch über die Fähre ver-
hört und gefunden, daß sie von jeher eine Almende war, „vor
fünfzig Jahren ungefähr'' seien Johann Erbe der Ältere und der
Landvogt Ulrich von Finstingen gekommen und hätten erklärt,
jetzt sei sie ein Reichslehn. Ulrich war von 1377-81 Landvogt,
vgl. Becker, Geschichte der Reichslandvogtei im Elsaß, S. 50-
— 46 —
Markgrafen Bernhard ') und den Grafen Bernhard von Eber-
stein, den Unterland vogt im Elsaß").
hn Anfang des Jahres 1415 treffen wir Zorn und Erbe,
welche der Hagenauer Spruch nicht befriedigt hatte, in
Konstanz bei Sigmund. Wahrscheinlich hat die Stadt Straß-
burg a»i den hier geführten Verhandlungen der Parteien
nicht teilgenommen.
jedoch der Kaiser entschied den Streit zwischen beiden
nicht prinzipiell, sondern am 27. März erklärte er ihn für
geschlichtet') und verlieh ihnen je zur Hälfte die Fähre.
Zui^leich belehnte er mit Urkunde von demselben Datum
beide mit je einer Hälfte der Pfandschaft der drei Dörfer.
Aber bereits am 28. Harz hob er diesen Beschluß auf und
belehnte Zorn allein mit den drei Dörfern, dem Fischwasser
genannt der Wog zu illwickersheim und dem Dorf Frieden-
heim *)'), jedoch die Entscheidung über die Fähre muß weiter
^) Die Tagung zwischen der Stadt und Zorn vor dem Mark-
grafen war ergebnislos, daher beauftragte am 25. Januar 1415
Sigmund den Elekten Wilhelm mit Erledigung des Streites-
-) Dieser entschied am 30- Oktober mit fünfzehn Reichs-
rittern in Hagenau in der Streitfrage zwischen Zorn und Erbe,
daß die Fähre ein besonderes Reichslehn sei. Die Namen
der Reichsritter sind: Schwarz Rudolf von Andlau, Lutelman
von Ratsamhausen, )eratheus von Ratsamhausen vom Stein,
Heinrich von Fleckenstein der Ältere, Klaus Hacker von Landes-
berg, Rudolf von Hohenstein, Hans von Landesberg zu Zellen-
wilre, Cunmam von Utenheim, Eckard Schenke, Diebold von
Stutzheim, Johann von Lampertheim, Tenge von Ellenwilre,
Johann Karenderlin gen. Schenke, Klaus von Rymelnheim und
Heinz von Roß heim.
•^j Altmann, Nr. 1519.
^) Altmann, Nr. 1539.
•'') Am 7. August 1413 hatte Sigmund dem Unterlandvogt in
Elsaß, Grafen von Eberstein, erlaubt, die drei Dörfer an der lil von
den Straßburger Bürgern, welchen sie damals verpfändet waren,
an sich zu lösen (Str. Stadt-A. V. C- G. B 28 Nr- 45; vgl. auch Alt-
mann, Nr- 613- Die Dörfer waren aber nicht der Stadt, wie hier
angenommen wird, verpfändet, sondern Straßburger Bürgern.
— 47 —
bestanden haben. Außerdem wurde dem Kaiser damals
das von Straßburg eingenommene und zum Brückenbau
aufbewahrte Fährgeld versprochen^). Den Befehl, ihre
Bürger, welche die Pfandschaft damals innehatten-), zur
Herausgabe derselben anzuhalten, befolgte die Stadt nicht,
sondern ließ ihrerseits durch die eidliche Aussage derselben
feststellen, daß die Fähre Almende sei.
Am 14. April teilte der Rat dieses seinen gerade von
Konstanz abgereisten Gesandten mit und bat sie, beim
Kaiser dahin zu wirken, daß der Beschluß über die Fähre
aufgehoben werde. Aus einer undatierten Instruktion geht
hervor, daß die Boten auch das Fährgeld erhielten mit dem
Auftrag, es dem Könige auszuhändigen, wenn die Fähre
als Almende erklärt würde.
Vielleicht überbrachten der Stadtschreiber Ulrich Heiger
von Waseneck und Johann Bock dem Kaiser den Wunsch
ihres Rates ''). Sigmund, den das Fährgeld lockte, ließ sich
in der Tat wankend machen; am 31. Mai befahl er dem
Pfalzgrafen Ludwig, den Handel zwischen der Stadt, Klaus
Zorn und Walter Erbe zu schlichten^), und rückte so die
Das ergibt sich auch aus Nr- 614). Zugleich befahl er der Stadt,
ihre Bürger anzuhalten, seinem Gebote nachzukommen. Es läßt
sich nicht feststellen, ob die Stadt oder ihre Bürger daran schuld
waren, daß der Befehl nicht ausgeführt wurde.
1) Am 27. März trug Sigmund der Stadt auf , den Zorn und Erbe
die Fähre besetzen zu lassen und das Geld, welches sie bis
dahin von demselben eingenommen habe, dem Bernhard von
Eberstein abzuliefern.
'^) Der Brief datiert vom 28- Jiärz, nicht erwähnt bei Alt-
mann. Die damaligen Pfandinhaber waren: Johann von Bulach,
Götz von Heiligenstein, die Blenkel, Lienhard Trachenfels, Otte-
mans selige Frau von Truchtersheim, Hans Saltzmutter, Hans
Schultheiß und Hans Niederländer. Die Erbe werden nicht ge-
nannt. (Brief des Unterlandvogts Bernhard von Eberstein an die
Stadt vom 11- November 1413.)
'-') vgl. Kaiser, Z. G. O- N. F. 16 S. 174.
^) Str. Stadt-A. V. C G. B 28 Nr. 45.
\
— 48 —
endi^ültige Entscheidung weiter hinaus. Aber der Pfaizgraf
erreichte nichts'), und so blieb also alles beim alten, jedoch
zu dem bisherigen einzigen Gegner der Stadt, Walter tirbe,
hatte sich in Klaus Zorn ein zweiter gesellt").
Die Stadt verzichtete nun ihrerseits auf weitere Ver-
handlungen. Auf zweimalige Ladung zu einem zweiten
Tag vor dem F^falzgrafen Ludwig antwortete sie nicht und
besuchte auch nicht die Tagungen, welche am 18. April
und am 23. Mai 1417 in Konstanz vor Sigmund statt-
finden sollten'). In die am U). |uni zwischen Sigmund
und Straßburg abgeschlossene Verständigung') war der
1) In einem Brief vom 29. September an die Stadt setzte
er einen Vcrglcichstcrmin auf den 9. November an. (Str.
Stadt -A. AA. 138 (54)). Aber man kam zu keinem Resultat.
Am 16- November fragte der Pfalzgraf von Konstanz aus bei der
Stadt an, ob sie bereit sei, es noch einmal auf einen Tag an-
kommen zu lassen (ebenda (50)), er scheint abschlägigen Be-
scheid erhalten zu haben, am 27- November stellte er ihren
Boten einen Geleitsbrief für die Heimreise aus-
-) Sie waren zwar zunächst noch auf Grund der kaiserlichen
Privilegien vom März dieses Jahres uneinig, aber auf einem Tag,
welcher im Oktober zwischen beiden vor dem Landvogt Bernhard
von Eberstein in Hagenau abgehalten wurde, erkannten sie, daß
es zwecklos für sie sei, sich über die Fähre auseinanderzusetzen,
solange diese noch im Besitze der Stadt war, und künftig gingen
sie zusammen gegen Straßburg vor. Die auf kurze Zeit unter-
brochene Fehde brach nun wieder aus, wenn sich auch Zorn
zunächst davon fernhielt. (Str. Stadt-A. AA. 138 (57) (58) (59)).
•*) 19. März 1416, Klaus Zorn an die Stadt: Diese hat
ihn laden lassen, entschuldigt sich, daß er nicht kommen kann,
beglaubigt bei ihr den Rudolf von Fegersheim.
24. Oktober 1416, Zorn an die Stadt: Sigmund hat ihm
das far verschrieben, sie haben einen Tag vor dem Pfalzgrafen
gehabt, der erfolglos blieb, bittet sie noch einen zu besetzen-
Die beiden Tagungen setzt Sigmund in Briefen vom 29. liärz
und 23. April an- Str. Stadt-A- V- C-G- B 28 Nr- 45.
') Kaiser, S- 184 ff und S- 185, Anm- 6-
49
Streit um die Fähre nicht eingeschlossen, jedoch scheint
Sigmund auch hierüber Zugeständnisse gemacht zu haben').
Inzwischen hatte die Stadt versucht, sich mit den
Parteien persönlich auseinanderzusetzen ; mit Klaus Zorn
war ihr das gelungen, indem sie ihm wahrscheinlich die
Flälfte der Fähre abtrat"-). Zugleich versprach dieser
auch, zwischen der Stadt und Walter Erbe zu vermitteln.
Aber trotz vieler Schreibereien kam es zwischen den
Parteien zu keiner Tagung'), und der Rat sah sich schließ-
') In einem Brief vom 22. Juni befahl er einem Getreuen,
von der Fehde gegen die Stadt abzulassen, in einem zweiten
Brief desselben Datums setzte er eine neue Tagung auf den
17. August an.
-) Am 2. Mai teilte Zorn der Stadt mit, daß er aus der
Büchse an der Fähre die Pfeifer für den Illkircher Neßtag bezahlt
habe, und bittet die Stadt dafür um Entschuldigung.
•^) 8. April 1817, Zorn an Straßburg: Erbe will den Tag
in Konstanz mit der Stadt leisten, wenn diese ihm Trostbrief
gibt. Zorn bittet, dies zu tun. Es scheint also, daß damals
Zorn schon mit der Stadt ausgesöhnt war-
2. Juli 1417, Walter Erbe an die Stadt: verlangt einen
Trostbrief nach Konstanz, will ihr einen ausstellen.
9. Juli, Zorn an die Stadt: hat von ihr den Auftrag be-
kommen, zwischen ihr und Erbe einen Tag auszumachen, ver-
spricht das.
22. Juli, Zorn an die Stadt: Erbe hat ihr einen Trost-
brief ausgestellt für einen Tag in Ingweiler, welcher am 29. Juli
stattfinden soll. Wenn die Stadt diesem keinen ausstellen will
soll sie jenen auch wieder zurückgeben.
30- Juli: Die Stadt verspricht zusammen mit Lutelman
von Ratsamhausen, Obrecht Beger, Vitztum, und Johann von
Mülnheim dem Walter Erbe Tröstung für zwei Tage vor und nach
dem Tag von Ingweiler zu geben.
6 August, Zorn an Straßburg: Walter Erbe ist mit dem
Trostbrief der Stadt nicht zufrieden; er solle so sein, wie der,
als sie in Konstanz waren.
Ohne Datum: Zorn an die Stadt: fragt an, ob sie zu dem
auf den 17. September festgesetzten Tag mit Walter Erbe kommen
wolle, den er vermittelt hat-
— 50 -
lieh genötigt, das Hofgericht, vor das der Prozeß gebracht
war den Streit schlichten zu lassen. Der Termin hier war
vom 17 August auf den 20. Oktober verschoben worden,
am 14. Oktober schickte man Abschriften der königlichen
Privilegien den städtischen Gesandten nach Konstanz.
Merkwürdigerweise sprach nun das Hofgericht dem
Klaus Zorn die ganze Fähre zu, ohne das bereits erwähnte
kaiserliche Privileg vom 27. März 1415 zu berücksichtigen.
Auf Befehl Sigmunds setzte er sich bald mit Gewalt in
den Besitz der ganzen Fähre, aber schon nach wenigen
Tagen stellte die Stadt den früheren Zustand, wahrschein-
lich auch mit Waffengewalt, wieder her^).
Nunmehr war Sigmund entschlossen, diesen trostlosen
Zuständen endlich ein Ende zu machen. Am U.Dezember
teilte er seine Absicht der Stadt mit und setzte zugleich
den Tag auf den 7. Januar 1418 fest, es solle der letzte
Tag in diesem Streit sein, die Stadt solle ihre Boten
schicken und Erbe Tröstung geben-)-
Der Rat schickte zwar zwei Boten nach Konstanz,
Konrad Rust und Hans Lumbart, hielt es aber nicht für
nötig, sie mit genauen Instruktionen auszustatten: „also
weren sy herkommen und wolten gern hören, watz derselb
Walter zu in zu clagen het, und im darumb gerecht werden,"
sagte Konrad Rust in seiner Rede vor dem Hofgericht.
Auch Zorn scheint sich nicht viel von der neuen Tagung
versprochen zu haben, er erschien nicht einmal, obwohl
auch er, wie sich aus dem Brief vom 13. Dezember ergibt,
geladen war.
177^20. November teilt Zorn der Stadt mit, daß er auf
Geheiß des Kaisers die Fähre besetzt habe-
Am ^5 November bittet er die Stadt, ihm deshalb kerne
Fehde anzukündigen, weil seine Knechte die städtischen an der
Fähre bedroht haben.
2) Freitag nach hl. 3 Konige; vgl- auch Altmann, Nr- 274Ü;
Nr. 3160 gibt irrtümlich den 6. )anuar an- Die Ladung ist bei
Altmann nicht erwähnt.
— 51 —
Das Hofgericht weigerte sich zunächst, f:rbe Gehör
zu geben, jedoch am 1 1 . Januar trat es unter Vorsitz des
Grafen Günther von Schwarzburg zusammen. Die Straß-
burger baten um einen Aufschub von 8 oder 14 Tagen,
um sich mit den nötigen Belegen für ihre Aussagen zu
versehen; jedoch Erbe verlangte auf Grund seiner Ladung,
wonach dieses der letzte Termin sein sollte, unbedingt
einen Urteilsspruch und forderte 20 000 fl Entschädigung
dafür, daß er die Fähre so lange nicht habe nutzen
können. Da man sich nicht einigen konnte, vertagte sich
das Hofgericht, ohne die Bitte der Straßburger zu berück-
sichtigen. Am 17. und dann am 18. Januar trat es
wieder zusammen und sprach, allem Anschein nach in
Abwesenheit der städtischen Boten, die Fähre und die
20 000 fl Entschädigung dem Walter Erbe zu^), welcher
den Urteilsspruch mit dem Versprechen erkauft hatte, dem
Günther von Schwarzburg ein Drittel jener Summe abzu-
treten'-).
Sigmund, welcher zweifellos um das Urteil des Hof-
gerichts wußte, hoffte durch die gegen die Stadt aus-
gefallene Entscheidung endlich in den Besitz des Fährgeldes
^) Originalurkunde des Hofgerichts vom \8. Januar 1418.
Str. Stadt-A. V. C- G. B 27, nicht erwähnt bei Altmann.
-) Der Stadtschreiber Ulrich Meiger, Straßburgs Vertreter
in Konstanz, welcher eigentlich nie direkt mit der Fährung dieser
Verhandlungen beauftragt war, sondern immer nur gelegentlich
eingriff, berichtete am 23- Januar nach Straßburg, er habe von
dem Markgrafen [wahrscheinlich dem von Brandenburg] gehört,
daß Günther von Schwarzburg durch Ulrich von Fridingen,
Walter Erbe habe mitteilen lassen, wenn er ein Drittel von den
20000 fl bekomme, wolle er beim König dafür sorgen, daß
das Hofgericht in seinem Sinne entscheide (ebenda V. C G.
B 27 Nr. 43. Die Kopie trägt fälschlich die Jahreszahl 1423). Wenn
man bedenkt, wie wenig freundlich man damals am königlichen
Hofe der Stadt gesinnt war, muß man diese Nachricht für glaub-
würdig halten.
4*
1
— 52 —
zu kommen. Am 7. Februar') berichtet Meigcr nach Stras-
burg. der König habe zwar ihm gegenüber erklärt, daß
das Urteil nicht billig sei, habe sich aber zugleich erkundigt,
wie er wohl am besten das Fährgeld bekommen könne.
Meiger versprach ihm seine Hülfe, riet aber der Stadt, es
auf' keinen Fall dem Boten Latzenbock auszuhändigen,
welchen der König bald nach Straßburg schicken werde.
Auf Meigers Rat entschloß man sich in Straßburg zu
neuen Verhandlungen. )ohann von Mülnheim, Konrad zum
Rust und Hug Dreizehn, Altammeister, wurden nun nach
Konstanz geschickt. Sie berichteten am 28. Februar-), der
König habe sie freundlieh aufgenommen, sie durch seine
Räte verhören lassen und den Markgrafen von Branden-
burg und den Zunftmeister von Basel mit der F^rüfung
ihrer Briefe beauftragt. Aber es scheint, daß Sigmund
erkannt hatte, daß er das Fährgeld nie erhalte, wenn er
nicht der Stadt nachgäbe und die Fähre für eine Almende
erkläre. Da aber damit der Streit auf keinem Fall erledigt
gewesen wäre, entschloß er sich, der Stadt die Dörfer und
die Fähre zu verpfänden und jenen so auf ihre Schultern
abzuwälzen. Zugleich konnte er sich auf diese Weise ihr
Geld noch mehr zu Nutze machen. Die darüber geführten Ver-
handlungen sind um so merkwürdiger, als der Kaiser auf
wenig ehrenvolle Weise die Stadt hintergangen hat. Die
neue Verpfändung trug zu nichts weniger als zur Lösung
der Streitfrage bei, aber Sigmund war nur daran gelegen,
diese zu seinem Vorteil auszunutzen.
Am Morgen des 7. März rief er die Straßburger Boten
zu sich, eröffnete ihnen seine Absicht und fragte an, welcher
Zins wohl jährlich von Fähre und Dörfern fiele"*). Am
nächsten Tag sollten sie noch einmal zu ihm kommen.
1) Ebenda AA. 1443 (54, 55).
•^) Ebenda AA. 168 (62\
^) Bericht der Boten vom 7. März post prandium-
da (63).
Eben-
i^
— 53 -
damit er mit ihnen darüber spreche und sie nach Hause
entlasse. Darauf machten an demselben Tage auf seinen
Befehl und ohne die Entscheidung vom 1 8. Januar in ihrer
Rechtsgiltigkeit anzutasten, die Markgrafen Bernhard von
Baden, Friedrich von Brandenburg und Graf Eberhard von
Neuenbürg eine Richtung, an der auch die städtischen
Boten teilnahmen. Über das Resultat derselben haben wir
zwei verschiedenartige Berichte.
Die eine Quelle ist eine Urkunde Sigmunds vom
6. Mai 1418\), in welche jene Verhandlungen inseriert
sind. Sie verschweigt die Beteiligung der städtischen Boten
an der Richtung und berichtet nur, daß die drei Räte fest-
gesetzt hätten, daß der König die Fähre und die drei Dörfer
der Stadt verpfänden solle für 3000 fl") und 1500 von dem
aufbewahrten Fährgeld und noch einmal für 6000 fl,
welche die Stadt dem Markgrafen Friedrich „an desselben
unß herren des Kunigs statt" geben solle. Die städtischen
Boten sollten diese Vereinbarung ihrem Rate mitteilen und
innerhalb 14 Tagen berichten, ob dieser sich mit der Richtung
einverstanden erkläre.
Die zweite Quelle ist ein Bericht des Konrad zum Rust
an den Rat vom 11. Hai 1418'). Er erwähnt die Be-
teiligung der Boten bei der Richtung und berichtet auch
von 9000 fl, welche die Stadt zahlen soll, von denen 3000
dem König, die übrigen 6000 aber Walter Erbe gehören
sollten, dessen Verzicht auf die Fähre dafür erkauft werden
sollte*).
1) Ebenda V. C C B 27. Regest bei Altmann, Nr. 3144 und
Fester Nr. 3018.
-) Die 3000 fl sollte die Stadt an den Narkgrafen Bernhard
zahlen, am 9. Närz schon stellt er ihr eine Quittung über den
Empfanij des Geldes aus. Fester, Reg- Nr. 3007.
•0 Ebenda AA. 168 (71).
^) Daraus ergibt sich, daß jetzt auch Sigmund die Fähre
als Almende anerkannte.
;(*
- 54 —
Ein Mißverständnis der stadtischen Boten über diese
Vereinbarung ist ausgeschlossen, da auch der Markgraf
Bernhard, um seine Meinung befragt, derselben Ansicht
wie diese war, während der Brandenburger und der Graf
von Neuenbürg auf Seite des Königs standen. Trotzdem
ist der Darstellung des Konrad zum Rust der Vorrang zu
geben.
Was nun weiter nach dem 7. März geschah, darüber
fehlen direkte PSachrichten. Es scheint, daß [ohann von
Mülnheim nach Straßburg reiste, um seine Stadt von den
Plänen des Königs zu unterrichten. Am 17. März be-
richten Rust und Hug Dreizehn nach Hause, daß alles gut
stehe.
Indeß muß sich Straßburg mit der Richtung einver-
standen erklärt haben, denn Sigmund trat nun in Verhand-
lungen mit Klaus Zorn, welcher nunmehr das letzte Hindernis
war. Dieser erhob zunächst Einspruch gegen den Ent-
schluß des Kaisers, da er ihm bereits 200 Mark Silber auf
die Pfandschaft geliehen habe. Da Sigmund sich dessen
nicht entsinnen konnte und auch in den Registerbüchern
seiner Kanzlei keinen Beleg fand, lud er Klaus vor sich.
Eür ihn erschien sein Bruder Johann, da er selbst krank
war^).
Zorn bat zunächst um einen Aufschub der Verhand-
lung von 6 Tagen, was ihm auch bewilligt wurde, da er
aber anscheinend durch Verzögerung eine Entscheidung
hintertreiben wollte und noch weitere 5 Tage verstreichen
ließ, ohne etwas in seiner Angelegenheit zu unternehmen,
erklärte am 6. Mai das Hofgericht, von Sigmund um ein
Urteil befragt, daß Zorn sein Anrecht an die Dörfer ver-
loren habe. Zugleich machte es bekannt, daß auch sonst
niemand mehr ein Anrecht an die Pfandschaft habe, diese
^) Mach einem Gesandtschaftsbericht vom 25. April H18
war er damals zusatnmen mit Johann und Walter Erbe und deren
Sehwaiicr Wcrlin von Altenkastcl in Konstanz.
/
>
i)
— 55 -
vielmehr dem König allein zustehe: niemand dürfe ihm an
der Eigenschaft oder der Stadt Straßburg oder wem er
sonst die Dörfer verpfänden würde, an der Pfandschaft
einen Schaden zufügen^).
jetzt aber erschien Sigmund die vereinbarte Pfand-
summe von 3000 fl zu gering, und da er weitere Ver-
handlungen scheute, versuchte er, um jene zu erhöhen, die
städtischen Boten zu täuschen. Er schickte am gleichen
Tage den Markgrafen Friedrich zu den Straßburger Boten
und ließ von ungefähr fragen, „wie hoch die brieffe sollent
ston." Als die Boten auf die Richtung vom 7. März hin-
wiesen, erklärte der Markgraf, der König und er hätten es
so verstanden, daß die 6000 fl, die Walter Erbe be-
kommen sollte, nicht in die Summe von 9000 fl einbe-
griffen sein sollten-), welches als Verpfändungssumme aus-
1) Ebenda V. C- C B, und 22 Orig. Urk-, Regest bei Altmann
Nr. 3144a.
2) Bericht des Konrad zum Rust vom 11. Mai: Der Mark-
graf kam in unsere Herberge und sprach: „ich bin bi dem Kunge
gesin, und der het mich uch geheissen uz richten und uwer
brieffe furdern und alz bin ich hie; und de wir koment an die
sume zu sagen, wie hoch die brieffe soltent ston, do seitte wir
von Villi dussent gülden; do hüb er zu stund uff und sprach,
daz het er me f erstanden; die briefe, die daz pfant besagen,
soltent niment dru dusent guldin ston? war umbe men die sehsz
dussent guldin drin sollte schriben, die walter erben werden
soltent? do sprochent wir, dar umbe daz es syne gnode und
der margroffe von Baden und der von Neuenbürg und der stette
erber botten alz ferdegeding[t] hatten, die wir och druweten,
die dez geston solttent und vertent do zufil, alz nit not ist zu
schriben."
Es ist nicht gesagt, daß diese Unterredung am 6- Mai statt-
fand, aber es ist durchaus möglich. Rust redete darauf mit dem
Grafen von Nellenburg, welcher derselben Ansicht wie der Branden-
burger war. Darauf ritt er nach Basel, um mit Bernhard zu
reden, welcher damals in Basel war und seiner Ansicht bei-
pflichtete. Wahrscheinlich hat Rust dann von Basel aus seinen
Bericht nach Straßburg geschickt.
\ty
— 56 -
bedungen sei. Da aber die Straßburger bei ihrer Meinung
blieben, erklärte Sigmund, ohne das Urteil des Hofgerichts
zu beachten, dreist in der auf S. 53 erwähnten Urkunde
vom 6. Mai, daß die für Walter Erbe günstige Entscheidung
vom 18. Januar dieses )ahres weiterhin Geltung behalten
solle, da Straßburg den Bestimmungen der Richtung vom
7. Harz bis jetzt nicht nachgekommen sei ')• Diesen Ent-
schluß brachte er am 9. Mai zur Kenntnis aller Reichs-
untertanen und befahl ihnen, dem Walter Erbe zur Ver-
wirklichung seiner Ansprüche gegen die Stadt behülflicli
zu sein-).
Selbst wenn sich der Rat nunmehr hätte entschließen
können, auf die Fähre zu verzichten, hätte er Erbe die
20000 fl zahlen müssen, und wahrscheinlich wäre Zorn
mit ähnlichen Forderungen auf Entschädigung an ihn her-
angetreten. Das klügste war also nachzugeben, und dazu
zwang auch der Umstand, daß durch die [Bekanntmachung
vom 9. Mai wieder die Möglichkeit eines Krieges in greif-
bare Mähe gerückt war, wie die Stadt ihn schon öfters zu
bestehen hatte, wenn sie sich nicht vorher mit Sigmund
aussöhnte.
In Basel, wohin sich Sigmund Ende Mai begab, scheint
die Aussöhnung mit Straßburg vollzogen worden zu sein,
indem der Rat sich den Forderungen des Kaisers fügte.
Vielleicht hatte er Ulrich Meiger mit der Führung der Ver-
handlungen beauftragt, den er Ende Mai eilends nach Straß-
burg kommen ließ ').
Am 5. )uni befahl Sigmund von Basel aus der Stadt,
dem Walter Erbe und Claus Zorn, welche er nach Straß-
burg bestellt habe, Geleitsbriefc auszustellen. Bald darauf
erschien er selbst dort, und nun erfolgte die volle Ver-
V
— 57 —
söhnung. Am 19. Juni erklärte er sein Gebot, dem Walter
Erbe in Sachen der Fähre behülflich zu sein, für aufge-
hoben und verpfändete die Fähre sowie die drei Dörfer
lllkirch, Grafenstaden und lllwickersheim der Stadt für
9000 fr). Zugleich versprach er in einer dritten Urkunde,
sie bis Weihnachten in den Pfandbesitz der 3 Dörfer ein-
zusetzen und ihr auch die Urkunden, welche Zorn und Erbe
erlangt hatten, zu übergeben oder für ungültig zu erklären.
Aber Sigmunds Versprechen erfüllte sich nicht, und
der alte Streit wurde noch erbitterter weitergeführt. Walter
Erbe verhielt sich zunächst ruhig. Dagegen erhob Zorn
seine Ansprüche auf die Fähre alsbald wieder und ersuchte
in einem Briefe vom 2. August den Rat um Herausgabc
derselben. Was daraufhin erfolgte, wissen wir nicht; die
sich jetzt entspinnenden kriegerischen Unternehmungen
wurden bald dadurch noch gefährlicher für die Stadt, daß
sie mit den Kämpfen zusammenfielen, welche die Bürger-
schaft von Straßburg in den jähren 1419 und 1420 mit
der aus der Stadt ausgewichenen Ritterschaft zu bestehen
hatte, deren Hauptmann Claus Zorn war -)■').
1) Ebenda V. C G. B 27.
mann, Nr- 3144.
-) Altmann Nr- 3100.
V Kaiser, S. 192.
Orig. -Urkunde. Rejjest bei Alt-
^) Str. Stadt-A. V. C G- B 27, Orig.-Urk. Altmann, Nr. 3273,
3274, 3275.
-) Gustav Schmoller, Straßburg z Z. der Zunftkämpfe und
die Reform seiner Verfassung und Verwaltung im 15. Jahrhun-
dert, S. 48 ff. Strubel, Vaterländische Geschichte des Elsasses 111,
S. 128.
3) Im Nai 1419 besetzte Zorn mit Waffengewalt die Fähre
und nahm das daselbst aufbewahrte Fährgeld an sich. Ein Brief
der Stadt vom 9. Juni, welcher Zorn zu friedlicher Herausgabe
derselben bewegen sollte, erreichte nichts; darauf verjagte die
Stadt ihrerseits den Zorn von der Fähre zwischen dem 14. Juni
und 11. November. (14. Juni 1419, Zorn an die Stadt: er bestreitet,
daß er sich ohne Recht in den Besitz der Fähre gesetzt habe,
ist bereit die Streitfrage noch einmal untersuchen zu lassen.
11. November 1419, Stadt an Zorn: verlangt von ihm, daß
er sie ungeirrt im Besitz der Fähre lasse und das gestohlene
Geld zurückgebe. Ebenda V. C. G. B 28 Nr 45.) Am 13. Novcm-
— 58 -
Um die Jahreswende 1419 auf 1420 überrumpelte er
im Bunde mit Härtung von Wangen, Claus Manß u. A. das
städtische Schloß zu Benfeld, tötete 2 Mann der Besatzung
und nahm einen Teil gefangen. Ebenso besetzte er die
Burg Dachstein, in die ihn Heinrich von Mülnheim einließ,
obwohl sie ein „offenes Haus" für die Stadt sein sollte.
Nach diesen Erfolgen kündigte Zorn der Stadt am 23. Januar
F'chde an.
Durch dieses Vorgehen wurde der Rat endlich aus
dem passiven Zustand aufgerüttelt, in dem er bis dahin
verharrte. Am 22. )anuar beauftragte er seine am Hof
Sigmunds weilenden Gesandten, welche ohnedies dahin
instruiert waren M, beim Kaiser darauf zu dringen, daß er
endlich sein Versprechen erfülle. Aber auch Klaus Zorn
und mit ihm der Erbe, der sich wieder erhoben hatte,
richteten ein Gesuch an Sigmund, worin sie darauf hin-
wiesen, daß sie ein unkündbares Recht an Fähre und Dörfer
hätten, sich aber erboten, 2600 fl. dem Kaiser zu zahlen,
wenn die Pfandschaft ihnen verbleibe'-). Daher sahen sich
die städtischen Boten genötigt, dem Kaiser ein gleiches
Angebot zu machen, was dieser bereitwillig entgegennahm.
Am 6. März schlug er das Geld auf die Pfandsumme der
Dörfer"). Im Übrigen aber konnten die Straßburger nicht
her schlug Zorn der Stadt vor, den König noch einmal die Sache
untersuchen zu lassen. Er könne nicht begreifen, daß seine
Privilegien keine Geltung haben sollten, diejenigen der Stadt
mußten unbedingt gefälscht sein. Sie instruierte nun Ende No-
vember 3 Gesandte an den königlichen Hof, welche sich jedoch
vom Markgrafen Bernhard zuerst noch ein Empfehlungsschreiben
ausstellen lassen sollten. Am 1. Dezember berichteten diese Ge-
sandten von Ettlingen aus, daß ihnen der Markgraf dieses abge-
schlagen habe, und wir wissen nicht, ob sie ihre Reise fortsetzten
oder umkehrten- (Fester, Reg. Nr. 3148)
') R. T. Akten VII, 408 Z 8-9.
-) Kopie aus dem jähre 1420 ohne Tagesdatum und Unter-
schrift. Ebenda-
'•^) Altmann, Nr. 4051.
- 59 —
mehr bei ihm erreichen, als daß er am 7. März die Briefe
der Pfandinhaber für ungültig erklärte') und ihnen am
9. März gebot, die Einlösung zu gestatten"-) '^'). Aber diese
Verfügung des Königs brachte der Stadt wenig Nutzen, am
8. Juni mußte sie sich sogar der Forderung Zorns fügen,
vor Sigmund noch einmal ihre Angelegenheit untersuchen
zu lassen; aber es ist wahrscheinlich nicht dazu ge-
kommen.
Dagegen spielte der Streit eine Rolle bei den Ver-
handlungen, welche im Sommer 1420 vor dem Markgrafen
zwischen der Stadt und der Ritterschaft geführt wurden.
Es scheint, daß es diesem auf der Ende August abge-
haltenen Tagung, welche den Streit mit der Ritterschaft
beendete, gelang, die Pfandinhaber zu vermögen, die Ein-
lösung zuzulassen'). Klaus Zorn erklärte zwar in einem
Schreiben vom 4. Dezember an die Stadt, daß er bereit
sei, das Lösegeld in Empfang zu nehmen, wenn es ihm
in Maursmünster oder Zabern ausgehändigt würde. Dennoch
sclieint es, daß er und seine Genossen sich durch Aus-
flüchte und Hinziehen der Verhandlungen, worüber ein
ausgedehnter Briefwechsel vorliegt, dieser Verpflichtung ent-
ziehen wollten.
In ein neues Stadium trat die ganze Sachlage erst
wieder, als Zorn am 26. Januar 1421 der Stadt erklärte
er habe seine Briefe dem Klaus von Hagenowe zum Auf-
bewahren übergeben. Der Rat aber war der Ansicht, daß
^) Altmann, Nr- 4055
') Ebenda Nr. 4056.
3 Die in R- T- Akten VII, 412 erwähnten königlichen Briefe
an Zorn, Härtung von Wangen und Klaus Erbe scheinen Ver-
bote der Fehde gegen die Stadt zu sein- Str- Stadt-A- V. C-
G- B Nr. 48: Sigmund an Walter Erbe, 20- Februar 1420 [Di- vor
Peterstag, ohne Beiwort], befiehlt ihm, von seiner Feindschaft
gegen die Stadt abzulassen.
'y Fester, Reg. Nr. 321 1, 3229 und die andern auf diesen Streit
bezüglichen Rcgcsten.
I
— 00 —
es sich hierbei um eine Verpfändung handele, was Zorn
allerdings in einem Schreiben vom 2. Februar bestritt, und
nahm mit Waffengewalt die 3 Dörfer in Besitz und be-
setzte die Ämter daselbst. Am 10. März ist er sicher als
Besitzer der Dörfer nachzuweisen^).
Walter Erbe und seine Geschwister und Johann Zorn
von Bulach, der die Hälfte des Zornschen Anteils, also
ein Viertel der ganzen F^fandschaft inzwischen erlangt hatte,
begaben sich bald ihrer Anteile"-), nur Klaus Zorn fügte
sich nicht.
Er war zwar Anfang März in der Stadt zur Entgegen-
nahme des Geldes erschienen, aber man konnte sich nicht
über den Kurs desselben einigen, die Stadt wollte ihm
für eine Mark 6 Gulden geben. Nun beschloßt man auf
den Vorschlag des Rates hin, dem Markgrafen Bernhard
noch einmal die Sache zu unterbreiten. Aber zu Ver-
handlungen scheint es doch in der nächsten Zeit nicht
gekommen zu sein, dagegen schädigte Zorn die Stadt
ungeheuer, indem er ihre Bürger fing und ausplünderte und
schließlich ihr Schloß in Illwickershcim besetzte. Am 9. April
1423 fand sodann ein Tag in Ettlingen vor Bernhard statt.
Der Rat ließ sich durch einen Verordneten vertreten, zu
einem Ergebnis kam man jedoch nicht. Man bestimmte
nur, die Parteien sollten sich brieflich ihre Rechte aus-
einander setzen, und dann wollte man wieder zur Beratung
1) Str. Stadt-A. V. C C B 28 Nr- 45.
-) Am 29. März gab Wcrlin von Altenkastel seine Zustimmung
dazu, daß das Erbgut seiner Frau für 300 fl von der Stadt ein-
gelöst werde; Walter Erbe hatte bereits vorher seinen Anteil
seinem Bruder Johann gegeben, und dieser trat beide Anteile für
600 fl am 5- November der Stadt ab- )ohann Zorn, welcher auf
den 24. Januar 1421 in die Stadt auf die Münze bestellt worden
war, um sein Lösegeld in Empfang zu nehmen, muß ebenfalls
um diese Zeit auf seine Anrechte verzichtet haben.
61
zusammen treten, sodaß längstens bis Michelstag der Streit
erledigt sein sollte').
Bald nach dem Tage von Ettlingen hatte sich Straß-
burg mit der Bitte um Hülfe gegen Klaus Zorn an Sig-
mund gewendet, aber erst als es Bernhard nicht gelingen
wollte, eine Verständigung herbeizuführen, erteilte der
Kaiser ihm, unwillig über das lange Hinausschieben
der von ihm angesetzten Tagung-), den Befehl, einen
neuen, letzten Tag anzusetzen. Das hier zu fällende Urteil
sollte laut kaiserlicher Machtbefugnis unbedingte Geltung
haben. Darauf schrieb Bernhard einen Tag auf den 2. Ok-
tober 1 424 nach Baden aus ; aber die Stadt weigerte sich in
einem Brief vom 15. September, diesen Tag zu besuchen,
mit der Begründung, sie habe bereits zu einem in dieser
Sache auf den 27. September in Heidelberg festgesetzten
Tage zugesagt, und verblieb trotz der Mahnung des Nark-
grafen am 22. September auf ihrem Vorsatz. Ob es über-
haupt zu diesem Tag in Baden gekommen ist, wissen
wir nicht.
Der wahre Grund dafür, daß sich die Stadt den Ver-
handlungen entzog, war nicht jener nach Heidelberg aus-
geschriebene Tag. Denn hier sollte sie sich mit Walter
Erbe auseinandersetzen, der, obwohl er mit seinen Ge-
schwistern alle Anrechte auf die Pfandschaft aufgegeben
hatte, trotz alle dem diese wieder erneuerte. Er berief
sich dabei wieder einmal auf den Urteilsspruch des Hof-
^) Darauf wechselten die Parteien je 5 Briefe, die Stadt je
einen am 21. Mai, 4. Juli, 16- September und 2 undatierte, Zorn
je einen am 7. Mai, 21. Mai, 25. Mai, 3. Juni und 7. Juli- Jedoch
zu dem verabredeten Tage kam es nicht- Er wurde zunächst
bis Ostern 1424 und dann noch einmal bis Johanni hinausge-
schoben, konnte aber auch damals nicht abgehalten werden,
da Bernhard um diese Zeit im Kriege lag. (Str. Stadt-A. V. C-
G. B 27 Nr. 43.)
-) Altmann, Nr. 5874.
— 62 —
gerichts vom 18. )anuar 1418, dagegen ließ er die llnt-
scfiädigungssunime von 6 000 fl, welche ihm am 7. März
1418 zugebilligt worden war, ganz außer Acht. Außerdem
erhob er jetzt noch die Anklage, sein Vater wäre auf An-
stiften der Stadt ermordet worden.
Mit dieser Klage wandte sich Erbe im Sommer 1423
an das f~reigrafengericht von Hudem. Er hatte seine
Sache sehr schlau angefangen. Es kam ihm anscheinend
nur darauf an, mehr als die ihm versprochenen 6 000 fl
von der Stadt herauszuschlagen. Da aber das Urteil des
Hofgerichts schon mehrfach für ungültig erklärt worden
war, verquickte er damit die Geschichte von der Ermordung
seines Vaters, die um das Jahr 1380 eine Rolle spielte^).
Ohne Zweifel war die Beschuldigung gegen die Stadt
aus der Luft gegriffen, aber Erbe gab sich der Hoffnung
hin, daß er auf diese Weise eher ein Urteil gegen die Stadt
bei der damals in der höchsten Blüte stehenden Veme
erlangen könne.
Am 31. August erging eine Ladung an die Stadt vor
die Veme auf den 1. fSovember, aber diese erschien nicht.
Was das Vemgericht darauf beschlossen hat, wissen wir
nicht. Ein Schreiben Sigmunds, an welchen sich Straßburg
in dieser Sache wendete, vom 3. Januar 1424 an die Stadt
Dortmund erwähnt einen Brief des Freigrafen Hans von
der Grafschaft Hudem an die Stadt Straßburg. Darin teilte
Sigmund mit, es dünke ihm unbillig, daß man den Straß-
burgern, den „unwissenden Leuten," einen solchen Brief
schicke. Er forderte Dortmund auf, andere Ereischöffen
zu befragen, und wenn man ihm zustimme, eine andere
Sitzung In der Straßburger Angelegenheit anzuberaumen.
Aus demselben Grund befahl er auch dem Freigrafen Hans,
das Verfahren gegen die Stadt einzustellen, der Streit
gehöre vor ihn.
') Straßb. Urk. Vi Nr 54-
— 63
Man scheint in Dortmund des Königs Meinung geteilt
zu haben; nunmehr kam der Steit vor das Freigrafengericht
von Arnsberg. Dieses gab sich alle Mühe, die Stadt zum
Erscheinen zu bewegen. Durch den Freigrafen von Arns-
berg Gerhard den Zeyner wurde der Rat drei mal geladen,
am 26. Januar, 22. Juni und 14. September, unter aus-
drücklicher Berufung darauf, daß 2 Bürger der Stadt,
nämlich Gerhard Schaub und Heinrich von Mülnheim ge-
nannt Landsberg, Freischöffen seien, der Rat also entgegen
der königlichen Meinung unbedingt über das Verfahren der
Veme unterrichtet sein müsse. Zugleich stellte der Erz-
bischof von Köln der Stadt freies Geleite für Hin- und
Herreise in Aussicht. Aber sie erschien doch nicht, ge-
stützt auf die königliche Huld.
Nach der ersten Ladung des Freigrafengerichts von
Arnsberg hatte sich die Stadt wieder an Sigmund ge-
wendet, welchem viel daran lag, daß der Streit nicht vor
der Veme entschieden würde. Er gebot zunächst dem
Freigrafen Gerhard, bis 29. September die Sache ruhen zu
lassen, und hoffte sie in der Zwischenzeit durch den Pfalz-
grafen Ludwig beilegen lassen zu können, welchem er am
15. Mai einen diesbezüglichen Auftrag erteilte*). Aber der
König täuschte sich, das Freigrafengericht mißachtete
seinen Befehl, und nach zweimaliger erfolgloser Ladung
wies es die Stadt Straßburg an, innerhalb einer bestimmten
Frist ihren Verpflichtungen gegen Walter Erbe nachzukommen.
Zu einer Verurteilung scheint es also zunächst nicht ge-
kommen zu sein, jedoch bleibt es dahingestellt, ob ihre
Unterlassung von den sich jetzt entwickelnden Verhält-
nissen oder von dem Briefe Sigmunds abhing, welchen
er an den Freigrafen richtete, und worin er befahl, nichts
mehr zu Ungunsten der Stadt zu unternehmen.
In gleicher Weise gelang es auch nicht, bis riichaelis
eine Verständigung zwischen Erbe und der Stadt zustande-
1) Altmann, Nr- 5844-
— 64 —
zubringen. Der bereits erwähnte Tag vor dem Pfalzgrafen
fand am 27. September statt. Der Rat, weicher offenbar
Gewicht darauf legte, daß ein Freischöffe bei den Verhand-
lungen zugegen war, ließ sich durch Heinrich von Müln-
heim genannt Landsberg, Hans Sturm, Lohnherr, und Hug
und Claus Schanlit Altammeister, vertreten. Erbe erhob die
nämlichen Anklagen wie vor der Veme, forderte aber statt
20000 fl Entschädigung gleich das Doppelte. Der Pfalz-
graf, der viele seiner Räte berufen hatte, erklärte nach zwei
Tagen, daß er zwar betreffs der Ermordung des Johann
Erbe, des Vaters Walters, ein Urteil fällen wolle, aber nicht
über den zweiten Anklagepunkt, da sich hierbei zwei Ur-
kunden, nämlich die des Hofgerichts vom 18. Januar 1418
und die Sigmunds vom 19. )uni 1418, direkt entgegen-
ständen, und verwies die Parteien zurück vor den Kaiser
mit dem Bemerken, „daß die briefe beider parteien ände-
runsen bedürfen". Gegen die Veme nahm er insofern
Stellung, als er den Parteien verbot, vor einem andern
Gericht als dem königlichen eine Entscheidung zu suchen.
Auch Sigmund scheint jetzt zunächst ratlos gewesen
zu sein, was er tun solle, wie aus einem undatierten
Schreiben an den Pfalzgrafen hervorgeht, worin er bei diesem
anfragt, mit welchen Leuten er das Gericht besetzen solle,
wenn beide Parteien jetzt vor ihn kämen.
Nachdem dann ein zweiter Tag vor dem Pfalzgrafen
stattgefunden hatte, von dem wir nur wissen, daß Claus
Schanlit, Altammeister, Gerhard Schaub und Adam Rife Ver-
treter Straßburgs waren, dessen Ergebnis aber jedenfalls
auch ein negatives war, setzte der Kaiser am 21. Januar
1425 einen neuen Tag an seinem Hof auf den 18. )uni
fest, zunächst nur für den Rat und Walter Erbe, und nach-
dem inzwischen auf seinen Befehl auch der Rat und Claus
Zorn ergebnislos vor dem Bischof von Straßburg getagt
hatten, teilte er diesem am 13. Mai mit, daii er auch Zorn
auf den 18. Juni vor sich bestellen werde.
— 65
Der Rechtstag am kaiserlichen Hof zu Ofen fand erst
am 30. August statt^). Hier wurden Erbe alle Anrechte
an die Fähre aberkannt und die Urteilssprüche, welche er
vor der Veme gegen die Stadt erlangt hatte, aufgehoben-).
Alle auf den Streit bezüglichen Schriftstücke soll er bei
Tue zum Altenscholtheißen in Mainz bis znm Tage der
heiligen 3 Könige 1426 abliefern, und die Stadt zahlt ihm
bis dahin die 6000 fl, die ihm auf der Richtung vom
7. Harz 1418 als Entschädigung zuerkannt worden waren.
Diese hinterlegte sie, wie ausgemacht war, am 5. Januar
1426 in Mainz bei Tile.
Daraufhin schwuren sich am nächsten Tage, dem
31. August, die Stadt und Walter Erbe Urfehde. Die 6000 fl
aber schlug am 1. September der König auf die Pfand-
schaft der drei Dörfer, sodaß die Pfandsumme jetzt 17 600 fl
betrug, ohne das, was die Stadt den Pfandinhabern an
Lösegeld zahlen mußte. Wie der Streit mit Claus Zorn
ausging, wissen wir nicht. Er erreichte aber damals sein
Ende; im August 1426 treffen wir Zorn als Kriegsmann
in städtischen Diensten, er zog im Auftrage der Stadt
gegen die Hussiten nach Böhmen'^).
Von den übrigen Dörfern des Amtes Illkirch kaufte
die Stadt das Dorf Schiltigheim von ihrem Bürger Peter
Völtschen für 4900 Goldgulden als Allod mit Urkunde vom
2. September 1501^). Sie erwarb damit den Gerichtsbann
^) Altmann, Nr 6398.
-) Der Frankfurter Schöffe Walter Schwarzenberg ist um
diese Zeit dem Kaiser in Sachen des Streites dienstbar, ohne
daß wir wissen, worum es sich handelt. Vielleicht hat er mit
der Veme verhandelt, vielleicht auch mit Tile zum Altenscholt-
heißen. Altmann, Nr. 6076 und Frankfurter Reichskorrespon-
denz I, S. 343.
^) Fester, Reg. Nr. 3939.
^) Quelle für den Erwerb der Dörfer Schiltigheim und Adels-
hofen sind bereits im 16. Jahrhundert gemachte Urkundenaus-
5
— 66 —
über das Dorf, das Schloß daselbst und eine Reihe grund-
herrlicher Rechte, wie aus einem Einnahmeverzeichnis vom
Jahre 1502 hervorgeht.
Auf dem Dorf lasteten noch 25 fl \/., ß jährlicher Ab-
gaben, welche Straßburg am 9. März 1502 von Ursula
Langnawerin für 200 Goldgulden einlöste. Ferner besaßen
die Klöster von St. Agnesen und St. Margarethen zu Straß-
burg einen großen Dinghof daselbst. Auch diesen kaufte
der Rat am 2. Movember 1527 an und wurde somit Grund-
herr fast des ganzen Dorfbannes. Auch über die Pro-
venienz der gerichtsherrlichen Rechte gibt jener „Bericht"
einen Aufschluß, den ich hier wiedergeben möchte.
Danach gehörte das Dorf Schiltigheim u; sprünglich
dem Stift von St. Stefan zu Straßburg zu'), welches die
Herren von Ochsenstein damit belehnt hatte. Diese gaben
das Lehen weiter an Georg von Hohenstein, welcher seiner-
seits Philipp von Kageneck mit zwei Dritteln und das Ge-
schlecht der Armbroster mit einem Drittel belehnte-). Dieser
Philipp von Kageneck besaß später auch das letzte Drittel
des Dorfes, ohne daß wir wissen, wie er dazu gekommen ist.
Am 16. März 1498 nun belehnte Georg von Hohen-
stein den Peter Völtschen von Straßburg mit den zwei
Dritteln des Dorfes, wahrscheinlich im Einverständnis mit
züge, wie solche auch von den drei Dörfern an der 111 vorliegen.
Str. Stadt'A. V. C G. B 31 Nr. 15.
^) Angeblich schenkte Kaiser Lothar das Dorf dem Stift
von St Stefan, Str. Stadt-A. Argentorensia historico -politica
tom. 1 (37), kurzer „Bericht" aus dem 17. Jahrhundert, wahrschein-
lich von dem Straßburger Geschichtsschreiber und Archivar Jakob
Wencker selbst gemacht. Er geht dabei also auf die gefälschte
Urkunde des Kaisers Lothar vom 15. Mai 845 für die Frauenabtei
St. Stefan in Straßburg zurück, Straßb Urk. 1 Nr. 25. Vgl. W.
Wiegand, die ältesten Urkunden für St- Stefan in Straßburg Z. G- 0.
N. F. 9, S. 389 ff. — Im 13. Jahrhundert hatte das Stift Besitz in
Schiltigheim. Wiegand, S. 421, 424.
-) Str. Stadt'A. V. C G- B 31 Nr. 15.
- 67
Kageneck, welcher sie bis dahin von ihm zu Lehen trug.
Darauf kam es zwischen Kageneck und Peter Völtschen
zum Vertrag, infolgedessen jener ihm am 27. Mai 1498
„allen und jeden Lehensanspruch", welchen er bis dahin
an das Dorf hatte, abtrat. Ob er dafür eine Entschä-
digung erhielt, wissen wir nicht. Am 17. August setzte er
den Lehensherren, von dem er das letzte Drittel zu Lehen
hatte, wahrscheinlich einen Armbroster, davon in Kennt-
nis; dieser muß nun seinerseits den Peter Völtschen damit
belehnt haben, worüber wir jedoch ohne Nachricht sind.
Somit war zu Ende des Jahres 1498 das ganze Dorf
Schiltigheim ein Lehen des Peter Völtschen. Als aber 1501
nach dem Aussterben des Ochsensteinischen Stammes dessen
lehensherrliche Rechte an zwei Dritteln des Dorfes wieder
an das Stift St. Stefan zurückfielen, hat dieses sie mit Ur-
kunde vom 15. August dem Völtschen als Allod für 900
rhein. Gulden cum consensu episcopi verkauft. Am 21 . August
machte Völtschen diesen Kauf öffentlich bekannt und am
24. August erklärte sich Georg von Hohenstein mit dem
Kauf einverstanden und verzichtete zugleich auf jeden wei-
teren Anspruch an das DorL Es scheint, daß Völtschen
auch das andere Drittel, welches er zuerst als Lehen inne-
hatte, später käuflich erworben hat, da nirgends erwähnt
wird, daß die Stadt dafür Lehensmann eines anderen
wurde.
Das Dorf Adolfshofen oder Adelshofen , das heute
verschwunden ist, damals aber unmittelbar nördlich von
Straßburg lag, gehörte ehedem dem hohen Stift von Straß-
burg, welches dasselbe den Herren von Ittenheim zu Lehen
gegeben hatte. Aber diese konnten die Gerichtsherrschaft
über das Dorf nicht aufrecht erhalten, die Einkünfte der
Herrschaft wurden allmählich im kleineren Maßstabe fast
ganz verpfändet, und so wurden aus dem einen Gerichts-
herrn mehrere, von denen jeder seine gerichtsherrlichen
Rechte auszuüben wünschte. Häufig waren diese Anrechte
5*
•- 68 —
an das Dorf auch noch mit grundherrlichen Renten ver-
bunden.
Die letzten Anrechte derer von Ittenheim verkaufte
am 7. Juli 1488 Stefan von Ittenheim, suo et agnatorum
nomine cum consensu episcopi et capituli, an )akob Kri-
stocken, Domherren von St. Thomas zu Straßburg, für 16 Pfd.
Dieser hatte am 27. November das Hägelin, einen inner-
halb des Dorfbannes gelegenen Dinghof, von den Edlen
von Eckvversheim für 110 Goldgulden erworben, verkaufte
aber bald seine sämtlichen Rechte an Elwin Hustelin,
welcher sie seinerseits durch Urkunde vom 1 . November
1491 an Erwlin von Heßberg für 770 Goldgulden ver-
kaufte.
Weiter verkaufte ein gewisser Karl Kastner an Kuntz
Weinmoßen 25 Goldgulden von den jährlichen Einkünften
auf dem Hägelin und zu Adelshofen für 500 Goldgulden
laut Urkunden vom 1 1. September 1492 und 26. Mai 1493
und am 10. September 1494 ,,etevven canonicis" zu St. Stefan
2Vo Goldgulden Rente für 20 Goldgulden.
Der Bericht gibt keine Nachricht über den Erwerb des
Dorfes durch die Stadt Straßburg, dagegen zeigt folgende
Stelle aus einem Rechnungsbuche des Amtes lllkirch, daß
die Stadt in Adelshofen im )ahre 1502 festen Fuß gefaßt
hatte: „eingenommen zu Adolfshofen anno secundo: item
2 lib zu betten habent geben Wigen Hans, Schultheiszen
Hans, die geschworenen, und Scheffers Jacob, der burger-
vogt". Wir können daher mit Grund annehmen, daß
die Stadt auch in Adelshofen alle jene zersplitterten Ge-
rechtigkeiten allmählich angekauft hat.
Inzwischen war das Hägelin in den Besitz der Zorn
übergegangen. Am 19. Eebruar 1505 kaufte die Stadt
diesen Dinghof von Johann Zorn von Wyhersburg und seiner
Schwester Erau Magdalene, Hermann Hustelins Gemahlin,
für 220 Goldgulden und am 10. April von Caspar Zorn
und seiner Frau Gertrud Wormserin von Schäftolsheim einen
— 69 —
anderen Dinghof, den „Freihof bei dem Hägelin", für
230 Goldgulden.
Die beiden Dörfer Ittenheim und Handschuhsheim
kaufte der Rat mit Urkunde vom 9. September 1507 von )akob
Beger, Vogt der Achtgeschworenem, und Jungfer Ursula, Mel-
chior Begers von Geispolzheim Tochter, für 2200 Pfd. Über
die Geschichte dieser Dörfer ist weiter nichts überliefert.
Die beiden Dörfer Niederhausbergen und Dorlis-
h e i m standen außerhalb des einheitlich organisierten Amtes lll-
kirch, zu welchem die 7 Dörfer um Straßburg vereinigt
waren, wurden aber trotzdem von dem Vogt dieses Amtes
verwaltet.
Nach Grandidier war Niederhausbergen ein altes Reichs-
dorf, welches sich im )ahre 1489 freiwillig unter den Schutz
der Stadt stellte und dafür ein jährliches Schirmgeld zahlte.
Aus einem Einkommenverzeichnis dieses Dorfes aus dem
)ahre 1503 geht hervor, daß Straßburg die Gerichtsbarkeit
daselbst hatte und außerdem noch eine Menge Eigengüter,
die verpachtet waren.
Das Dorf Dorlisheim gehörte in der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts nur teilweise zu Straßburg. Im 14.
Jahrhundert war es im Besitze der Grafen von Leiningen,
welche ihre Gerechtigkeiten jedoch allmählich verkauften ^)
\) Eine Urkunde vom 2. November 1336 besagt, daß Nikolaus
von Gronstein 14 Pfd. Renten zu Dorlisheim hat, welche auf
Martini fällig sind und mit 140 Pfd. abgelöst werden können. Am
81. Dezember 1339 verpfändete Friedrich von Leiningen, Domherr
zu Worms, dem Hans von liülnheim 12 Pfd. jährliche Gefälle für
120 Pfd. Silber, Hans bestätigte dieses am 4. Februar 1340. Am
26. Januar 1340 gaben Friedrich von Leiningen und sein Bruder
(welcher ?) demselben Hans die „Aatzt" für 20 Pferde zu Dorlis-
heim. Am 26. Januar 1348 hat Johann von Rosheim 2 Gulden
Rente in Dorlisheim gekauft. Am 28- Januar 1386 kaufte Klaus
von Gronstein von Hans von /iülnheim die 12 Pfd. Rente und die
Herberge, und am 12. Hai 1396 von Johann Zuckmantel 7 Pfd.
Rente- 1431 werden wieder die Mülnheim und 1455 der Vogt
— 70 -
und im jähre 1372 den letzten Rest davon veräußerten,
indem Gottfried von Leiningen dem Klaus und Götz ge-
nannt von Gronstein Vogtei, Gericht und Herberge zu
Dorlisheim mit Urkunde vom 15. Februar für 150 rhein.
Gulden verkaufte. Diese Zersplitterung der landesherrlichen
Gewalt nahm nun einen immer größeren Umfang an. Im
Jahre 1467 bezogen 24 verschiedene Herren die Renten
des Dorfes, die sowohl grundherrlicher als auch gerichtsherr-
licher riatur waren.
Am 2. Mai 1496 faßte Straßburg auch in diesem Dorfe
festen Fuß, indem es die Anrechte der Ursula Willekin für
250 fl kaufte. Ähnliche Ankäufe wurden bis zum )ahre
1576 gemacht, und es scheint, daß Straßburg damals
alleiniger Besitzer des Dorfes war').
8. Das Amt Wasselnheim.
Das Amt Wasselnheim setzte sich zusammen aus den
Dörfern Wasselnheim, Brechungen, den halben Dörfern
Friedolsheim und Ittelnheim,-) dem Schloß zu Was-
von St. Arbogast, der 6 Pfd. Rente hat, neben dem Gronstein als
Rentenempfänger von Dorlisheim genannt.
1) Die Stadt Straßburg kaufte außerdem: 1497 von Burckard
von Echelberg ' 24 für 24 fl 3 ,A 11. März 1502 von Hans von
Mittelhausen ^ 24 für 100 fl, 14. Dezember 1503 von Wendling
von Mülnheim ^^4 für 100 fl. 19. April 1504 von demselben V24
für 100 fl, 21. )anuar 1504 von jakob zur Megde ^ ..>4 für 212 fl,
1528 von Hans Nagell von Königspech V24 für HO fl, 16. Januar
1556 V4am ganzen Dorf von Klaus Werlin, Straßburger Bürger,
für 900 fl, 10. August 1556 ^ 24 vom Stift zum jungen St- Peter
für 160 Pfd., 4. Dezember 1563 ' ji vom Kloster St. Arbogast für
100 Pfd., 8- September 1568 V24 von Otilia, Witwe des geschworenen
Vogtes Gallen von Rechemburg für 80 fl, 11. Mai 1576 vom
Kloster Hohenforst dessen Anteil am Zehnten von Dorlisheim
für 3200 fl.
-) Dieses Dorf war im 17. Jahrhundert ausgestorben und
vernichtet. Str. Stadt-A. Argentorensia bist- politica Tom. 11 (45).
Heute besteht es wieder.
71
selnheim, ferner aus dem Dorf Zehnacker und dem
halben Dorf Flexburg.
Am 1. Juli 1503 kaufte Straßburg von Bernhard
Muchenheimer von Zweibrücken und seiner Frau )ohannette
geborene von Sarwerden und Frau von Finstingen das Dorf
Zehnacker für 430 Goldgulden. Von den Einkünften des
Dorfes waren 5 fl den Erben eines gewissen Johann Kerlin
verpfändet und 4 fl einem Straßburger Monnenkloster.
Von Flexburg besaß der Rat eine Hälfte, die andere
gehörte den Edelen von Landsberg. Es ist nicht bekannt,
wann die Stadt diese Hälfte erworben hat, sie besaß die-
selbe jedoch schon im Anfang des 1 6. Jahrhunderts.
Die anderen vierDörferunddasSchloßzuWasseln-
heim waren ein Reichslehen, womit König Maximilian die
Stadt Straßburg mit Urkunde vom 29. März 1497 belehnte.
Da, wie bereits erwähnt, die Stadt nicht als lehensfähig
galt, so hatte der Kaiser am 2. März 1495 bestimmt, daß
der Rat einen Bürger der Stadt, welcher dem Adel ange-
hörte, beauftragen sollte, für ihn den Lehenseid zu leisten,
welcher Lehensträger hieß, in der Folge wurde es so ge-
halten, daß die Stadt dem Kaiser jedesmal Mitteilung machte,
wenn der derzeitige Lehensträger gestorben war, ihn um
Bestätigung des Lehens bat und einen neuen Lehensträger
vorschlug. Erklärte sich der Kaiser mit der Wahl des Rates
einverstanden, was, soweit es sich feststellen läßt, regel-
mäßig geschah, so erneuerte er das Lehen und beauftragte
den Lehensträger, vor irgend einem von ihm bestimmten
Fürsten oder Herren den Lehenseid für seine Stadt abzu-
legen.
Der erste Lehensträger war Friedrich Bock, der am
11. April 1496 den Lehenseid ablegte. Nach dessen Tode
legte Weyrich Böcklin am 24. April 1507 vor Heinrich
von Hennenberg, des hohen Stiftes „schulherre," den Eid
ab. Sein Nachfolger wurde Johann Bock, den Karl V. am
14. März 1521 auf dem Reichstag in Worms bestätigte,
-- 72 —
wobei er zugleich das Lehen erneuerte. Als er gestorben
war, bat der Rat in einem Briefe vom 31. Oktober 1543
den Kaiser, den )akob Sturm zum Lehensträger zu er-
nennen. Ferner bestätigte der Kaiser am 26. März 1555
auf Bitten des Rates den Heinrich von Mülnheim, Städt-
meister, als Lehensträger und beauftragte mit einem Briefe
desselben Datums den Heinrich von Fleckenstein, Landvogt
im Untelsaß'), jenem den Eid abzunehmen, und ebenso be-
stätigte am 17. Oktober 1580 Kaiser Rudolf IL den Hans
Philipp von Kettenheim, der bis zum 12. Februar 1581 den
Lehenseid leisten mußte.
Auch nach dem Tode des Lehensherrn, also des
Kaisers, scheint eine Bestätigung des Lehens nötig gewesen
zu sein, wenn es auch nicht ausdrücklich von Maximilian
festgesetzt war. jedoch bestätigte Karl V. das Lehen, als
er im )ahre 1521 Johann Bock zum Lehensträger ernannte.
Von Ferdinand liegt keine Bestätigungsurkunde vor, wohl
aber von Haximilian iL vom 17. August 1565, worin er
der Stadt erlaubt, bis zum nächsten Reichstag das Lehen
zu behalten, alsdann solle sie von neuem darum bitten.
Ehe es aber zur ersten Belehnung kam, mußte Straß-
burg eine Reihe von Verhandlungen führen, über die wir
ziemlich genau unterrichtet sind.
Die drei Brüder Zeysolf, Georg und Stefan von Adoltz-
heim, die am 1 1 . )uni 1494 von riaximilian mit dem Reichs-
lehen Wasselnheim belehnt worden waren, entschlossen sich
bald darauf dieses zu verkaufen. Sie hatten sich schon
deswegen mit dem Grafen Philipp von Hanau-Lichtenberg
verständigt und auch des Königs Einwilligung erlangt. Als
aber die Sache aus irgend einem Grunde sich zerschlug,
trat Zeysolf in Unterhandlung mit dem Rate von Straß-
burg.
Am 1 7. )anuar 1 495 wurde zwischen beiden Parteien
0 Becker, S. 88.
73 —
ein erstes Abkommen getroffen, auf Grund dessen der An-
kauf des Lehens im wesentlichen erfolgte.
Es wurde vereinbart, daß die Stadt das Lehen mit
allen seinen Gerechtigkeiten, aber auch den darauf ruhenden
Forderungen übernehmen solle. Da es aber Reichslehen
sei, und deshalb die Genehmigung des Königs zum Verkauf
nötig sei, müßten der Rat der Stadt und Zeysolf „fliß an-
keren", diese zu erlangen, auch die Einwilligung des Abtes
des Klosters Hornbach solle Zeysolf einholen.
Dieser hatte als Besitzer eines im Banne von Wasseln-
heim gelegenen Dinghofes eine Gerichtsbarkeit über die
Dinghofhuber, mit deren Ausübung er den jeweiligen In-
haber des Lehens Wasselnheim belehnte. Als Belohnung
erhielt dieser von dem Dinghofmeier im Auftrage seines
Herren, des Abtes, einige Naturalleistungen. Von einem
wirklich bestimmenden Einfluß des Abtes auf die Belehnung
mit dem Reichslehen wird man aber deswegen schon nicht
reden dürfen, weil jene Einwilligungsurkunde des Kaisers
vom 2. März 1495 überhaupt nichts von den Ansprüchen
des Abtes erwähnt, und die Verhandlungen des Zeysolf
mit ihm werden daher nur den Zweck gehabt haben, ihn
zu bestimmen, mit seiner Gerechtigkeit die Stadt Straßburg
und etwa keinen anderen zu belehnen. Ferner wurde bei
dem Vertrag vom 17. )anuar 1495 beschlossen daß die
von Adoltzheim sofort nach Eintreffen der Genehmigung
des Königs und des Abtes dem Rate das Lehen mit allen
dazugehörigen ,,brieffen, rodeln, register oder geschrifften"
übergeben sollen. Dafür zahlt dieser ihnen 7000 fl, näm-
lich 3000 sofort, die übrigen 4000 verzinst er ihnen
mindestens 2 Jahre lang mit 200 fl. Wenn die Brüder
aber den Rest innerhalb dieser zwei Jahre haben wollten, solle
die Stadt sie ihnen geben. Dafür aber sollten sie an
anderer Stelle „gütter Zinsen oder gülten" erstehen und sie
vom Reiche zu Lehen nehmen. Es wurde nicht festgesetzt,
welchen Wert diese haben sollten.
-„ 74 —
flach diesen Abmachungen schickte die Stadt ihren
Ratsfreund Johann Wilhelm von Rottweil zum König, der
sich anscheinend damals in Worms befand. Auch Zeysolf
stellte ihm eine Vollmacht aus, in der er sich verpflichtete,
alles anzuerkennen, was mit dem König beredet würde, und
stellte zugleich darin in Aussicht, daß auch er sich zu
Maximilian begeben oder doch wenigstens seinen Anwalt
hinschicken wolle.
Bereits am 2. März 1495 gab der König seine Ein-
willigung zum Verkauf des Lehens , verlangte aber , daß
die von Adoltzheim mindestens für 2000 fl anderes Gebiet
erstehen und vom Reiche zu Lehen nehmen müßten , und
daß der Rat der Stadt einen Lehensträger bestelle.
Bis zur Abtretung des Lehns jedoch verfloß fast noch
ein ganzes |ahr, ohne daß wir eigentlich wissen warum.
Zevsolf unterhandelte vorerst noch nicht mit dem Kaiser,
dagegen hatte er am 26. Mai 1495 eine zweite Unter-
redung mit dem Rate der Stadt, worüber wir durch einen
Brief desselben an die städtischen Boten am königlichen
Hof in Worms, Georg Beger und Hans Wilhelm von Rott-
weil, von demselben Tage unterrichtet sind.
Zeysolf erhielt damals Kenntnis von der Einwilligung
des Königs, die er billigte, und zugleich wurde vereinbart,
in welcher Weise die Genehmigung des Abtes von Horn-
bach einzuholen sei. Außerdem wurde noch einiges andere
auf dieser zweiten Zusammenkunft festgelegt, so die auf
den Lehen ruhenden Lasten und die Eorm der auszu-
stellenden Vertragsurkunde, und Zeysolf erklärte noch ein-
mal, bald selbst an den königlichen Hof zu gehen. Dieses
letztere war auch der Grund, warum der Rat seine Boten
von den Verhandlungen informierte,
Die Verkaufsurkunde der Brüder von Adoltzheim ist
am 5. Eebruar 1496 ausgestellt. Sie faßt noch einmal die
wesentlichen vorherigen Abmachungen zusammen, besonders
die fremden Rechte an dem Lehen und die Vereinbarung,
— 75 -
die Zeysolf mit dem Abt von Hornbach inzwischen ge-
troffen hatte. Danach sollte die Stadt einen Edelmann
aus ihren Bürgern bestimmen , der dem Mamen nach die
Abgaben aus dem Dinghof des Klosters erhalten sollte,
und den zweifellos der Abt mit seinen Rechten daselbst
belehnte. Nähere Angaben fehlen, dieser Zustand bestand
aber bis zum Ankauf des Dinghofes durch die Sadt im
Jahre 1563. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Forde-
rung des Königs, der Rat müsse einen Lehensträger
bestellen, von dem Abte einfach übernommmen wurde,
und man uird wohl die Vermutung aussprechen können,
daß der Lehensträger des Königs auch der des Abtes
wurde.
Von den fremden Anrechten an Wasselnheim war das
wichtigste das Recht auf 15 Pfd. von den Einkünften und
15 Vierteln Getreide, das am 13. März 1280 Rudolf von
fiabsburg dem Härtung von Wangen als Burglehen zu
Ehnheim für 75 Pfd. Silber verpfändet hatte^). Mit diesem
Lehen waren keine gerichtsherrlichen Rechte verbunden,
sondern der mit Wasselnheim Beliehene hatte diese jähr-
lichen Abgaben zu entrichten.
Am 14. September 1468 bestätigte Kaiser Friedrich 111.
dem Georg von Wangen dieses Lehen und am 18. August
1496 und ebenso am 1. September 1498 Maximilian dem
Friedrich von Wangen und seinen Vettern Hans und Stefan
von Wangen.
Wegen der Lösung dieses Lehens wandte sich die
Stadt bald an den allmächtigen Kurfürsten Berthold von
Henneberg, zu dem sie ihre Bürger, den Ritter Friedrich
Bock und den Altammeister Jakob Wysebach schickte.
Sie erreichten aber ihren Zweck nicht, und der Rat sandte
bald darauf eine andere Botschaft unter Hans von Sickingen
an den Hof, die sich wieder der Fürsprache Bertholds
0 Böhmer (Redlich) Reg. imp. Vi Nr. 1167.
— 76 -
bedienen , zugleich aber an den König selbst wenden
sollte.
Nunmehr gab dieser nach. Am 1. September 1498
entbot er von Freiburg aus den Friedrich, Hans und Stefan
von Wangen nach Straßburg auf den 10. September in
Sachen des Lehens. Am 1 1 . September hat er ihnen da-
selbst die 75 Pfd. ausgezahlt, nachdem ihm diese vorher
die Stadt gegeben hatte, das Lehen gelöst und am selben
Tage noch die Stadt damit belehnt. Es galt in der Folge-
zeit als besonderes Lehen neben dem ersteren größeren.
Die Bestätigungsurkunden sprechen von zwei Lehen und
der Lehensträger hatte für beide den Lehenseid zu
leisten.
Den dritten Teil des Burglehens, nämlich 5 Pfd. Geld
und 5 Viertel Getreide, hatte der obengenannte Georg von
Wangen dem )akob Pfaffenlapp verpfändet, und nach seinem
Tode hatte Hans von Wangen ihm diese Verpfändung be-
stätigt. Als nun jener hörte , daß das Burglehen an die
Stadt gekommen sei, wandte er sich schon an 10. Septem-
ber an diese um Bestätigung seiner Gerechtigkeit. Erst
nach langem Zögern löste der Rat diese für 15 Pfd. Straß-
burger Pfennige mit Urkunde vom 30. März 1530 ein.
Heinrich von Lützelburg hatte auf dem Schloß zu
Wasselnheim den Burgsitz und das Recht, sich hier im
Kriegsfall zu verteidigen. Er hatte ferner ein Gut daselbst,
das „Lützelburger guet" genannt, das außerhalb des Burg-
grabens des Schlosses lag. Eine Beschreibung desselben
aus späterer Zeit gibt genau die Größe an, nämlich 20V^
Acker Feld, 7^4 Acker Reben, 17 Acker Matten und 20
Acker Gärten. Dieser Besitz ging von Heinrich an seinen
Sohn Friedrich über, der ihn am 13. Mai 1506 an Straß-
burg für 1100 fl verkaufte.
Auch das Kloster von Hornbach hatte auf dem Schloß
den Burgsitz, neben einem fiaus und Wirtschaftsgebäuden.
Dieses Recht und den Dinghof des Klosters verkaufte der
^
- 77 ~
Pfalzgraf Wolfgang als Vogt und Schirmherr desselben der
Stadt für 6400 fl 14/^ am 3. Nai 1563.
Von kleineren Verpfändungen werden genannt: 20 fl
„der Sammnung zu den von Offenburg zu Strassburg," die
mit 400tl abzulösen wären, und ]4ß Geld der Herren von
Haßlowe , welche die Stadt beide mit dem Ankauf vom
Jahre 1496 übernahm und jedenfalls eingelöst hat; Belegedafür
sind nicht vorhanden. 1564 kaufte sie ein „vierzal" Reben
von Caspar Zorn.
Neben dem Burgsitz hatte Heinrich von Lützelburg
noch andere Gerechtigkeiten in Wasselnheim. Am 25.
Februar 1504 schrieb Bernhard von Lützelburg der Stadt,
daß seines verstorbenen Bruders Heinrich Kinder in der
Erhebung des ihnen vom Stift in Straßburg verliehenen
Meßtagzolles und anderer Gefälle von ihr gehindert würden,
und bat, dieses abzustellen. Jedoch der Rat antwortete am
21. März, daß er nichts von diesem Rechte der Lützel-
burger wisse, und ersuchte Bernhard, dafür zu sorgen,
daß eine ähnliche Forderung nicht mehr erhoben werde.
Trotzdem mußte sich der Rat dazu bequemen, die Gerechtig-
keit der Lützelburger anzuerkennen. Am 29. Januar 1519
bot der bereits genannte Friedrich von Lützelburg , Amt-
mann zu Saarburg, der Stadt jene zum Verkaufe an: der
Zoll trage mitunter lOOfl im Jahre, und für 4000 fl wolle
er ihn verkaufen.
Der Rat zeigte sich bereit, diese Gerechtigkeiten an-
zukaufen, da aber der Schultheiß von Wasselnlieim, über
die Höhe der Gefälle befragt, einen weit ungünstigeren Be-
richt entwarf, nahm er wieder davon Abstand. Erst im
Jahre 1586 wurden die Verhandlungen wieder aufgenommen,
welche damals eine Verpachtung der Gerechtigkeiten an die
Stadt auf 6 Jahre bezweckten.
— 78 —
9. Das Amt Marlenheim.
Das Amt Marlenheim bestand aus den 8 Dörfern
Marlenheim, Kirchheim, Mordheim, Romansweiler,
Koßweiler'), Danne-), Odratzheim und Münch-
hofen.
Die sechs ersten Dörfer waren altes Reichsgut. Marlen-
heim, Kirchheim und Nordheim unterstanden dem Reich
bis zum jähre 1276. Damals verpfändete mit Urkunde
vom 5. August König Rudolf unter Zustimmung von fünf
Kurfürsten, nämlich der Erzbischöfe von Mainz, Köln und
Trier, des Pfalzgrafen Ludwig und des Herzogs Albrecht
von Sachsen, dieselben den Edelleuten Graf Heinrich von
Veldenz und den beiden Brüdern Heinrich und Walter von
Geroldseck. Die Pfandsumme betrug 300 Mark Silber,
welche diese für den König ausgelegt hatten '). Bereits am
1. Mai 1287 erlaubte Rudolf dem Grafen Heinrich von
Veldenz die 3 Dörfer allein an sich zu lösen, und er-
mächtigte mit Urkunde von demselben Datum den Edel-
mann Otto von Ochsenstein, seinen Schwestersohn, die
Dörfer Romansweiler, Danne und Koßweiler, welche dem
Simon und Walram von Geroldseck für 200 Mark Silber
verpfändet waren, an sich zu lösen und als Reichspfand
zu besitzen^).
Wie sich die weitere Geschichte der sechs Dörfer gestal-
tete, darüber fehlt es an direkter Überlieferung, aber es läßt
') Altmann, Nr. 3598 nimmt irrtumlich Goxweiler statt Koß-
weiler an und Nr. 7820 Rumolzweiler statt Romansweiler.
■-) Das Dorf Danne oder Thanne besteht heute nicht mehr
und scheint ehedem in der Gegend von Wasselnheim gelegen
zu haben. Es ist nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen
Stadt in Oberelsaß. Von den bei Altmann S. 571 zitierten Re-
gesten beziehen sich Nr. 5871 und Nr. 8598 auf das Dorf Danne,
die übrigen auf die Stadt Thann.
•0 Redlich Reg. imp. VI, 1 Nr. 583.
^) Ebenda Nr. 2097. 2098, 2277.
%
— 79 —
sich mit Sicherheit feststellen, daß sich die Ochsensteiner
und die Geroldsecker zur Hälfte in die Pfandschaft der
Dörfer geteilt haben. Denn am 31. Oktober 1333 schlägt
Ludwig der Bayer den Hans und Ottemann von Ochsen-
stein 2000 Pfd. auf die sechs Dörfer und auf Barr und Hoch-
felden, welche auch damals im Ochsensteinischen Pfand-
besitz vom Reiche aus waren'). Ferner erwähnt eine am
20. Februar 1442 zwischen dem Pfalzgrafen Stefan und
den Geroldseckern und Ochsensteinern abgeschlossene
Richtung diese beiden Häuser im Gesamtbesitz der sechs
Dörfer-), endlich sprechen die Verkaufsurkunden der Ochsen-
steiner vom 8. )anuar 1498 und 9. März 1508 von einem
halben Teil der Pfandschaft, welcher ihnen gehörte '').
Aber beide Häuser entäußerten sich nach und nach
eines großen Teiles der ihnen an den Dörfern zustehenden
Gerechtigkeiten. Am 7. März 1314 verkaufte Otto von
Ochsenstein 80 Mark Silber auf Marlenheim, Kirchheim und
Nordheim ^). Am 18. November 1390 verkaufte der Wirt
zum home, Hans Nortwind, aus Straßburg der Frau Wal-
purg geborene von Lützelstein und Frau zu Geroldseck
seine Gerechtigkeiten zu Mordheim, welche er an sich
brachte wegen der Schulden, die der Domprobst Johann von
Ochsenstein und sein Bruder Ottemann bei ihm hatten^).
In den zwanziger [ahren des 15. Jahrhunderts besaß
der Straßburger Bürger Claus Merswin die drei Dörfer Ro-
mansweiler, Koßweiler und Danne. Nach seinem Tode
') Die Nachricht stammt aus einer Zusammenstellung von
auf die Pfandschaft sich beziehender Urkundenauszüge. Str.
Stadt-A. V. C G.A 37 Nr. 81.
-) Vidimus vom 25. Augusi 1539, ausgestellt von dem Abt
des Klosters Hornbach, Johann Kündthäuser, im Auftrage des
Ludwig von Eschau. Str. Bez.-A. G. 1369.
^) Str. Stadt-A. V. C G. A 37 Nr. 81. Kopien aus dem
18. Jahrhundert-
') Kopie im Str. Stadt-A. V. C G. A 37 Nr. 81.
F\
- 80 -^
fielen diese an seine Erben, nämlich seinen Sohn Konrad
und seine Schwiegersöhne Walter von Mülnheim und Adam
Bock, und huldigten den beiden letzteren im Namen aller.
Sie hatten außerdem noch die halbe Vogtei in den Dörfern,
welche vom Kloster Hohenforst herrührte.
Alle diese Anrechte kaufte nun der Graf Johann von
Leiningen und Graf zu Rixingen an, behielt zwei Neuntel
davon für sich zurück und belehnte mit den andern den
Walter von Mülnheim und den Adam Bock. Am 23. Au-
gust 1429 machte er seinen Entschluß allgemein bekannt,
die Lehensleute könnten das Lehen weiter verkaufen und
auch auf ihre Töchter vererben^).
Um dieselbe Zeit erboten sich die Dörfer Marlenheim,
Kirchheim, Nordheim, Romansweiler und Hochfelden, selbst
das nötige Geld aufzubringen, damit man sie von den seit-
herigen Pfandinhabern loslöse, wenn der Kaiser sie wieder
ans Reich nehmen wolle. Es ist zwar erst zum jähre 1 430
überliefert, daß die Dörfer ein solches Anerbieten machten,
aber es ist durchaus möglich, daß vorher schon einmal etuas
ähnliches geschah"). Es würde sich dann leicht erklären
lassen, warum Sigmund am 8. März 1422 dem Heinrich
Beyer von Boppard, der im Auftrage des Pfalzgrafen Lud-
wig 111. damals als Unterlandvogt ins Elsaß kam '), beauf-
tragte, die im Pfandbesitze Walters von Hohengeroldseck
und Eolmars von Ochsenstein befindlichen Dörfer Hoch-
felden, Narlenheim, Nordheim und Romansweiler einzu-
lösen*).
Am 4. Oktober 1430 versprach der Kaiser, der in-
M Str. Bez.'A. G. 1369.
-) Altmann Nr. 7820. Es ist nicht gesagt, daß die Dorfer
der Reichslandvogtei einverleibt sein wollen, daß Sigmund aber
diese Absicht hatte, ergibt sich daraus, daß er die jeweiligen
Landvögte mit der Einlösung beauftragte.
^) Becker, S. 68.
-•) Altmann, Nr. 4754.
— 81 —
zwischen in seinem Entschlüsse geschwankt zu haben scheint^),
auf das erneute Anerbieten der fünf obengenannten Dörfer
eingehen zu wollen und sie aus dem Pfandbesitze des Grafen
Johann von Leiningen , des Grafen Johann von Ochsen-
stein und Tibolts von Geroldseck lösen zu lassen. Am
selben Tage setzte er Graf Johann von Leiningen davon
in Kenntnis und beauftragte Stefan, Pfalzgrafen bei Rhein
und Herzog in Bayern, welcher damals Unterlandvogt war,
mit der Einlösung-), um sie somit der Reichslandvogtei in
Hagenau einzuverleiben.
Am 11. November erneuerte der Kaiser seinen Auf-
trag an Stefan, nachdem anscheinend inzwischen noch
einige andere Dörfer dasselbe Angebot gemacht hatten, wie
die fünf Dörfer; am 13. November gab er allen Pfandinhabern
davon Kenntnis'^). Daraufhin trat am 19. Februar 1431
Graf Johann von Leiningen dem Pfalzgrafen Stefan seine
Anrechte an Marlenheim, Kirchheim, Nordheim, Romans-
weiler, Koßweiier, Danne, Hochfelden und Barr gegen Zahlung
von 1300fl ab^). Die Urkunde spricht von einem 9. Teil,
(„daß wir graffe Johans auch dar an meynen zu haben zu
dem nundeteyle"). Demnach hatte Johann damals schon
seine kurz vorher von den Erben des Claus Herswin er-
worbenen Anteile wieder aufgegeben. Nunmehr teilte Sig-
mund ami 3. Juni allen Dörfern mit, sie sollten von nun
an dem Pfalzgrafen Stefan gehorsam sein"'). Da aber
zwischen Johann und den Ochsensteinern um den Besitz
des Neuntels noch Fehde bestand, so wurde ausgemacht.
^) Am 31. Mai 1424 bestätigte er dem Walter von Gerolds-
eck den Pfandbesitz der Reichsdörfer Hochfelden, riarlenheim,
Kirchheim, Nordheim, Romansweiler, Koßweiier, Danne und Barr-
Ebenda Nr. 5871.
2) Ebenda Nr. 7821, 7820.
3) Ebenda Nr. 7943, 7954, 7955.
4) Str. Stadt-A. V. C G. A 37 Nr. 81.
^) Altmann, Nr. 8598.
I
82
daß bis zur Austragung derselben dem Friedrich von Thnnn
die Kaufsumme übergeben werden sollte. Da dieser die
1300 fl. auch wirklich erhalten und sie in 2 Raten von ^)00 fl.
und 400 fl. an )ohann von Leiningen weitergegeben hat '),
so muß auch der Pfalzgraf Stefan den Besitz eines neunten
Teiles an den sechs für uns in Betracht kommenden Dörfern
angetreten haben, welcher zunächst der Reichslandvogtei
unterstellt wurde'-).
Die nominellen Inhaber der Reichspfandschaft jedoch,
die Geroldsecker und Ochsensteiner, waren nicht zum Ver-
zicht auf ihre alten Privilegien zu bewegen. Am 20. Pebruar
1442 kam zwischen dem Pfalzgrafen, dem Grafen Georg
von Ochsenstein und den beiden Brüdern Georg und Die-
bold von Hohengeroldseck ein Vertrag zu stände, demzufolge
^) Ein Schriftstück mit der Aufschrift „zu Veldenz im ge-
welbe" gibt folgende Urkundenauszüge:
item ein briefe, als min herre Steffan [dem] Friedrich von
tanne 1300 g, die er hynder ine gelegt hat. item ein quitantz,
darin graue Johans von Leiningen zu Rüxingen m gn. h. Steffan
quitiert 900 g., die er ime geben hat, als von cyns ncundenteyls
wegen der dörffer Marley Northey etc. und doch die gantz some
die sich vor das neundeetheyl geburtt noch nit gantz ußge-
richtet.
item aber ein quitantz von graue Johann von Leiningen
besagen 400 g., die er uff die 900 g. von Steffan empfangen habe
von des nunden teyls wegen der dörffer H. N. etc. Ebenda. Da
also, wie es scheint, Stefan aus eigenen Mitteln die 1300 fl auf-
brachte, so konnte auf die Dauer keine Rede davon sein, daß
die Dörfer mit dem Reich wieder vereinigt wurden, und Stefan
schlug aus den Privilegien Sigmunds für sich Kapital.
-) Dem Walter von Nülnheim und Adam Bock blieben die
drei Dörfer Romansweiler, Koßweiler und Danne 90 Pfd. 2^0/^ von
den Gefällen an Nartini 1429 schuldig. Am 26. September 1433
erschienen jene vor den Straßburger Gerichten und klagten auf
Zurückerstattung. Im Namen der drei Dörfer erschienen Hans
Tronser, Zinsmeister der Reichspflege, und Bernhard Kranichen
von Küchen, des Pfalzgrafen Stefan Hofmeister- Str. Bcz-A.
G. 1369.
— 83 —
Stefan sich verpflichtete, diese einstweilen in ihrem Besitze
zu lassen. Somit war weiteren Versuchen, die Dörfer wieder
dem Reiche direkt zu unterstellen, der Boden entzogen,
und der Pfalzgraf scheint nunmehr das von ihm gekaufte
Neuntel an den Dörfern seinem eigenen Gebiet einverleibt
zu haben.
Der Ochsensteiner und die beiden Geroldsecker erkannten
in jenem Vertrag den Pfalzgrafen im Besitze seines neunten
Teiles an und versprachen außerdem, jederzeit gegen Zah-
lung von je 2000 fl ihre Anteile an den Dörfern ihm ab-
zutreten. Dafür belehnte Stefan sie mit je einem Drittel der
Burg, welche er sich kurz vorher in Marlenheim erbaut hatte.
Das letzte Drittel jedoch behielt er für sich selbst. Sobald
er ihnen aber ihren Anteil an den Dörfern abkaufen würde,
sollten auch die beiden Lehen an ihn zurückfallen. Darauf
wurde von den drei Parteien ein Burgfrieden beschworen^).
Stefan traf nunmehr Anstalten, in die teilweise ver-
pfändeten Einkünfte Ordnung zu bringen-).
Aber es gelang den Pfalzgrafen nicht, auf Grund des
Vertrages von 1442 die Pfandschaft an sich zu lösen.
Daher veräußerten sie den neunten Teil, welchen sie daran
besaßen, und im Jahre 1485 übergab der Pfalzgraf Ludwig,
der Sohn und Erbe jenes Stefan, dem Hans Rudolf von
Endingen frei das Recht, dieselbe einzulösen. Dieser war
zunächst willens, nur einen neunten Teil an sich zu lösen
und suchte dazu die Zustimmung Kaiser Friedrichs III.
nach, welche ihm am 24. Januar 1487 erteilt wurde.
^) Auszug der darüber ausgestellten Urkunde in der (S. 82,
Anm. 2) genannten Zusammenstellung.
-) So vereinbarte er mit den Erben des Heinrichs von
Nülnheim, welche eine Rente auf Narlenheim, Kirchheim und
Nordheim hatten, daß diese von nun an nur noch 65 Pfd. betragen
solle. Außerdem wird ein Vertrag mit einigen nicht genannten
Straßburgern erwähnt wegen einer Rente von 230 Pfd., die von
den Einkünften aus Romansweiler, Koßweiler und Danne fiel
6*
84 —
85
Zugleich sanktionierte Friedrich die Übertragung des
Losungsrechtes vom Jahre 1485, erkannte, anscheinend
aus Unkenntnis der Sachlage, den Vertrag von 1442
somit an und verzichtete auf die Pläne Sigmunds, die
sechs Dörfer dem Reiche zu unterstellen').
Aber auch Hans Rudolf von Endingen gelang es
nicht, einen neunten Teil, viel weniger die ganze Pfandschaft
an sich zu lösen, dagegen verkaufte er am 5. |uli 1491 der
Stadt Straßburg für 55 Goldgulden sein Losungsrecht und
außerdem seinen Anteil an der Burg in Marlenheim,
welchen er anscheinend auch von dem Pfalzgrafen Ludwig
erhalten hatte'-).
Erst die Stadt erreichte nun , was alle anderen nicht
fertig gebracht hatten. Schon an demselben Tage erwarb
der Rat, anscheinend im Zusammenhang mit dem Ankauf
des Losungsrechtes, von dem Altammeister Marx Körnlein
dessen halben Teil an dem dritten Teil an der Burg zu
Narlenheim und das Vorgebot für einen neunten Teil,
welchen Körnlein an den sechs Dörfern besaß'). Diesen
Anteil hat die Stadt auch später gekauft, wenngleich es
an direkten Nachrichten darüber fehlt. Das Meuntel aber
ist zweifellos dasjenige des Grafen )ohann von Leiningen,
welches der Pfalzgraf Stefan 1431 erworben hatte. Wir
wissen nicht, an wen es die Pfälzer veräußerten. Körnlein
hatte seine Anrechte an der Pfandschaft am 25. August
1480 von dem Grafen Eberhard von Württemberg für
900 fl gekauft'), und nach Schöpflin hatte Ulrich von
^) Vidimus aus derselben Zeit, Str. Stadt-A , V. C. G. A 37
Nr. 81. Die Urkunde spricht von der ,,loßung und gerechtigkcit
des dorfs Marie mit seinen rechten, nutzungen und zu-
gehörungen .... mit sambt dem burgstadl zu Marie, mit seinem
begriff und aller zugehörung.'* Chmel, Regesta Friderici 111.
Nr. 7915 gibt ein Regest der Urkunde, spricht aber nur von dem
Dorf Marlenheim, obwohl die sechs Dörfer damit gemeint sind.
'^) Auszug wie S. 79, Anm. 1.
•*) Ebenda.
Württemberg seine Anrechte von Hofwarth von Kirchheim
im )ahre 1468 erworben^).
Nominell waren die Ochsensteiner und Geroldsecker
freilich immer noch im Besitze je einer Hälfte der Pfand-
schaft Marlenheim, von tatsächlichen Rechten aber muß
ihnen nur noch ein kleiner Teil zugestanden haben, wäh-
rend der größere Teil anderweitig verpfändet war. Diese
Zustände waren für die Dörfer selbst keineswegs von
Nutzen, und sie konnten es daher nur begrüßen, daß am
8. Januar 1498 die Stadt Straßburg die Hälfte des An-
teiles der Ochsensteiner von dem Grafen Heinrich von
Zweibrücken und Herrn zu Bitsch und Ochsenstein,
welcher damals im Besitze desselben war, ankaufte. Der
Kaufpreis, welcher nach dem Vertrag von 1442 nur
1000 f! betragen sollte, war jedoch 1350 fl, und die
Stadt erwarb zugleich das Vorkaufsrecht für die andere
Hälfte des Ochsensteiner Anteiles-).
in den Kauf waren noch einbegriffen ein Viertel von
dem kleinen Dorf Münchhofen und das halbe Krontal,
welches nur grundherrlicher Besitz war. Auf dem Krontal
ruhte eine Rente von 4 fl, welche die Stadt auch einlösen
konnte.
Die zweite Hälfte des Ochsensteinischen Anteils
1) Als. illustr. tom. II., S. 212. Hofwarthus eam Ulrico,
comiti Wirtenbergensi, Anno 1468, Eberhardus, Ulrici filius,
Marco Kerlingio vendiderunt
-) Auf dem von der Stadt erworbenen Teil stand eine
Rente des Grafen Philipp von Hanau, des Vetters des oben-
genannten Heinrich, und eine von 6 fl der Clymmin, einer Straß-
burger Bürgerin, welche aus der Kaufssumme mit 600 fl bezw.
112 fl von Graf Heinrich eingelöst wurden, außerdem noch
5 fl, welche Peter Völtsche auf Romansweiler hatte, und die
mit 100 fl einzulösen waren. Heinrich versprach, die Rente
von 5 fl von dem ihm verbleibenden Anteil zu zahlen, wenn
sie aber die Stadt dem Völtschen abkaufen wolle, dann sollte er
sie der Stadt zahlen.
— 86 —
verkaufte am 9. Harz 1508 Heinrichs Sohn Georg, Graf
von Zvveibrückcn und Herr von Bitsch und Ochsenstein,
der Stadt Straßburg für 1400 fl. Auch in diesem Kauf
war ein Viertel von Münchhofen und die zweite Hälfte des
Krontales einbegriffen. Die Stadt erhielt außerdem noch
das Recht, alle weiteren auf dem ochsensteinischen Teil
der Dörfer lastenden Verpfändungen für sich einzulösen.
Wir wissen nicht, welche Verpfändungen allmählich die
Stadt noch ankaufte, jedoch entwickelten sich die Verhält-
nisse so, daß sie fünf Neuntel von den 7 Dörfern im An-
fang des 16. Jahrhunderts besaß, während der gerolds-
eckische Anteil nur vier rieuntel betrug. In diesem Maß-
stabe wurden alle Einkünfte aus dem Amte zwischen der
Stadt und dem Bischof geteilt, welcher damals den Gerolds-
ecker Anteil innehatte und anscheinend auch alle darauf
ruhenden früheren Verpfändungen eingelöst hat.
So kam es denn, daß der Rat schließlich glaubte, daß er
von den Leiningern eigentlich ein Neuntel, von den Ochsen-
steinern aber vier Neuntel erworben hätte, wie sich aus
dem Konzept einer wahrscheinlich nicht ausgestellten Ur-
kunde ergibt, welches im Jahre 1539 in Straßburg ent-
standen ist, und worin Kaiser Karl V. der Stadt den Besitz
der fünf Neuntel bestätigen und zugleich versprechen sollte,
daß, wenn der Rat auch noch die vier 'letzten Neuntel an
sich bringen würde, er oder seine Nachkommen die ganze
Pfandschaft nicht eher an sich lösen würden, als bis sie
dieselbe bei dem Reiche zu behalten gedächten').
^) „darauf dann unsere und des Reichs lieben getrcwen
Maister und Radt derselben Stadt Str. vor etlichen jaren Funf-
thail an den Neunthailen obberurter Pfandschaft von den herr-
Schäften Ochsenstein Bitsch und allten Leiningen an sich er-
lößt und jetzo in willens sein, die andern Vierthail sollicher Pfandt-
schafft, so von der herrschaft Geroldseck harruren, auch an sich
zu ledigen und allso die Pfandtschafft den Undcrthanen zugut
in ain band zusammen zu pringen." Das Konzept ist ohne
87 —
Die Geroldsecker Hälfte von der Pfandschaft Marlen-
heim verpfändete am 6. September 1452 Georg von Hohen-
geroldseck mit Wissen und Willen seines Bruders Diebold
dem Bischof Ruprecht von Straßburg für 2000 fl., welcher
sie am 26. Juni 1455 dem Eberhard Hofwarth von Kirch-
heim aus Anerkennung für seine treuen Dienste übertrug.
Aber im )ahre 1480 muß sie wieder mit dem Bistum ver-
einigt gewesen sein, da am 14. Juni dieses Jahres der
Bischof und die Grafen von Zweibrücken-Bitsch-Ochsen-
stein dem Marx Körnlein eine Rente von 65 Pfd. für 2900 fl.
verkauften.
Obwohl der Pfalzgraf Ludwig im Jahre 1485 auf alle
Anrechte an Marlenheim verzichtet hatte, erneuerte der
Pfalzgraf Ruprecht im Jahre 1536 den Anspruch doch wieder
und teilte am 4. Juli dem Bischof Wilhelm II. von Straßburg
mit, daß er seine Hälfte an der Pfandschaft nunmehr ein-
zulösen gedenke^). Es entspann sich nun zwischen beiden
ein langer Streit, welcher erst im Jahre 1539 seinen Ab-
schluß fand. Damals verzichtete Ludwig von Eschau, der
Hofmeister der Pfalzgräfin Elisabeth, Gräfin zu Veldenz und
Landgräfin zu Hessen, der Witwe Ruprechts, welchem das
Lösungsrecht inzwischen übertragen worden war, auf die
Lösung dieses Teiles der Pfandschaft gegen Entschädigung
mit anderen strittigen Dörfern im Elsaß. Am 21. April
machten Ludwig von Eschau und der Vitztum im Namen
des Bischofs diese Richtung bekannt. Damals wollte also
die Stradt Straßburg das ihr jetzt unbestritten zustehende
Losungsrecht vom Kaiser noch einmal bestätigt haben, wie
bereits erwähnt wurde.
Wichtig für die Stadt war auch der Erwerb des so-
Datum, dieses ergibt sich jedoch aus dem S. 79 Anm. 1 ange-
führten Bericht. Auch die daselbst angeführten Urkundenaus-
züßc aus den Urkunden von 1498 und 1508 sprechen irrtümlich
von ^y.j der Pfandschaft, welche Straßburg damals erworben habe.
0 Kopie, Bez.-A. G 1369
— SS —
genannten Stndelhofes in rinrlenheim, besonders wegen der
damit verbundenen grundherrliciien Rechte. Es war dieses
ein großer Dinghof, zu dem auch ein Wald, Odenwald ge-
nannt, gehörte. Der Dinghof war Allod des Nonnenklosters
Andlau. Am 15. Närz 1310 hat ihn die Äbtissin dieses
Klosters, Frau Kunigund von Steinach, der Stadt Straßburg
für 500 fl. verpfändet, nachdem sie ihn kurz vorher vom
Kloster Haßbach eingelöst hatte, dem er für 4105fl. ver-
pfändet war. Von da ab blieb er beständig im Pfandbesitz
der Stadt, bis sie ihn am 7. April 1581 cum consensu
episcopi als Allod von dem Kloster kaufte.
Zusammen mit dem Stadelhof erwarb Straßburg auch
Odratzheim, ein kleines Dorf bei Marlenheim. Es war
nämlich der Keller des Stadelhofes, ein Wirtschaftsbeamter,
nach altem Brauch zugleich auch Oberschultheiß von
Odratzheim. Da dieser von der Herrschaft des Hofes ein-
gesetzt wurde, hatte sie auch die Gerichtsbarkeit über
das Dorf.
10. Obersicht des Straßburger Territoriums um das
Jahr 1500, nach Aemtern geordnet^).
1. Die Stadt Benfeld und die Burg auf dem Kochersberg.
2. Ettenheim:
Die Stadt Ettenheim
Grafenhausen
Kappel
Ringsheim
3. Fürsteneck:
Die Burg Fürsteneck
Nonnenweier
Niederhausen
Adelhof
Relchenweier
Trisloch.
Schuttcrwald
[Allmannsweier
Wittenweier
:" J
^) Vgl. die beigegebenc Ucbersichtskarte.
— 89
4. Herrenstein:
Die Burg Herrenstein
Dettweiler
Dossenheim.
5. Kürnberg:
Die Burg Kürnberg
Die Stadt Kenzingen
Die Stadt Herbolsheim
6. Illkirch:
lllkirch
Grafenstaden
Illwickersheim
Schiltigheim
Adelshofen
Bleichheim
Bombach
Tutschfelden
Wagenstadt.
Ittenheim
Handschuhhelm
Oberhausen
Niederhausbergen
Dorlisheim.
7. Wasselnheim:
Wasselnheim, Dorf und
Brechungen
Ittelnhelm
8. Marlenheim:
Marlenheim
Kirchheim
Nordheim
Romansweiler
Burg Friedolsheim
Zehnacker
Flexburg.
Koßweiler
Danne
riünchhofen
Odratzheim.
II. Die Verfassung und Verwaltung des
Territoriums.
1. Allgemeines.
Rät und XXI übten als oberste Regierungsbehörde der
Stadtgenieinde zugleich auch die landesherrlichen Rechte
innerhalb des Territoriums der Freistadt Strasburg aus'j.
Formell freilich galten Heister und Rat gemäß den alten
Zuständen als solche. Ihnen leisteten die Untertanen als
„iren zeitlichen Herren und Oberkeit" den Eid, und noch
in der neuen Eidesformel, welche um die Mitte des 16.
Jahrhunderts für die Untertanen des Amtes Wasselnheim
festgesetzt wurde, behielt man den ursprünglichen Passus
^) Über die Verfassung der Stadt Straßburg vgl. Otto Winckel-
mann, S. 493 ff. und S. 600 ff.
Die städtische Verfassung erreichte ihren Abschluß mit dem
Schwörbrief vom jähre 1482. Demnach war die höchste Behörde
der Stadt der Rat, welcher aber bei Fragen der Politik und Ver-
waltung das Kollegium der XXI heranzog, nur als Gericht fun-
gierten die Ratsmitglieder allein. Das aus den XXi sich er-
gänzende Kollegium der XV hatte über der Aufrechterhaltung
der Gesetze und über den Beamten zu wachen. Die XII! hatten
das gesamte Kriegswesen unter sich sowie die auswärtige Politik,
allerdings mit Anlehnung an Rat und XXI. Der erste Bürger
der Stadt und der Vertreter der Gemeinde war der Ammeister,
welcher auf ein jähr gewählt wurde. Die 4 adligen Städtmeister
standen ihm an Bedeutung nach. Daneben gab es für die Ver-
waltung und Rechtspflege zahlreiche Unterausschüsse. Hier sind
vor allem zu nennen die Dreier auf dem Pfennigturm, die Finanz-
beamten.
91
bei, obwohl damals Meister und Rat ihre gebietende Stel-
lung längst eingebüßt hatten.
Die Stadtbürger selbst in allen ihren Abstufungen^)
übten nicht die geringsten Rechte über die städtischen
Untertanen aus, diese standen lediglich F^ät und XXI und
den von ihnen besonders damit beauftragten Personen zu.
Die einzigen Vorrechte, welche die Stadtbürger als solche
im Territorium besaßen, bestanden darin, daß sie in den
einzelnen Gemeindebännen Güter erwerben oder sich inner-
halb derselben auf längere Zeit oder für immer niederlassen
durften, ohne wie andere gezwungen zu sein, Bürger dieser
Gemeinde zu werden und Gemeindeabgaben zu zahlen.
Sodann konnten zweifellos Stadtbürger, welche sich inner-
halb eines Gemeindebannes eines Frevels schuldig machten,
nicht bestraft werden, wenn man sie auf frischer Tat er-
tappte, wie das bei Nichtstadtbürgern der Fall war.
Das Abhängigkeitsverhältnis der Landbewohner von
der Stadt wird durch die Ausdrücke „hindersassen", „under-
thanen", „die erbern lüt", „die armen lüt", z.B. auch „die von
Marlenheim'' bezeichnet. Im 16. Jahrhundert wird Unter-
tanen immer mehr gebräuchlich. An einer Stelle werden
die Stadtbürger gegenüber den Untertanen Großbürger ge-
nannt. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts nämlich waren
zwei Untertanen aus Wasselnheim nach Straßburg gezogen
und hatten hier das Bürgerrecht erworben, behielten aber
ihre Eigengüter im Banne von Wasselnheim bei, ohne der
Gemeinde dafür Abgaben zu zahlen. Als diese sich nun
bei der Stadt beschwerte, wurde ihr beschieden, daß sie
als Großbürger nicht dazu verpflichtet seien.
0 Nan unterschied Klein- oder Schultheißenbürger und
Vollbürger. Die ersteren hatten keine politischen Rechte. Der
Stadtadel oder die Konstofler gliederten sich in 2 Konstofeln,
örtliche Bezirke, die eigentlichen Bürger teilten sich in 20 Zünfte-
Wichtig waren auch die Ausbürger, welche jedoch im 15. Jahr-
hundert immer seltener wurden.
— 92
93 -
Leibeigenschaft und Hörigkeit waren im Territorium
der Stadt Straßburg genau so verbreitet wie in jedem
andern elsässischen Landgebiet. Ebenso lassen sich über-
all besonders aber in den 4 Städten, welche zu Straßburg
gehörten, freie Leute nachweisen. Zählten die einzelnen
Gemeinden auch Adelige zu ihren Mitbürgern, so waren
auch diese Untertanen der Stadt Straßburg. Diese Letzteren
lassen sich mit Bestimmtheit nur in Benfeld und Kenzingen
nachweisen^).
Alle diese Leute standen zu Straßburg in demselben
Untertanenverhältnis und leisteten denselben Eid. Eigenleute,
welche nicht die Stadt, sondern einen fremden Herrn zum
Leibherrn hatten, konnten auch ihren Gerichtsstand vor
diesem nehmen. Es läßt sich jedoch nicht nachweisen, daß
die Stadtbehörde auch die Politik verfolgte, ihre Untertanen
von fremder Leibeigenschaft zu lösen und der eigenen zu
unterwerfen, und noch viel weniger, daß sie beabsichtigte,
alle ihre Untertanen auch zu Eigenleuten zu machen-).
Dagegen ist ein Schwinden der Leibeigenschaft nicht zu
verkennen'). Ein Weistum von Wasselnheim aus dem
)ahre 1529 berichtet: ,,Ein Bannherr soll auch kein aigen
Mann da haben, er sey dann von dem Galgen erlößet."
Auch die Grundhörigkeit hatte bereits mildere Formen an-
genommen 0. Die einzelnen Grundstücke der großen städtischen
Dinghöfe waren auf Zeit, gewöhnlich auf 9 oder 18 jähre
an die Hörigen verpachtet. Dabei machte die Über-
1) Am 30. Juli 1466 schrieb Kenzingen an Straßburg: Ein
Bürger von Kenzingen will den Eid nicht leisten, „als doch ander
Edel und unedel zu Kentzingen tun müssen". Als die Kenzinger
ihm geboten, zu schwören oder seine Freibriefe zu zeigen,
weigerte er sich. Sie fragen daher an, was sie tun sollen-
^) Theodor Knapp, gesammelte Beiträge zur Rechts- und
Wirtschaftsgeschichte, Tübingen 1902, S- 34—37.
^) Fritz Kiener, Zur Vorgeschichte des Bauernkrieges am
Oberrhein, Z. G- 0- N. F. 19, S. 482 ff.
0 Ebenda, S- 485.
bcvölkerung sich unangenehm fühlbar. So war der Ding-
hof in Schiltigheim von altersher in eine Reihe „Hüben"
geteilt, welche 30 — 40 Acker groß waren und ursprünglich
von je einem Hörigen in Erbpacht bebaut wurden, im
Anfang des 16. Jahrhunderts teilten sich in eine solche
Hube 2—10 Hörige, von welchen jedoch jeder Grund-
stücke in Pacht haben konnte, welche verschiedenen Hüben
angehörten. Alle Huber traten jährlich ein- oder mehrere
mal zu besonderen Versammlungen, Dinghofgerichten, zu-
sammen, um dem „Maier" als Vertreter der Herrschaft die
Zinsen zu entrichten. Da Michteinhaltung der Termine
den Verlust des gepachteten Gutes zur Folge haben konnte,
war die Lage der Hörigen eine sehr schlechte.
Der untertänige Adel, sofern er in den befestigten
Städten saß, hatte den daselbst herrschenden Burgfrieden
zu beschwören^).
Für das im Elsaß fast allgemein geltende Recht
der Freizügigkeit -) gibt das bereits erwähnte Weistum vom
jähre 1529 einen merkwürdigen Beleg: ,,Wir sprechen
unnd erkhennen auch, das Waßlenheim unnd Brechungen,
die zwey dörffer, haben iren freyen zuck, unnd were es,
das einer oder mehr von dannen hienweg wollen ziehen,
sye weren reich oder arm, so mag in nymandt behaltten.
Besunnder begnet (!) ime sein altter unnd junger falschherr,
der sein aigen halßherr ist''), unnd were er gesteckt unnd
seße der herr auff seinem pferde, so soll der herr ab
1) Str. Stadt-A. V. C. G- B 7. Protokoll einer Sitzung der
Landherren 1513/14: „item der vogt zu Benfeld zeigt an, wie das
Hans Walter von Utenheim sich gewidert, den burgfrieden
zu Benfeld, den die Edeln, so do gesessen, haben swören
müssen zu leisten, und gesagt, es het Ine Jacob Boumgarten by
dem Eyde, den er Jörge Beg • . (? verwischt), bißhar blyben
lassen; ist erkandt, das er swören soll."
2) Winckelmann, S. 511.
•^) Dieser Relativsatz bezieht sich anf das Objekt des vor-
hergehenden Satzes-
Q4 —
- 95
seinem pferdt stön, iinnd imc hclffen schnitten an dem
wagen oder an dem karche, das er seinen freyen
zuck möge gethon an die ende, da er dann hien will
ziehen."
Die Gemeinden des vStraßburger Territoriums waren
Dorfgemeinden mit Ausnahme von Benfeld, Cttenheim ,
Kenzingen, Herboisheim und Lichtenau, welche vStadtver-
fassung hatten'). Diese besaßen sie bereits zu der Zeit,
als sie in den Besitz der Stadt Straßburg kamen. Von
sechs Dörfern bildeten je zwei eine Gemeinde, nämlich
lllkirch und Grafenstaden, Schiltigheim und Adelshofen,
Wasselnheim und Brechungen, in der Weise, daß die aus
Angehörigen beider Dörfer gewählten Beamten jene zu-
sammen verwalteten.
Die Gemeindebürger waren vollberechtigte Mitglieder
der Gemeinde, sie waren stimmberechtigt, nahmen nach
den jeweiligen Bestimmungen an den Nutzungen teil, welche
die Gemeinde für sich erworben hatte, und trugen umge-
kehrt zu den Gemeindesteuern und Leistungen z. B. Bede,
Schätzung, Frohndiensten usw. bei-).
Zur Aufnahme in das Bürgerrecht einer Gemeinde war
die Zustimmung der Stadt erforderlich. In der ersten Zeit
der städtischen Herrschaft kam es bisweilen vor, daß
Schultheiß und Gericht einer Gemeinde selbständig Zuge-
wanderte in ihren Gemeindeverband aufnahmen. Dagegen
schritten die Rät und XXI ein. Um das Jahr 1500 wu'i^de
festgesetzt, daß in Benfeld neue Bürger nur mit Zustimmung
des Vogtes aufgenommen werden konnten; bald darauf
wurde auch für das Amt lllkirch durch einen undatierten
Beschluß von Rät und XXI aus der ersten Hälfte des 16. .
Jahrhunderts, der den Titel trägt: „Constitution und Er-
^) L570 wird Narlenheim ein Flecken .genannt, auch für
Wasselnheim kann diese [3ezeichnun« festgestellt werden. Str
Stadt'A. V. C. G. A 40 Nr. 8S.
-) Vgl. Knapp, S. 38-43.
kandtnuß, daß der amptmann die burger und würth soll
annemen/'^) eine entsprechende Bestimmung getroffen.
Dagegen scheint man wieder in anderen Dörfern die
Gemeindebehörde bei ihrem Recht gelassen zu haben,
sofern gegen die neu Hinzugewanderten nichts Nachteiliges
vorlag. Für das Dorf Dettweiler ist diese Art der Auf-
nahme für das Jahr 1552 bezeugt").
In zweifelhaften Fällen wandte sich der Vogt bei der
Neuaufnahme von Untertanen an die Rät und XXI %
Es läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen, wie es
in Kenzingen bei der Neuaufnahme gehalten wurde. Aber
der Umstand, daß 1514 eine vom Rat zu Kenzingen aus der
^) Str. Stadt-A. V. C G. A 30 Nr. 66. Constitution und Er-
kandtnuß, dafs . . . : unsere herren Meister und Rhatt und die
XXI haben erkandt, daß hinfürtter in keiner gemeindt oder
eigenem dorff, in die vogtei lllkirch gehörig, weder Schultheiß
noch gericht, keine burger nicht sollen für sich Selbsten an-
nemen, sondern wo jemandt für gericht kompt und begehrt
burger zu werden, und an dem ohrt nutzlichen und annehm-
lichen were, der soll sampt einem gerichtsman für den ampt-
man geschickt werden; findt sich dan, daß er einer gemein
dienstlich und ein guht manrecht und abscheidt hette, auch
sonsten in religion, leben und wandel ohnergerlich were, der
soll alß dan durch den amptman nach gelegenheiten ange-
nommen und bestettiget werden, der ihnen auch nach verleßung
des burger eideß den eidt Stäben soll-
-) 1552 schreibt der Schultheiß von Dettweiler an die Stadt:
Ein Zugewanderter kann sich nicht genügend ausweisen, „und
nachdem ich ine befragt, wie die sach ein gestalt umb ine und
sin mitgebrachte frawe hette, und wie es mir für keme, denn
ob dem also were, dorfft ich ine nit zu burger annemen one
vorwissen und E. G- günung.*' Str. Stadt-A. V. C- G. K 30.
•^) 1513 sind in Bleichheim Erzarbeiter zugewandert und
wollten sich daselbst niederlassen. Obwohl der Vogt erfahren
hatte, daß die Leute weder leibeigen noch grundhold waren,
nahm er sie nicht als Bürger an, sondern wandte sich deswegen
nach Straßburg.
— Q6 —
Stadt verwiesene Frau auf Geheiß von Straßbur^ auf einige
Zeit wieder dahin zurücki^ehrte, läßt erkennen, daß Rät
und XXI ein gewisser Einfluß auf die Zusammensetzung
der Bürgerschaft von Kenzingen zugestanden hat.
Waren Dörfer verschiedenen Herren untertänig, so
mußten alle bei der Aufnahme befragt werden, in geteilten
Dörfern war diese Zustimmung nicht nötig. \n Ettenheim,
wo dem Bischof von Straßburg noch gewisse Rechte ver-
blieben sein müssen, bestand zwischen beiden Herrschaften
ein Vertrag, wonach fremden Personen das Recht zustand,
zwischen beiden Herren bei der Bewerbung ums Bürger-
recht zu wählen. War der Zugewanderte bereits Unter-
tan der Stadt oder des Bischofs, so sollte er sich auch
hinter dem städtischen oder bischöflichen Teile nieder-
lassen.
Nachdem das Gesuch um Aufnahme in den Gemeinde-
verband genehmigt war, nahm der Vogt dem Neubürger
den Eid ab und trug ihn in die Bürgerlisten, die er zu
führen hatte, ein. jetzt erst war er ein steuerpflichtiges
Mitglied der Gemeinde. In Wasselnheim kam es im An-
fang des 16. Jahrhunderts vor, daß sich Fremde im Dorf
niederließen, ohne sich um das Bürgerrecht zu bewerben,
um dadurch der Verpflichtung, Gemeindeabgaben zu zahlen,'
aus dem Wege zu gehen.
Die Stadt war nicht rigoros bei der Aufnahme ihrer
Untertanen, und die Zugewanderten konnten von einer
Gunst sprechen, wenn ihnen erlaubt wurde, sich innerhalb
des Territoriums niederzulassen, da dessen Verwaltung und
Verfassung gerühmt wurde. Die Untertanensöhne legten
der Stadt mit vollendetem achtzehnten Lebensjahr zum
ersten mal den Eid ab und wurden damit Bürger ihrer
Gemeinde.
Alle Untertanen hatten jährlich auf dem von dem
Vogt abgehaltenen Vogtgericht den Eid zu leisten. Die
Eidesformel war in allen Dörfern fast dieselbe. Im Amt
— 97
Wasselnheim wurde um die Mitte des 16. Jahrhunderts
eine neue Form eingeführt^).
Für die Aufnahme eines Bürgers wurde eine Gebühr
erhoben, „burgelt" oder ,,burgschilling" genannt; ob sie der
Gemeinde- oder Stadtskasse ganz oder geteilt zufloß, ist
ungewiß. Sie wird nicht überall erwähnt, ist jedoch wahr-
scheinlich für alle Dörfer anzunehmen-). In Wasselnheim
zahlte der Bürgersohn 10 Schilling, der Fremde dagegen
30 , in Nonnenweier wurde ein Schilling entrichtet und in
Allmannsweier und Wittenweier im 17. Jahrhundert 4'^).
In der bereits erwähnten ,, Konstitution und Erkandtnuß, daß
der amptmann die burger und würth soll annemen" wird be-
stimmt, daß im Amt Illkirch der Bürgersohn 30 Schilling
und der Fremde 6 Pfd. zahlen soll^). Wenn dieser aber
sich in ein Dorf verheiratet, braucht er nur 3 Pfd. zu
geben. Das Geld wurde von den Gemeinderechnern ein-
gesammelt und zur Hälfte an die Stadtkasse abgeführt, die
^) „Die gemeind zu Marie sollent sweren dis nochgeschriben :
alle die von Narle, Kircheim, Northeim, Romoltzwiler, Coßwiler,
Than und Munchhofen, so manspersonen und opferbar sint [opfer
bar durchgestrichen, dafür: und zu ihren mannbaren jaren kom-
men], sollent als gemeyn und ungeteilte lute sweren zu got und
den heiligen mit uff gehapten handen und gelerten wordten,
Meister und rat der stat Straßburg als iren zitlichen herren zu
irem teyl und gerechtigkeit getreue und hold zu seyn, ire ere,
nutze und frommen zu furdern und zu wenden, so ferr sie kön-
nent oder mögent, auch allen iren geholten und verbotten ge-
horsam nnd gewärtig zu sin und alles das zu thun, das getreue
unterthanen iren herren und obern schuldig und verbunden sint
on alle gewerde." ohne datum. 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts.
-) Der Brauch in den 4 Städten ist nicht überliefert.
^) Diese 4,> bekam der Amtmann „loco salarii".
*) Im Amt Illkirch verlangte der Vogt in einem Gesuch:
„Supplement Hans Jörg Rixingers vogt zu Illkirch umb Verbesserung
siner bestallung," daß ihm von jedem neuen Bürger 7p' gezahlt,
würden, ebensovil von jedem abgehenden. Wahrscheinlich
wurde das Gesuch nicht bewilligt. 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts.
7
— 98 —
andere Hälfte verblieb der Gemeinde. Das Bürgerrecht ging
verloren durch freiwilligen Verzicht oder durch Absage von
Seiten der Herrschaft. Die Ausweisung konnte auf Zeit
oder für immer erfolgen. Wer wegzog, ohne sich abzu-
melden, mußte noch weiter Gemeindeabgaben zahlen.
Zu den eigentlichen Bürgern sind die sog. Schirm-
leute oder Ausbürger nicht zu zählen. Sie werden nur in
Wasselnheim, Allmannsweier und Wittenweier genannt und
sind Fremde, die sich auf einige Zeit im Dorfe niederlassen
aber nicht Bürger werden wollten. Sie waren nicht zur
Zahlung von Gemeindesteuern verpflichtet und daher von
den Untertanen nicht gern gesehen. Zu Anfang des 16.
Jahrhunderts stellten die Wasselnheimer daher bei einer
Ratsbotschaft, welche das Dorf visitierte, den Antrag, man
solle die Schirmleute nicht zulassen , sondern als Bürger
aufnehmen. Aber Rat und XXI lehnten dieses Ansinnen
ab^).
Dagegen zahlten sie dem Vogt in Wasselnheim viertel-
jährlich ein „Schirmgeld" , welches verschieden hoch war
und sich anscheinend nach dem Vermögen richtete, in
Wittenweier nahm die Stadt jährlich 1 Viertel 6'V^ Maß
„Schirmhafer" ein und in Allmannsweier 2 Fuder Holz oder
1 Pfd. 10^; das Schirmgeld floß der Stadt allein zu, und
der Vogt führte eine Liste der Schirmleute').
1) gedenckend mit den gerichten zu Wasselnheim: item so
frembde gon W. ziehen , so bliben dieselben neben anderen
kundbaren burgern und hintersassen on dienstbarbeit sytzen und
wonen, und der gemeynd nit zu steur und in die zai kommen, daß
inen zu ununtz reichet, do sy billichen dem amptman oder vogt
uberantwurt wurden, daß er den gewenlichen burger eid im'^e
schwere, domit er auch wissen trage selbs, wen und was burger
er hett. St. Stadt-A. V. C G. B 7.
-) In Nonnenweier konnten Fremde einen Nonat wohnen,
ohne Bürger zu sein. Längerer Aufenthalt war nur nach er-
langtem Bürgerrecht gestattet. Str. Stadt-A. Q. U. P. L. 115 Nr- 9.
— 99 —
Auch die Anzahl der Bürger ist für einzelne Dörfer
überliefert. In den ersten )ahren der Zugehörigkeit zur
Stadt werden gezählt: in lllkirch 7 Bauern, 11 Witwen,
26 Fischer und 42 Tagner, in lllwickersheim 18 Fischer,
1 1 Tagner , 2 Witwen und 4 Bauern , in Grafenstaden
1 7 Fischer und 1 0 andere, vermutlich Bauern und Tagner.
1483 sind in Illkirch-Grafenstaden 9 Bauern und 40 Fischer
angegeben, 1576 dagegen „über 20 Bauern und über 100
Fischer", davon in Grafenstaden allein 6 Bauern.
in Wasselnheim befanden sich im Anfang der Zuge-
hörigkeit 140 Bürger, später werden 176 Bürger und 12
Witwen genannt , im 17. Jahrhundert in Zehenacker 1 7
Bürger und 1 Witwe, in Friedolsheim 14 Bürger, in Flex-
burg 38 Straßburgische und 3 Landspergische, in Nonnen'
weier 45, in Allmannsweier 24, in Wittenweier 29 und in
Niederhausen 39.
2. Die landesherrliche Verwaltung.
in der von uns zu behandelnden Zeit hatte sich die
Landeshoheit schon vollkommen ausgebildet^). Demge-
mäß wurden auch in dem Gebiet der Stadt Straßburg alle
die obrigkeitliche Gerechtsame betreffenden Fragen von den
Rät und XXI als der obersten Behörde erledigt. Trotzdem
sind uns 2 Fälle bekannt, bei denen bei Streitigkeiten
zwischen Straßburg und ihren Untertanen fremde Schieds-
richter angerufen wurden. Um das )ahr 1450 kam es
wegen des Schultheißen zu Kenzingen, der die Gefälle der
Rät und XXI daselbst einsammelte, zwischen Straßburg
und dieser Stadt zu einem Streit. Bei der Jahresrechnung
nämlich, die der Schultheiß in Straßburg ablegte, stellte
sich heraus, daß er die Stadt hintergangen hatte, und da-
für wurde er gefangen gesetzt. Gegen die Behandlung
seines Bürgers beschwerte sich der Rat von Kenzingen.
1) Schroeder, S. 590, 591.
7*
— 100 —
)ener wurde nun gegen Stellung von zwei nahmhaften
Bürgern aus seiner Heimatstadt freigelassen; darauf klagte
Straßburg bei dem Gericht in Kenzingen auf Herausgabe
von 143 Pfd. und 2000 fl Entschädigung. Aber bevor
der Rechtstag stattfand, wurde der Schultheiß flüchtig, und
Siraßburg führte infolgedessen die 2 Bürger gefangen nach
Kürnberg und nahm ihr Hab und Gut in Beschlag. Nun wandte
sich Kenzingen an den Herzog von Österreich, um durch
ihn die Freilassung der Bürger zu erwirken. Nachdem in-
zwischen der eine gestorben war, verlangte der Landvogt
von Röteln und Sausenberg im Auftrage seines Herrn die
Auslieferung des anderen. Aber die Sache kam erst nach
einer Reihe von Verhandlungen vor dem Markgrafen von
Baden und den Städten Preiburg und Basel zum Austrag').
ferner hatte die Stadt mit den Gemeinden Marlenheim,
Kirchheim und Nordheim einen Prozeß wegen Holzgerech-
tigkeiten, welche diese im Ödenwalde zu haben glaubten.
Nach einigen Verhandlungen, welche zu keinem Ergebnis
führten, einigten sich die Parteien im |ahre 1514 dahin, daß
man sich gegebenenfalls an den Landvogt und den kaiser-
lichen Rat zu Hagenau als letzte Instanz wenden wolle.
Die Geschäfte, welche den Rät und XXI aus der
Verwaltung des Territoriums erwuchsen, waren mannig-
facher Art. Die Erledigung eines Teiles davon war zwar
den Vögten, ihren ständigen Vertretern in den Ämtern,
überlassen, jedoch war ihnen selbst noch manches vor-
behalten.
So hatten Rät und XXI die Vögte zu wählen, ebenso
wählten sie die niederen Dorfbeamten oder hatten wenig-
stens ihre Wahl zu prüfen und zu bestätigen, sie hatten
über die Einführung neuer Ordnungen und Erlasse für das
^) Vgl. Witte Nr. 15Q1, 1601, 1602. 1608, 190Q, 1621, 1623.
1627, 1639, 1643 (?); aus dem Jahre 1440; für die Darstellung
vgl. einen Brief der Stadt an Markgraf Wilhelm vom 27. Juni
1450. Str. Stadt-A. G. 'U- P. 110 L 97.
— 101 —
Territorium zu beraten, Inspektionsgesandte in die Ämter
zu schicken, vor allem aber waren sie zuständig für alle
Gesuche um Straferlaß, und in manchen Lallen wurden
Streitigkeiten auch in erster Instanz von ihnen erledigt.
Alle diese Obliegenheiten vermehrten sich mit der Ver-
größerung des Territoriums bedeutend. Und dazu kam noch
ein zweites. Die einzelnen Dörfer hatten bis zu der Zeit,
da die Stadt sie erwarb, den verschiedensten Herren an-
gehört und dadurch vielfach eine besondere Entwickelung
genommen, welche die Verwaltung durch die Stadt er-
schwerte. Sollten aber Stadt und Land einander näher
gebracht und ein gedeihliches Fortentwickeln angebahnt
werden, so mußten jene Verschiedenheiten möglichst beseitigt
werden und eine einheitliche Organisation Platz greifen.
Bald jedoch mußten Rät und XXI erkennen, daß die
Aufgabe, welche sie sich gestellt hatten, ihre Kräfte auf
die Dauer überstieg, sollten nicht die städtischen Ange-
gelegenheiten infolge der intensiven Beschäftigung mit dem
Lande vernachlässigt werden. Daher entschloß man sich
im jähre 1513, für die Landgeschäfte eine Zwischenbehörde
zu schaffen. Freilich war man sich zunächst noch nicht
klar darüber, welche Stellung man derselben geben sollte,
und zweimal machte man einen Versuch, ehe man die Be-
hörde dauernd beibehalten konnte.
Gewöhnlich wird diese Zwischenbehörde mit dem Namen
die „Landherren" bezeichnet'), ohne daß ihr ursprünglich die
Räte und XXI diesen Namen beigelegt hätten. Weder das
Schriftstück von 1513 noch das vom jähre 1539, welche
die Ordnungen für diese Behörde enthalten, hat diese Be-
zeichnung, das letztere gibt ihr sogar eine andere Bezeichnung,
nämlich die „Landpfleger" 2). Dagegen trägt eine Gerichts-
^j Winckelmann, S. 608-
2) Die Ordnung bei Eheberg S- 551 trägt die Überschrift
„Ordnung der Landherren," dagegen eine von mir im Stadt-
Archiv (V. C. G. A 30 Nr. 66) aufgefundene Abschrift davon
I
— 102 —
Ordnung aus dem )ahre 155,3 die Überschrift: „Ordnung,
wie Landherren durch die Unterthanen sollen besuchet werden, "
und versteht unter dem Namen Landherren sowohl die
obengenannten Landpfleger als auch die Vögte und die
Räte und XXV).
Ich finde, daß der Name Landherr überhaupt zum
ersten Mal in der Gerichtsordnung für das Amt lllkirch
vom )ahre 1509 vorkommt. Diese bestimmte, daß in den
Dörfern dieses Amtes jährlich einmal durch den Vogt, einen
Dreier und einen Landherren Ruggericht abgehalten werden
solle. Diese Bestimmung kehrt in der Gerichtsordnung für
das Amt Wasselnheim aus dem )ahre 1532 wieder, zu
einer Zeit also, da die fragliche Behörde nicht mehr be-
stand, sondern aufgehoben war. Dieses richterliche Amt,
dessen Träger qqu Namen Landherr führte, wurde von
einem höheren städtischen Beamten im Nebenamte ver-
sehen. So werden z. B. im )ahre 1554 der Altammeister
Hans Hanauer und 1557 der Städtmeister und Bauherr
Adolf von iMittelhus als Landherren genannt, sie hielten
damals zusammen mit dem Vogt und einem Dreier Ge-
richtstag in Illkich ab").
Den gleichen Namen nun, den diese Rugerichter
führten, legte sich die 1513 geschaffene Verwaltungsbehörde
selbst bei''), und als sie 1539 neu gebildet wurde und die
aus der Mitte des 16. Jahrhunderts die: „der Landherren Ordnung."
Daraus ergibt sich, daß das Original wahrscheinlich keine Über-
schrift hatte, sondern diese von den beiden Abschreibern selb-
ständig hinzugesetzt wurde, und zwar zu einer Zeit, als diese
Bezeichnung bereits allgemein gebräuchlich war.
J) Es scheint, daß auch der Abschreiber dieser Ordnung
die Überschrift selber hinzugesetzt hat
-) Es ist auffallend, daß trotz der Errichtung der Zwischen-
behörde dieses Ehrenamt weiter bestanden hat.
•^j Ihr Registerbuch trägt die Überschrift: „der Landherren
missiven Buch angefangen Johann Baptistae 1513.*' das Protokoll-
Buch: „Mcmorialc der Landherren." Auch in den Protokollen
ihrer Briefe nennen sie sich sc
— 103 —
Stadtregierung ihren Mitgliedern den Namen Landpfleger
gab, bezeichneten sie sich doch selber als Landherren^).
Diese Bezeichnung scheint dann allgemein durchgedrungen
zu sein, sodaß wir mit dem Namen Landherren eigentlich
zwei verschiedene Begriffe verbinden müßten. Da aber die
als Landherren bezeichneten Rugerichter eine nebensächliche
Rolle spielen, soll unter diesem Namen hinfort nur die oben-
genannte Verwaltungsbehörde verstanden werden.
Das Kollegium der Landherren setzte sich nach der
Ordnung von 1513 aus sechs Mitgliedern zusammen, von
denen zwei dem städtischen Adel angehören mußten. Die
Wahlen wurden von Rät und XXI vorgenommen und
erfolgten am Samstag nach dem Schwörtag. je einen Mann
stellten die Kollegien der Xlil und der XV, je zwei wurden
aus der Reihe der ledigen XXI und der Räte, welche in
den jeweiligen jähre ihr Amt antraten, gewählt. Bei der
Ergänzung der ausscheidenden Mitglieder wurde ein be-
stimmter Turnus eingehalten. Nämlich zwei Räte wurden
jedes Jahr neugewählt, während die 4 übrigen je 4 jähre
im Amt blieben, indem nach dem ersten jähre der Dreizehner,
nach dem zweiten der eine Einundzwanziger, nach dem
dritten der Fünfzehner und nach dem vierten der andere
Einundzwanziger ersetzt wurde. Demnach wurden im Anfang
des Jahres 1514 zwei Räte und ein Dreizehner neu zu
Landherren gewählt. Wenn einer der Landherren während
der Amtszeit sterben oder das Bürgerrecht verlieren sollte,
dann sollten Rät und XXI innerhalb 8 Tagen einen anderen
an seiner Statt wählen, welcher aber das Amt nicht länger
innehaben sollte, als es sein Vorgänger gehabt haben
würde. Von den jährlich wechselnden beiden Ratsherren
sollte einer aus den Konstoflern, der andere aus den Zünften
^) 1546 nannten sich die drei Landpfleger des Amtes Herren-
stein in einem Brief an den Vogt daselbst „verordnete Landherren."
Im 17. Jahrhundert begegnet der Name „Landpfleger"
— 104
genommen werden, dergestalt, daCs der Reihe nach jedes
)ahr eine andere Zunft ihn stellte').
Aus der Reihe der Landherren wurden zwei „Obere"
bestellt, einer davon gehörte dem Adel, der andere den
Zünften an. Sie sollte je ein halbes )ahr das Präsidium
führen, der Konstofler von Weihnachten bis )ohanni, das
Zunftmitglied die übrige Zeit. Demnach führte im fahre 1513
ein Zunftmitglied das Präsidium. War der amtierende Obere
krank oder abwesend, dann vertrat ihn der andere. Die
Amtstätigkeit der Landherren begann an Johanni 1513.
Sie hatten die Aufgabe, Zwiespältigkeiten der Unter-
tanen unter sich und mit dem Vogt, außerdem solche
zwischen den Gemeinden und dem Vogt zu schlichten.
Die Prozesse nahm der amtierende Obere entgegen und
stellte das Verhör an. Zur Verhandlung ließ er die anderen
fünfe durch einen Ratsboten zusammen rufen. Die vier
städtischen Ratsboten versahen abwechselnd ein viertel )ahr
lang den Dienst bei den Landherren. Ihre Sitzungen durf-
ten nicht mit denen von Rät und XXI zusammenfallen, da-
gegen konnten XIII und XV zur selben Zeit tagen. In
diesem Falle konnten der Dreizehner und der Pünfzehner
nur mit Erlaubnis ihrer Kollegien an den Beratungen der
Landherren teilnehmen, jedes unentschuldigte Pernbleiben
wurde mit einem Schilling bestraft').
Konnte ein Prozeß nicht In der Stadt geschlichtet
werden, so fuhren die Landherren hinaus aufs Amt, um
ihn hier zu beenden. Handelte es sich dabei um einen
Privatprozeß zweier Untertanen, so sollte die unterliegende
Partei ihnen die Kosten ersetzen, deren Höhe sie selbst
festsetzten. Nur Streitigkelten, welche ihnen so bedeutend
^) Ihre Besoldung betrug 2 Mk.
^) Die Landherren bestimmten später selbst, daß man wie
bei den XIll und XV eine Stunde vor Beginn die Sitzung an-
sagen solle.
— 105 —
dünken würden, „dasz etwa uffrühre oder kriegsläufe darus
entstohn möchte," sollten sie vor Rät und XXI weisen.
Sehr wichtig war die Bestimmung, daß die Landherren
jährlich einmal oder zweimal oder so oft, als es nötig wäre,
die Städte, Dörfer und Burgen bereisen mußten, um etwaige
Schäden und Mängel in Verwaltung und Rechtsprechung
selbst zu entdecken und zu verbessern. Bei diesen Um-
reisen knüpfte man an die bereits bestehenden außerordent-
lichen Revisionen, welche durch eine besondere Ratsbot-
schaft ausgeführt wurden, an, und erhob sie zu einer regel-
mäßigen Einrichtung. Durch diese persönliche Bekannt-
schaft mit den Ämtern wurden die veralteten Zustände im
Territorium rascher erkannt und konnten eher beseitigt
werden, zugleich beugte man einem autokratischen Regi-
ment der Vögte vor.
Eür die Ausfahrt enthielt die Ordnung besondere Regeln.
An den Inspektionsreisen sollten für gewöhnlich alle Land-
herren teilnehmen, jedoch bei den Händeln, welche an Ort
und Stelle untersucht und geschlichtet werden mußten, ge-
nügte ein Ausschluß von mindestens dreien, unter denen
ein Oberer sein mußte. Es stand aber in ihrem Ermessen,
Insgesamt hinauszufahren, jeder durfte einen Knecht oder
Söldner zur eigenen Sicherheit mit hinausnehmen, wenn
sie es aber In Kriegszeiten für nötig hielten, eine größere
Bedeckung zu halten, so war die Erlaubnis von Rät und
XXI dazu erforderlich. Schließlich hatten die Landherren
auch bei der Rechnungablage der Amtleute auf dem Pfennig-
turm zugegen zu sein.
Die Amtsstube der Landherren war auf dem Pfennig-
turm, und als Amtsschreiber war ihnen ein Schreiber aus
der städtischen Kanzlei beigegeben. Sie stellten in eigenem
Namen Briefe und Urkunden an die Amtleute und Gemeinden
und auch an andere Personen aus.
Den Oberherren des Territoriums, den Rät und XXI,
war seit Einsetzung der Landherrn nur die Wahl der
106 —
Vögte geblieben, ferner die Berechtigung, neue Ordnungen
zu erlassen, die Entscheidung in Fällen, welche einen Krieg
befürchten ließen, und die Gesuche um Gnade in Frevel-
sachen. Auch diese letztere Befugnis sollte laut Beschluß
der Landherren vom 19. |uli 1514 an sie übergehen. Es
steht nirgends in der Ordnung, daß die Landherren auch
das Recht hatten, ihre Zuständigkeit selbst zu vergrößern.
Aber vielleicht hat dieses eigenmächtige Vorgehen bei Rät
und XXI, welche ohnehin sehr von der Verwaltung zurück-
gedrängt waren, den Anstoß gegeben, diese Zwischenbe-
hörde, welche auch nur „uff ein versuchen zu halten" ein-
gesetzt worden war, wieder fallen zu lassen. So kam es
dahin, daß Anfang des )ahres 1515, nach Ablauf des Amts-
jahres, das Kollegium aufgelöst wurde').
Nunmehr traten die früheren Zustände wieder in ihre
Rechte, und Rät und XXI erledigten wieder selbst die lau-
rufenden Geschäfte und schickten außerordentliche Ratsbot-
schaften ins Land.
^j Die Neuwahlen sollten am 13. Januar 1515 erfolgen, Sams-
tag nach dem Schwörtag, der Schwörtag war am 9. Januar, vgl.
Winckelmann, S. 605 1. Die zwei letzten Briefe des Registerbuchs
sind vom 13. Januar 1515, das Memorial endet kurz vorher Die
Ordnung selbst war auf Geheiß der Rät und XXI von den XV
ausgearbeitet worden. Sie wurde von den ersteren am 13. April
1513 angenommen und am 28. April noch einmal von Ammeister
und Schöffen bestätigt. Die von mir gefundene Abschrift be-
richtet die von Eheberg benutzte mehrfach: Das Datum ist „quarta
post Narci" statt „quarta post Marie." S. 551 Zeile 14 von unten
ist zu lesen „auch fryden" statt „auch leiden," S. 552 Abs- 5 Z. 2
für „burgerherren" „bowherren," S. 553 Abs. 10 Z. 7 „so soll er
eynen syner gesellen erbeten und bestellen damit das sinent-
halben" statt „siner gesellen, damit das sinenthalben nützit ver-
säumbt werde, erbeten und bestellen;" S. 553 Abs. 12 Z. 10 statt
„also für und für uff die Zunft.*' „Also für und für gehalten
werden, Umd so verr das sin mag, sollent die Ratsherren von
handtwercken uff die Zunft." Dazu noch eine Menge graphischer
Verschiedenheiten.
Str. Stadt-A. V. C. G. A 30 Nr. 66.
107
Aber schon im Jahre 1539 wurde eine neue Behörde
zur Entlastung der obersten Träger der Staatsgewalt be-
stellt^), deren Mitgliedern die Ordnung, wie oben erwähnt,
den Namen „Landpfleger" gibt. Sie wurde am 7. April
beschlossen und die neue Körperschaft trat alsbald ihr Amt
an. Als Grund für die Einführung wird wiederum Über-
bürdung von Rät und XXI mit Geschäften angegeben,
sodann auch die Notwendigkeit, bei Beratungen der obersten
Regierungsbehörde über Angelegenheiten des Territoriums
erfahrene Männer heranzuziehen, welche über der „under-
thanen herlicheit, gerechtigkeit und herkommen" unterrichtet
seien. Jedes von den damals noch bestehenden fünf Ämtern
nämlich lllkirch, Herrenstein, Wasselnheim, Marlenheim und
Fürsteneck erhielt drei Landpfleger, welche „usz dem stonden
regiment," also je einer aus den Kollegien der Fünfzehner,
Dreizehner und Einundzwanziger, genommen w^urden. So-
lange sie diesen Körperschaften angehörten, blieben sie
auch Landpfleger und waren es daher auf Lebenszeit").
Eine von Rät und XXI in gewissem Sinne unabhängige
Verwaltungsbehörde sind diese Landpfleger nicht gewesen.
Sie konnten keine Sitzungen abhalten, um über das ganze
Territorium zu beraten, und auch keine Briefe und Urkunden
im eigenen Namen ausstellen. Ihre Aufgabe sollte es vor-
nehmlich sein, auf Grund besserer Kenntnis des Territoriums
die Beschlüsse der obersten Behörde darüber vorzubereiten.
Alle die obrigkeitliche Gerechtsame betreffenden Fragen,
welche durch die Stadtbehörde erledigt werden sollten,
nahm der regierende Ammeister entgegen und überwies sie,
sofern er sie annahm, den Landpflegern des betreffenden
Amtes. Unbedeutendere Angelegenheiten konnten diese
1) Eheberg, S 571.
2) Winkelmann, S- 525, 527-528; Wurde der Landpfleger,
welcher Fünfzehner war, zum Dreizehner gewählt, so mußte er
selbstverständlich aus dem Kollegium der Landpfleger aus-
scheiden.
108 -
selbst erledigen, wichtigere dagegen mußten sie vor Rät
und XXI bringen. Die Appellationen von den Dorfgerichten
gingen direkt vor Rät und XXI, und Frevelsachen konnten
von den Landpflegern nur auf ihren Befehl erledigt werden.
Rät und XXI konnten den Landpflegern Fragen, welche
ein Amt betrafen, zur Untersuchung vorlegen.
)eder Landpfleger konnte seine beiden Kollegen zu
einer Sitzung zusammen berufen, und diese hatten ihm
dann zu folgen. Keiner konnte allein eine Entscheidung
treffen. War einer von ihnen gerade abwesend, wenn eine
Sitzung sein sollte, dann hatte der regierende Ammeister
einen Stellvertreter zu ernennen. Konnten die Landpfleger
sich über eine Frage nicht einigen, dann sollten sie die
Rät und XXI befragen, und was diesen dann gut dünke,
das sollten sie ausführen. Sie hatten nicht das Recht,
eine Ratsbotschaft nach dem Amt abzuschicken, sondern
wenn sie eine solche für nötig hielten, beantragten sie es
bei den Rät und XXI, wenn es sich aber um Kriegshändel
handelte, bei den XIII, welche dann das nötige besorgten.
Ebenso waren sie nicht berechtigt, zur Erledigung von
Streitigkeiten auf das Land zu fahren. Auch sie waren
bei der Rechenschaftsablegung ihres Amtmannns auf dem
Pfennigturm zugegen und hatten dafür zu sorgen, daß
dieser seine Einnahmen richtig ablieferte. Außerdem sollten
sie alle Gerechtigkeiten, welche die Stadt in den Ämtern
hatte, und die Abgaben nach den vorhandenen Verzeich-
nissen genau feststellen und in ein besonderes Buch ein-
schreiben lassen, damit man jederzeit darüber unter-
richtet wäre. Ihre Amtsstube befand sich auf der Münze.
Zu einer so selbständigen Stellung, wie es nach der
Ordnung vom Jahre 1513 möglich war, konnten die Land-
pfleger nicht mehr kommen, daher war auch jetzt ihrem
Amte eine längere Dauer beschieden.
109 —
3. Die Verwaltung der städtischen Amter.
Das Territorium war zur einheitlichen Verwaltung in
Ämter geteilt. Es waren dies die Ämter Illkirch, Wasseln-
heim, Marlenheim, Herrenstein, Kürnberg, Ettenheim und
Fürsteneck, Sozusagen je ein Amt für sich bildeten die
4 Städte Benfeld, Kenzingen, Herbolsheim und Lichtenau
und die Feste Kochersberg. Ferner bildeten die beiden
Städte Molsheim und Börsch in der Zeit ihrer Zugehörigkeit
zu Straßburg ein Amt. In Rappoltsweiler hatte die Stadt
während der kurzen Zeit ihrer Herrschaft daselbst min-
destens 2 Amtleute, aber es fehlt an genauen Nachrichten,
wie sie ihre Rechte in dem verpfändeten bischöflichen Ge-
biete ausübte.
An der Spitze eines jeden Amtes stand ein Vogt oder
Amtmann')-). Beide Worte bezeichnen ein und dieselbe
Person, im 15. Jahrhundert ist Vogt bei weitem das
häufigere'), seit dem Anfang des 1 6. Jahrhunderts wird es
durch Amtmann allmählich abgelöst. Der Vogt war
städtischer Bürger, mit Ausnahme desjenigen von Marlen-
heim, und mußte allem Anscheine nach dem Stadtadel
angehören.
Die Vögte wurden von Rät und XXI, seit der zweiten
Hälfte des 15. Jahrhundert auch im Beisein des Ammeisters
und des regierenden Städtmeisters, gewählt und hatten
einen Amtseid zu leisten^). Ihr Amt dauerte mehrere jähre
') Der Namen Vogtei für Amt kommt äußerst selten vor.
2) Georg von Below, Territorium und Stadt, S- 284, 285.
•^) Die Landherren schreiben 1513 dem Gericht in Wasseln-
heim, daß sie „dheinen gerichtzbotten oder amptman, der unns
als der oberkeit zusetzen zustot, on unsers vogtes als von unsern
wegen wissen und willen setzent." Hier kann Amtmann nur
einen niederen Beamten bezeichnen.
4) Eheberg, S- 40 und S- 76. Str. Stadt-A. V. C G- A 40
Nr. 88 la: ,,zu Marie soll der vogt sweren dies nachgeschriben,
der vogt zu Narle sol schweren Meister und Rat zu Strassburg
getrew und hold zu sin, iren nutzen zu furdern, iren schaden zu
110
und konnte durch Tod, freiwilligen Verzicht oder Auf-
kündigung durch die Stadt beendet werden. In den beiden
letzten Fällen war eine Kündigungsfrist vorgesehen, welche
für die Stadt bei der Besetzung') des Amtes Molsheim
im Jahre 1417 ein viertel Jahr und bei der Besetzung der
Ämter Kochersberg im Jahre 1511 -) und Wasselnheim') im
Jahre 1544 ein halbes Jahr betrug; für den Vogt war jedes
Mal ein halbes Jahr vorgesehen.
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde eine
besondere Verordnung bezüglich der Besetzung und Aufgabe
der Ämter erlassen*). Wer sich um eine Vogtei bewerben
wollte, der hatte innerhalb 8 Tagen nach dem Zeitpunkt,
an welchem die Erledigung eines Amtes bekannt gegeben
wurde, eine schriftliche Meldung dem Oberstadtschreiber
zu übergeben. Um eine Wahlbeeinflussung zu vermeiden,
durfte dieser die Meldungen nicht bekannt geben, sondern
mußte sie nach Ablauf der acht Tage dem Ammeister und
regierenden Städtmeister'') zustellen, welche bei der nächsten
Ratsversammlung darüber abstimmen ließen. Bei der Ab-
stimmung entschied einfache Stimmenmehrheit.
warnen und zu wenden und alles das zu tun, das dann eyn ge-
treuer vogt sins ampts halben schuldig und pflichtig ist ze thun-
Er soll auch das ampt by sinen fryheiten, gewonheiten und
harkommen hant haben, und wo im widersatz oder intragk
beschee, sollichs an Meister und Rat zebringen; er soll auch alle
sturen, betten, ungelt, frefel und andere nutz und gefelle, so
der statt Str. zu irem teil gehörent, flißlich und ernstlich erfordern
und inbringen und und sollichs zu ieder Zeit, wann er des er-
fordert wurt, erbere rechnung und bezalung thun."
^) Eheberg, S- 76, Abs. 4.
') Eheberg, S. 548.
^) Eheberg, S- 585, Mitte: „wann es ihnen aber oder mir nit
mehr füglichen were, so solle ain thayl dem andern ein halb
iahr vor absagen."
^) Ebenda, S- 466-
•') Winckelmann, S- 600— 604.
111 —
Hatte sich niemand für das Amt gemeldet oder
schienen die Bewerber nicht geeignet zu sein, dann wählte
man einen beliebigen Bürger, welcher sodann das Amt
annehmen mußte. Versuchte ein Bürger oder eine Bürgerin,
einzelne Räte oder Einundzwanziger für die Person eines
Bewerbers zu gewinnen, so wurden sie in eine Strafe von
30 Schilling genommen. Vor der Wahl befragte der
Städtmeister Rät und ,XX1, ob jemand sie für einen Be-
werber zu beeinflussen suchte, und sie hatten bei ihrem
Eid darüber Rede zu stehen^).
Ferner bestimmte die Ordnung, daß der Vogt, welcher
sein Amt niederlegen wollte, dies öffentlich erklären sollte-).
Wenn er aber zu dieser Zeit gerade draußen in seiner
Vogtei war und nicht in die Stadt kommen konnte, so
sollte er in einem versiegelten Brief dem Städtmeister seine
Absicht kund tun, und dieser war bei seinem Eid ver-
pflichtet, den Brief bei der nächsten Sitzung von Rät und
XXI zur allgemeinen Kenntnis zu bringen.
Ein besonderes Verfahren bei der Einsetzung des
neuen Vogtes in das Amt ist nur für Marlenheim über-
liefert. Es wurde zum ersten Mal angewendet, als am
9. Mai 1526 der Vogt Hans Heinrich eingesetzt wurde.
Damals gingen die Bauherrn und die Dreier des Pfennig-
turmes nach Marlenheim, ließen alle Untertanen des ganzen
Dorfes zusammen kommen und geboten ihnen bei ihren
Eiden, allen Geboten und Verboten des Vogtes gehorsam
zu sein „und im thun, wie sy dann einer statt Strassburg
als iren zitlichen herren zu thun schuldig sind allerding
truwiich und on geverde." Zweifellos ist es in den anderen
Dörfern des Amtes Marlenheim ähnlich gehalten worden.
1) Ebenda, S- 605 6-
2) Die Ordnung gebraucht den Ausdruck, daß es von Meister
und Rat geschehen sollte, ebenso wurde Cune zum Trubel 1417
von der obersten Stadtbehörde zum Vogt gewählt (Eheberg,
S. 76). Vgl. dazu Winckelmann, S. 522-525.
112 —
Als 1531 der „Söldner" Konrad Wolff zum Vogt eingesetzt
wurde, legten ihm die Untertanen einen Eid ab, verlangten
aber zugleich, daß auch dem bischöflichen Vogte ge-
schworen werde'). Dies geschah, und darauf erhielten sie
von der Stadt und dem Bischof je zwei Ohm Wein zum
Geschenk.
Als im )ahre 1511 Georg von Wickersheim Vogt auf
dem Kocherberg wurde"-), stellte er in der Person des
Martin Sturm der Stadt einen Bürgen, welcher sich ver-
pflichtete, an die Stadt bis zu 100 Pfd. für ihn zu zahlen,
wenn diese nach seinem Tode oder Abgang etwaige An-
sprüche wegen der von ihm eingesammelten Gefälle er-
hebe. Dasselbe war der Fall, als im Jahre 1544 Heinrich
Hüffel zum Vogt von Wasselnheim gewählt wurde.
Die Vögte wohnten während ihrer ganzen Amtszeit
auf der Burg, welche den Mittelpunkt ihres Amtes bildete.
Sie konnten daher auch in dieser Zeit kein anderes
städtisches Amt bekleiden und waren wahrscheinlich auch
steuerfrei. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts
stellten die XV bei Rät und XXI den Antrag, die Vögte
zur Zahlung von Kricgsschatzung heranzuziehen"'). Ob sie
damit durchdrangen, wissen wir nicht.
Der Vogt von lllkirch wohnte nicht im Amte, sondern
in der Stadt Straßburg und ging von hier aus seinen Ge-
schäften nach. Eine Vogtordnung aus der Zeit vor 1444^)
verbot dem Vogt, auf Kosten der Stadt zu zehren, wenn
1) Str. Stadt'A. V. C G. A 40 Nr. 881a.
-) Eheberg, S. 548-
'-^) Eheberg, S- 482-
') „der vogt soll auch hinnanfurder nutzit besser der stet
gelt zeren, so er zu lllrekirche Grafenstaden oder lllwickersheim
ist; schicketen aber die erbcrn lute, die gemeinde oder ein-
zelne (?) noch im, die mogent für in bezahlen us irem seckel,
danne die stat Strasburg dchein costen haben soll-" Vogt-
ordnung aus der Zeit vor 1444.
113
er die 3 Dörfer bereiste. Wenn aber die Gemeinden oder
Untertanen nach ihm schickten, so mußten sie ihn für
seinen Gang selbst entschädigen.
Der Vogt von Marlenheim war nicht städtischer Bürger,
sondern von Anfang an ein Untertan aus dem Amte selbst,
angeblich aus dem Grunde, weil die Besoldung für einen
städtischen Beamten nicht ausreichte. Entscheidend ist
aber jedenfalls der Umstand, daß der Vogt kein militärisches
Kommando hatte. Zur Erledigung der anderen Befugnisse
des Vogtes war ein Untertan gut genug. Er war ebenso
wie früher derjenige des Grafen Georg von Bitsch ein vermögen-
der und angesehener Bürger des Dorfs Marlenheim. Da
er aber zur Bede und anderen Abgaben nicht beizusteuern
brauchte, erlitten die anderen Untertanen nicht geringen
Schaden. Außerdem war er noch nebenbei Wirt und ver-
kaufte seinen Wein zu teueren Preisen. Daher beschwerte
sich 1503 die Gemeinde und „begertten doruff, inen ein
gemeynen amptman zu geben und zu setzen." Was darauf-
hin von Rät und XXI beschlossen wurde, wissen wir nicht.
Als dann 1530 eine Ratsbotschaft das Schultheißenamt das
Dorfes revidierte, erstattete sie auch Bericht über den Vogt:
„der vogtey gescheffd, die herlichkeyt belangend, erstreckend
sich wyt und fordern ein dapferkeyt und ansehens, be-
sonder under dem ungeschlachten volck." Die verordneten
Herren schlugen daher vor, zum Vogt des Amtes einen
„reysigen knecht" zu machen, „der die wäld beryten und die
lands loyff doneben erkunden möcht, dem geb man uff
ein pferd ein stallung und ein sitz." Als Wohnung aber
sollte man ihm die Behausung im Stadelhof anweisen,
welche er zusammen mit dem Schultheiß benutzen könne.
Die Rät und XXI erhoben diesen Antrag zum Beschluß.
Dem Söldner Konrad Wolff aber folgte als Vogt Lorentz
Schuhmacher. Er erschien am 13. Dezember 1535 in
Straßburg auf dem Pfennigturm, nachdem er vorher vor
Rät und XX! den Eid abgelegt hatte. Hier wurden ihm
8
— 114 —
im Beisein zweier Verordneten die Ordnungen des Amtes
vorgelesen und ihm angezeigt, daß er außer dem Freisitz
noch 2 Gulden und einen Rock „von färben wie den Sold-
neren" zur Besoldung erhalten solle^)").
Die drei Dörfer an der 111 wurden in den ersten jähren
nach ihrem Erwerb von zwei Vögten verwaltet. Wie lange
diese im Amte blieben, ist nicht gesagt. Bald darauf
wurden die Dörfer vollständig der städtischen Verwaltung
angegliedert'), indem der jährlich abgehende Dreier des
Pfennigturmes die Verwaltung auf ein )ahr übernahm. Die
Ordnung verbot ihm, mit den Untertanen in geschäftliche
Berührung zu treten, er durfte während seiner Amtsdauer
keine Felder in den Gemeinden pachten, wenn er aber
vorher schon Güter daselbst hatte, durfte er sie weiter
besorgen. Seine Schutzbefohlenen sollten ihm weder ein
Geschenk machen, noch Heu mähen und zur Stadt fahren
und Frondienste leisten. Von militärischen Befugnissen
wird nichts erwähnt, er kann auch, da er in der Stadt
wohnte, keine gehabt haben.
Der Vogt war in erster Linie Befehlshaber über die
Burg, in welcher er wohnte, in Kochersberg und Fürsteneck,
solange wenigstens das gleichnamige Amt noch nicht ge-
bildet war, hatte er überhaupt nur diese militärische Kom-
petenz, und noch in der Vogtordnung für Wasselnheim vom
Jahre 1544 wird sie als erste angeführt. Als Burgkom-
mandant verfügte er frei und selbständig über die ihm
1) Auch vorher erhielt der Vogt bereits Tuch zu einem
Rock, genau wie der Stadler.
•^) Das Registerbuch nennt )akob Heilen als Vogt zu Nieder-
hausen. An anderer Stelle heißt es, daß er keine Bede zu geben
braucht. Demnach scheinen seine Stellung und jedenfalls auch
seine Befugnisse dieselben gewesen zu sein, wie beim Vogt zu
Marlenheim.
3) Die Vogtordnung ist nicht datiert, da aber 1444 Johann
Trach als einziger Vogt genannt wird, muß sie vorher entstan-
den sein.
115
untergebenen Knechte und Wächter, im Kriegsfall aber
konnte er in seinen Anordnungen an die Zustimmung von
Rät und XXI gebunden sein.') Heinrich Hüffel mußte 1544
sogar schwören, daß er sich in der Burg zu Wasselnheim
niemals gegen die Stadt empören wolle, noch einem dritten
dieselbe zur Verfügung stellen werde-) 'V)-
jede Burg hatte eine ständige Besatzung, deren Höhe
sich nach ihrer Größe und Bedeutung richtete. Die größte
in diesem Sinne war Herrenstein, welche 12 Mann ständige
Besatzung hatte, solange noch Dietrich Kämmerer ein Achtel
daran besaß. Dann folgte Ettenheim mit 9 Knechten ohne
diejenigen, welche Ludwig von Lichtenberg daselbst liegen
hatte"*). In Lichtenau mußte der Vogt 6 unterhalten, in
Molsheim und Börsch zwei gewappnete Knechte und einen
Wächter''). Die Vogtordnungen von Kochersberg und Ben-
feld geben für die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts die
Stärke der Besatzungen nicht an. Georg von Wickersheim,
welcher, wie wir sahen, 1511 Vogt auf dem Kochersberg
wurde'), hatte beständig zwei Wächterknechte zu halten,
und Heinrich Hüffel in Wasselnheim zwei Wächter, einen
Pförtner, einen Ausgucker und einen reisigen Knecht.
^) Bei einem Einfall des Grafen von Sarwerden in das Ge-
biet von Ettenheim im jähre 1475 fragt der Vogt in Straßburg
an, ob er auf ihn schießen solle oder nicht.
-) Eheberg, S 585 unten-
"0 Ein Weistum aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts be-
richtet, daß nach altem Herkommen der Schultheiß dabei sein
müsse, wenn man nachts die Tore von Kenzingen öffne oder
schließe. Str. Stadt-A. Q. U- P. 148 B. 115 Nr. 8 (13).
'*) In Lichtenau hatten die Stadt und die Herren von Lichten-
berg je einen Schlüssel zu den beiden Stadttoren Kein Vogt
daselbst durfte ohne Wissen des andern die Tore öffnen oder
schließen. Str. Stadt-A. AA. 1494.
''') Eheberg, S 39—41.
^) Eheberg, S 76.
") Eheberg, S. 547.
8*
^ 116 -
Im Kriegsfall wurde die Besatzung natürlich verstärkt,
z B war zwischen der Stadt und Dietrich Kämmerer ver^
einbart worden^), daß dann noch 16 Mann hinzukorrimen
sollten 1 2 von Seiten der Stadt und 4 von Seiten Käm-
merers' Die Höhe der Vermehrung aber wird sich im
allgemeinen nach den obwaltenden Verhältnissen gerichtet
^ ^ Die Beschaffung der vorgeschriebenen Anzahl Knechte
und Wächter war ganz Sache des Vogtes. Er nahm sie
in Dienst, und ihm hatten sie zu schwören. Die Vogt-
ordnung von Lichtenau verpflichtete den Vogt, genau an-
zugeben, an welchen Tagen des )ahres er etwa nicht die
vorgeschriebene Besatzung beisammen hatte, damit man
ihnr gegebenenfalls das dadurch gesparte Geld an seiner
Besoldung abziehen konnte. Dazu mußte noch einer der
sechs Knechte der Stadt schwören, diese Tage auch genau
zu zählen und ihr dann mitzuteilen"-).
Zu seiner und seiner Knechte Besoldung erhielt der
Vogt jährlich von der Stadt eine feste Geldsumme, wozu
noch In den Ämtern und Städten, in welchen er auch die
Verwaltung hatte, Abgaben und Gefälle der Untertanen
traten. Die Höhe der Besoldung war von der Anzahl der
Knechte welche er zu halten hatte, abhängig. In Etten-
heim erhielt der Vogt von der Herrschaft in der ersten Hälfte
des 15. Jahrhunderts zuerst 20 Pfd.. dann 186 Pfd., darauf
Ö^t^b. Urk.-B. VI. Nr. 14%. Es wird nur eine ständige
Besatzung der Stadt in der Stärke von 12 Mann genannt Aus
dem Umstand aber, daß Kämmerer einen eigenen Vogt auf
Herrenstein hatte und seine Besatzung im Kriegsfälle um
4 Mann verstärken durfte, ist zu schließen, daß von der standigen
Besatzung 3 Mann seine Knechte waren.
•-) Eheberg. S. 40- Aus S. 41, § 135 ist nicht mit Notwendig-
keit zu folgern, daß die Knechte der Stadt den Eid leisteten. Da-
gegen entspricht es durchaus der Stellung ^^^J^f .^^' f ^^^'^
fhm schwuren, wenn es gleich an einer direkten Nachricht darüber
fehlt. Vgl. Schroeder, S 608.
I
— 117 —
aber 150 Pfd.; wenn er aber statt der vorgeschriebenen
9 Knechte nur 8 zu halten brauchte, wurde seine Besoldung
um 10 Pfd. vermindert. Dagegen war bei der Besoldung
von 20 Pfd. der Anteil an den Gefällen auch größer^).
Der Vogt von Benfeld bezog eine Besoldung von
26 Pfd. welche aber bald darauf auf 10 Pfd. herabgesetzt
wurde-), der von Molsheim und Börsch eine von 25 Pfd."')
und der von Wasseinheim im )ahre 1544 eine von 40 fl.
„Straßburger Wäh^ung"^), alles ohne die Gefälle von Seiten
der Ämter.
Die Vögte von Lichtenau und Kochersberg hatten keine
Gefälle, der erstere bezog 105 Pfd., der letztere 80 Pfd.
und 1511 nur noch 40 Pfd.. außerdem bebaute er die
Felder um die Burg'^'*). Wahrscheinlich hatte er im Jahre
1511 auch weniger Knechte zu halten.
Die Burgen wurden von Zeit zu Zeit durch besonders
1) Zu den 20 Pfd. erhielt er 8 Pfd. an der Bede, den ..kleinen
Zoll", welcher 6—8 Pfd betrug. Heu im Werte von 8 Pfd.. über
60 Kappen und Hühner und Holz nach Bedarf. Später mußte
er auf das Heu verzichten, erhielt aber 7 Matten zur Bebauung
und einen Zoll von den Eiern, welche nach Ettenheim auf den
Markt getragen wurden- Eheberg, S- 39.
2) Außerdem bekam er 2 Pfd. von der Bede, 20 Kappen und
Hühner, zu Ostern ein Kalb oder einen Gulden, 4 Fuder Heu
und Stroh und Wassergerechtigkeit im Gerbergraben; ebenda S- 40.
3) An Gefällen hatte er in Molsheim 10 Pfd. von der Ernte-
bede. 2 Pfd. von dem kleinen Zoll. 3 Gulden von den 3 Bann-
weinen, 1 Pfd 5,^ von dem Bannwartturm; von den Fischern
erhielt er in jeder Woche Fische im Werte von 1 >. was jähr-
lich 2 Rd. 2 Unzen machte. Außerdem hatte er vom Wein-
zehnten ein Fuder Wein und ebenso eines von der Stadt Mols-
heim. Von Börsch erhielt er 3 Pfd.; ebenda S. 77.
♦) Die Naturalleistungen der Dörfer dieses Amts waren
ziemlich bedeutend; ebenda S. 584 585.
5) Ebenda S. 40 und S. 548.
^) Der Vogt von lllkirch erhielt laut der bereits erwähnten
Vogtordnung die Hühnerzinse aus den 3 Dörfern und 200 Wellen
Holz, welches ihm die Untertanen nach Straßburg brachten.
I
— 118 —
von Rät und XXI dazu verordnete Herren bereist, das In-
ventar, nämlich Bewaffnung, Pulver, Blei etc. und die Bau-
lichkeiten revidiert. Um Allerheiligen 1449 besuchte der
Zinsmeister Adam von Ror die Burg Herrenstein, die Kirch-
höfe zu Dettweiler und Dossenheim, den Kochersberg, Ben-
feld, Ettenheim, Kürnberg, Fürsteneck und Herbolsheim.
1513 oder 1514 waren die Landherren in Wasselnheim,
Marlenheim, Herrenstein und auf dem Kochersberg. Über
die Mängel, welche sie entdeckten, statteten sie den XV
Bericht ab.
Neben der ständigen Besatzung wurden auch die
Untertanen zu Wachen und Kriegsdiensten herangezogen.
In Benfeld mußten jede Nacht drei Bürger Wache stehen;
da ihnen das unbequem war, so baten sie am 3. März
1517 die Rät und XXI. um die Erlaubnis, von Gemeinde-
wegen einen Knecht dingen zu dürfen, welcher die Wache
versehen solle; bei Kriegsgefahr sollten diesem noch zwei
Bürger zugegeben werden. Ebenso wurde vom Dorf
Wasselnheim jede Nacht eine Wache nach dem Schloß
verordnet.
Bot die Stadt ihre Untertanen zu Kriegsdiensten auf,
so hatte der Vogt gemeinsam mit der Gemeindeobrigkeit
für ihre Aushebung und Ausrüstung zu sorgen'). Damit
aber die Mannschaft im Kriegsfall bereit sei, konnte der
Vogt schon in Friedenszeiten die Ausrüstung und Einübung
1) Am 16. April 1475 schreiben der Vogt, Schultheiß, Meister
und Rat zu Ettenheim an die Stadt Straßburg: .... „wissend,
daß wir alle die unsern, auch ander zu uns gehörig, tugent
rüsten mit irem hämisch, geschutz, gewere und wegen und
angesicht desselben briefes (= welchen Rät und XXI. ihnen vorher
geschrieben haben), by unns zu E. ouch den dörffern darzu
gehörig geleit 9 wagen, wol gemenet, und zu yedem wagen
2 knechte mit iren hantgcweren, halbarten und spießen, auch
68 knechte mit iren hämisch nach unserm allerbesten vermögen
erzugt, dar under sint 32 armbrosterschutzen und die fibrinen mit
helebarten, mordäxten und lanzen" Str. Stadt-A. B. A- iV-, 68,
\
i
— 119 —
derselben vornehmen. Im )ahre 1513 berichtete der Vogt
von Benfeld, er habe die Bürger daselbst bei seinem
Amtsantritt gemustert, aber nicht mehr als drei Büchsen-
schützen vorgefunden. Nach und nach habe er jedoch
ihre Zahl auf 24 erhöht; er bat daher die Landherren,
ihm zu einem wöchentlichen Schießen mit diesen Schützen
einen Beitrag zu bewilligen. Die Stadt Benfeld hätte
bereits zugesagt, dieselbe Unterstützung wie Straßburg zu
gewähren.
Eine weitere Aufgabe des Vogtes war, die Gefälle
der Stadt in den Ämtern einzusammeln und auf dem
Pfennigturm abzuliefern. Das Getreide wurde im Amte
selbst aufgespeichert, er hatte es auf Geheiß der Dreier
auf dem Pfennigturm zu verkaufen. Die Abgaben erhob
er nicht selbst, sondern die Untererheber lieferten sie an
ihn ab. Vielfach und namentlich im Amte lllkirch brachten
diese sie direkt nach Straßburg. Um die Weihnachtszeit
hatte der Vogt jährlich auf dem Pfennigturm Rechnung
abzulegen.
Da beim Erwerb des Territoriums und besonders auch
im 15. Jahrhundert die Rücksicht auf die wirtschaftlichen
Vorteile, welche dasselbe der Stadt bringen sollte, eine
große Rolle spielte, so tritt in den Vogtordnungen aus
dieser Zeit auch die Aufgabe des Vogtes als Steuererheber
entschieden in den Vordergrund gegen diejenige als Ver-
waltungs- und richterlicher Beamter. Daß aber der Vogt
des 15. Jahrhunderts auch diese Befugnisse hatte, das
liegt außer Zweifel, wenn es gleich nur durch die
Vogtordnung für Molsheim und Börsch ausdrücklich be-
zeugt ist^).
1) Eine Instruktion für eine Ratsbotschaft nach Kenzingen,
angeblich aus dem jähr 1460 berichtet von dem Vogt zu Kürnberg:
„desglichen was an großen Frefeln in den dörfferen verrechtiget
wurt, sol der vogt von Kurenberg ouch doby sin" Str- Stadt-A.
GU.P. 148 B. 115 Nr. 8.
— 120 —
Der Vogt hatte jährlich in jeder Gemeinde seines
Amtes ein Vogtgericht abzuhalten'); in der Gemeinde
Illkirch-Grafenstaden war dafür der Ausdrucl< ümgtag
üblich Hier sowie in Herbolsheim fand dasselbe regel-
mäßig am 13. Januar statt^), in Kenzingen dagegen am
Samstag vor und am Montag nach Trinitatis, und in
Marlenheim wurde es einmal am Mittwoch nach dem
Jahrestag und bald darauf einmal am Dienstag nach drei
Könige abgehalten. Im Dorf Wasselnheim setzten der
Vogt der Schultheiß und das Gericht gemeinsam den
jeweiligen Termin für das Vogtgericht fest% Es hatte
dazu "jeder Gemeindebürger zu erscheinen, in lllk.rch
wurde das f=ernbleiben vom Vogtgericht mit 30 Schilling
bestraft'). .
In Kenzingen wurde das Vogtgericht von einer be-
sonders verordneten Ratsbotschaft abgehalten, da dem
dortigen Schultheißen, dem höchsten straßburgischen Be-
ll
1) vgl. Knapp, S 54 ff. und S. 111, 112.
2) Memoriale der Landherren, Dezember 1514: „item als
Ludwi" Mueg anbrecht, das nach alter Rcwonheit bisher gc-
wesent das man uf den 20. tag ein rat zu Herboltzheim besetzt
und aber nun ze zit das halbteil mynen herrcn allein sy, und
were sin beger, daz man solich ratsbesetzung dißmal an ston
und ein rat allwegen hinfur samstag vor trinitatis besetzen heb, so
mochten der stat verordneten, so zur ratsbesetzung gen Kcntzingcn
riten; bedungt die herren nit unbequem sin", doch wollen sie
Rät und XXI darum befragen j , . » „
3) Gerichtsordnung für Wasselnheim; „zum IX. und Ictsten,
wann alle empter riegcn, man newe empter setzt, die stendtlin
und scstermoß sint, die banntwarten ußschweren und riegcn
meßtag hien setzt, ungclt uflschreibt und wos daz durch das lar ulS
sein mag, darumb bcrahtslagen sich zu icderzeit ein schultheizs.
gericht und amptman und thun das zu jederzeit gclegenheit.
J) es ist alte gewonheit, daß man alle jar uff den XX. tag
het ein ding dag, da berufet man allermenglichcn under unscrm
Stabe in beyden dörlfern, by 30 ,< von unsern herren wegen; da
verlihet man alle die ambaht, die der menige zuhörent," ohne
Datum, 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts.
- 121 —
«
amten, die Banngewalt fehlte, dasselbe galt für Herbols-
heim^) und für Ettenheim-). Aber Ende des Jahres 1514
stellte Ludwig Mieg, der die Hälfte dieser Stadt innehatte,
bei den Landherren den Antrag, man solle das Vogt-
gericht auf Samstag vor Trinitatis verlegen, dann könnte
die Ratsbotschaft, welche nach Kenzingen gehe, auch in
Herbolsheim das Vogtgericht abhalten. Die Rät und
XXL, an welche die Landherren diesen Antrag brachten,
nahmen ihn an.
Als man im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts davon
Abstand nahm, in Lichtenau einen eigenen Vogt zu halten,
und daher der Schaffner auf der Burg der einzige straß-
burgische Beamte daselbst war, wurde zur Erledigung der
landherrlichen Geschäfte auch hierhin eine Ratsbotschaft
geschickt. Zum jähre 1424 wird sie zum ersten Mal
erwähnt, und 1489 bestand sie aus einem von den vier
Städtmeistern und dem Altammeister.
Im Amt Marlenheim fehlte dem Vogt als Untertan
ebenfalls die Banngewalt, daher führte hier ein Dreier des
Pfennigturms den Vorsitz^).
Die Geschäfte, welche auf dem Vogtgericht erledigt
wurden, waren dieselben wie bei den anderen Dörfern, von
denen wir Kunde haben. Es sei daher nur kurz mitgeteilt,
daß man die Dorfämter daselbst besetzte, die neuen Beamten
^) Instruktion einer Ratsbotschaft nach Kenzingen um das
Jahr 1500: „item das das sweren zu Herboltzheim sollent ir lossen
bescheen, wie von alter harkommen ist" Str. Stadt-A- C U- P.
110, B. 97.
•) Ebenda: „Item am widerkere gon Ettenheim zu riten und
sie dem vogt tun sweren, wie von alter harkommen ist"
'j Dieses ergibt sich daraus, daß die Ungeldordnung für
das Amt Marlenheim bestimmt, daß Dienstag nach drei König
ein Dreier des Pfennigturms die Leute, welche das Ungeld ein-
sammeln, die Ordnung beschwören lassen soll. Es ist nicht
festzustellen, wie der Bischof seine landesherrlichen Rechte in
diesem Amte ausübte, iedoch hatte er daselbst einen Vogt,
welcher ein Untertan aus dem Amte war-
— 122 ~
schwören ließ, von den abgehenden einen Rechenschafts-
bericht forderte, die Schöffen und in den Städen die Räte
einsetzte, neue Bürger aufnahm und von allen den Bürgereid
schwören ließ und anderes mehr. In Kenzingen besetzte
man Samstags den Rat, darauf folgte eine Schmauserei der
Räte und städtischen Boten, und Montags in der Prühe ließ
man die Bürger schwören.
An das Vogtgericht schloß sich das Ruggericht, bei
welchem Recht gesprochen wurde. Der Vogt oder die
Ratsbotschaft erledigte hier die schweren Frevel, soweit
über sie noch nicht im Laufe des |ahres von Rät und XXI
auf schriftlichen Bericht des Vogtes hin entschieden war.
Auch über kleinere Frevel konnte hier verhandelt werden.
In den Ämtern lllkirch und Wasselnheim wurde das
Ruggericht seit Einführung der neuen Gerichtsordnung aus
den lahren 1509 bezw. 1532, womit, wie noch zu zeigen
sein wird, die selbständigen Dorfgerichte beseitigt wurden,
von dem Vogt, einem Landherrn ^), einem Dreier und dem
Schreiber des Pfennigsturms abgehalten. Wahrscheinlich
wurde nun das Ruggericht vom Vogtgericht getrennt, in
dem Dorf lllkirch wenigstens fand es um die Mitte des
16. Jahrhunderts eine Zeitlang in der ersten Hälfte des
Monats November statt.
In Wasselnheim gab es noch eine besondere Behörde,
welche über Dorfangelegenheiten beriet. Es waren dies
der Schultheiß und das Gericht unter dem Vorsitz des
Vogtes. rSach anderen Angaben nahmen auch die 2 Meister,
der Gerichtsbote und von den Schöffen die sieben alten
und die sieben neugewählten oder auch nur drei von den
letzteren teil. Im jähre 1529 revidierten sie die Dinghof-
rodel des Hornbachischen Dinghofs, 1536 die Ordnungen
für die einzelnen Dorfbeamten und ebenso diejenigen, welche
die Gebühren für die Benutzung des Dorfsiegels, die Löhne
I
— 123 ~
der Taglöhner, welche für die Gemeinde arbeiteten, und
ähnliches regelten.
In Marlenheim setzten der Schultheiß, das Gericht und
die beiden Amtleute den Dorfschreiber ein^).
4. Die Richter.
Auch in dem Territorium der Stadt Straßburg wurden
die Schöffen, auch Gerichtsleute oder Geschworene genannt,
jährlich auf dem Vogtgericht gewählt. In Wasselnheim
kam es in den ersten Jahren der Zugehörigkeit zur Stadt
vor, daß die Gemeinde ihre Schöffen ohne den Vogt wählte.
Als die Landherren darauf wieder das Amt bereisten, wurde
dieses selbständige Vorgehen untersagt. Ebenso wandte
man sich in diesem Dorf bei Streitigkeiten, welche das
Gericht nicht schlichten konnte, an benachbarte Gerichte.
Am 20. August 1513 setzten die Landherren fest, daß in
solchen Fällen das „alte gericht," d. h. die Schöffen des
letzten Jahres, heranzuziehen seien; wenn man dann auch
nicht zu Ende kommen könne, solle man den ganzen Fall
den Rät und XXI unterbreiten. Diese Anordnung erwies
sich ebenfalls als nicht ausreichend. Daher schlugen 1514
der Vogt und der Schultheiß den Landherren vor, man solle
von den 7 Schöffen immer drei 2 jähre lang im Amte be-
halten-). Diese erklärten sich damit einverstanden, be-
schlossen aber, zunächst Rät und XXI darum zu befragen,
welche bestimmten, daß 1515 bei der Neuwahl 3 Schöffen
abgehen und 4 im Amt bleiben sollten. Im nächsten jähre
sollten drei im Amte bleiben und vier neu gewählt werden. Dieser
1) „Landherr" im ursprünglichen Sinn.
') „Item ein jeder Schreiber soll ein iar lang uff unnd an-
genommen werden und wann das iar herumber ist, so soll er
schuldig sein, vor schulth. umd einem ersamen gericht auch
in bey sein beeder amptleuthen, wan man pfleget andere amter
zusetzen, wiederumb um seinen dienst zu piten" 1556- Str.
Stadt-A. V. C. G. A 40 Nr. 88.
2) Memoriale der Landherren.
— 124
Turnus wurde nunmehr in der Gemeinde Wasselnheim-Brech-
lingen beibehalten.
Im Anfang des 16. Jahrhunderts wurde für Illkirch'
Grafenstaden festgesetzt, daß die jährlich abgehenden neun
Schöffen sich ihre Nachfolger selbst wählen sollten.
Die Zahl der Schöffen war nicht überall dieselbe.
Ebenso wie Wasselheim hatte auch Marlenheim sieben.
Hatte das Dorf verschiedene Berufsstände, so konnte jeder
eine Anzahl Schöffen stellen. Von den neun der Gemeinde
lllkirch'Grafenstadten waren drei Bauern, drei Fischer und
drei Tagner. in der vereinigten Gemeinde Schiltigheim-Adels-
hofen waren 6 aus Schiltigheim und 3 aus Adelshofen.
Der Rat der Territorialstädte entsprach dem Gericht
der Dörfer. Über die Zahl seiner Mitglieder und die Art
ihrer Einsetzung müssen besondere Bestimmungen gegolten
haben; von den 20 Räten der Stadt Kenzingen, welche
jährlich ihr Amt wechselten, setzten Rät und XXI zwölf ein,
aber ohne Beteiligung der Gemeinde. Die acht übrigen
setzte Kenzingen selbst ein, ob die Gemeinde oder der ab-
gehende Rat, ist nicht festzustellen.
Die Schöffen des Dorfes Odratzheim leisteten bei ihrem
Amtsantritt dem Keller des Stadelhofes als ihrem Ober-
schultheißen einen Eid^)-). Am 30. Janur 1522 wird dieser
^) „Die gerichtslüt zu Odratzheim sollen schweren, dem ober-
schultheißen und dem glocken gehorsam und gewärtig zu sein,
euch glich gericht zu haltenn unnd richtenn dem armen als dem
richenn, so wyt sy sich verston und sy gott wyset, auch alle
freuell truwlich zu richtenn niemans darunter anzusehen." Str
Stadt- A. V.CG. A 40 Nr 88.
-) In Monnenweier wurde auch ein Eid geleistet. „Darumb
so sollend die gesatzten richter sweren ein eid an den heiligen,
minen herren der stat Strasburg getruw und hold ze sind, ihren
nutz und fromen ze werben und schaden zewenden, recht gericht
zu halten und urteil zu geben dem armen und dem riehen,
niemand zu lieb noch zu leid: gebotten und verbotten, och de
glocken gehorsam zu sind und alles das, es sy holtz, wasser.
— 125 -
zum ersten Mal erwähnt, und es scheint, daß er damals
auch erst eingeführt wurde. Seit dem 12. )anuar 1531
schwuren auch die Schöffen von Marlenheim, Kirchheim und
Nordheim und wahrscheinlich auch diejenigen der anderen
Dörfer des Amtes Marlenheim.
5. Die Tätigkeit der Gerichte.
Die Tätigkeit der Gerichte entfaltete sich auf doppeltem
Gebiete, dem der Rechtsprechung und dem der Verwaltung.
Zu beiderlei Sitzungen traten die Schöffen unter dem Vor-
sitz des Dorfschultheißen zusammen, der sie, sofern die
Gerichtstage nicht regelmäßig und zu ein für allemal fest-
stehenden Zeitpunkten stattfanden, nach eigenem Ermessen
zusammen berufen konnte. Dieses scheint vor allem bei
der Verwaltung der Fall gewesen zu sein. In den 3 alten
Reichsdörfern Wasselnheim, Marlenheim und Illkirch hatten
sich Reste der karolingischen Gerichtsverfassung erhalten^).
In Wasselnheim wurde von den acht ursprünglichen echten
Gerichtstagen des Jahres an vieren die niedere Strafgerichts-
barkeit ausgeübt, an den 4 anderen schlichtete das Gericht
die zivilen Streitigkeiten der Bürger. Außerdem konnte hier
der Schultheiß zu deren Erledigung nach eigenem Gutdünken
Wochengerichtstage abhalten, bei welchen zum Unterschied
von jenem, dem sogenannten Banngericht, Gebühren erhoben
wurden, welche ihm, den Schöffen und den Gerichtsboten
zuflössen. Diese gebotenen Gerichtstage mußten an einem
Dienstag stattfinden.
feld, was in wun und weid und allen wesen dem dorff Nunen-
wilre zu gehört, trulich zu versehen und zuuersorgen noch
dem besten vermögen, wie harkommen ist. Och mit des dorffs
gut erberiich und trulich zu handeln und da mit nach nutz umb
ze gond on all geverd, die stur gemein zii legen on geverd.
Str. Stadt-A. G- U- P. L. 1 15 Nr. 9.
1) Kiener, S. 481, weist dasselbe für einige Dörfer des Bis-
tums nach.
_ 126 —
Auch in Marlcnheim wurde an vier feststehenden Ge-
nchtstagen. welche an den vier Pronfasten abgeha en
wurden , über niedere Vergehen entschieden. In lllk.rch
^nd bi Anfang des 16. |ahrhunderts ieden Montag e,n
Gerichtstag statt. Da die Untertanen aber deswegen zu^
viel an ihrer Arbeit versäumten, bestimmte d>e Stadt bald
n-ich Einführung der neuen Huggerichtsordnung von 1 509.
d'aß nur alle 6 Wochen ein Gerichtstag abgehalten werden
dürfe in Benfeld fand zweimal im |ahre Frevelger.cht
statt' 14 Tage vor Weihnachten und 14 Tage vor |ohanm,
ebenso ein Wochengerichtstag, an welchem auch über
Frevel geurteilt werden konnte.
Die niedere Strafgerichtsbarkeit lag bis in den Anfang
des 16. lahrhunderts in den Händen des Schultheilknge-
riclts Aber um diese Zeit sehen wir die Stadt m>t Erfolg
bemüht, demselben jede Befugnis, über Vergehen zu ur-
teilen zu entreißen, und ihm nur die Entscheidung über
zivile Streitigkeiten der Untertanen zu belassen. Ani vvirK-
samsten wurde diese Absicht der Stadt in den Amtern
„Ikirch und Wasselnheim durch die bereits erwähnten
Gerichtsordnungen von 1509 und 1532 ausgeführt.
Die Reform wurde nach einer Denkschrift des Punf-
zehnermeisters Veitin Storck ausgearbeitet und gelangte
zunächst im Amt lllkirch zur Einführung. Ihr Inhalt war
folgender: sobald die Untertanen in den Dörfern, welche
de^ Stadt mit besonderem Eide verpflichtet waren, namhch
Schultheiß . Heimburge oder Meister , Schöffen . Gerichts-
boten und Wirte, irgend welche Übertretungen m ihren
Dörfern sahen oder von ihnen hörten, mußten sie dieselben
mit allen Einzelheiten dem Schultheißen mitteilen. Dieser
war verpflichtet . innerhalb 1 2 Tagen oder spätestens drei
Wochen nach Straßburg auf den Pfennigturm zu gehen
und hier genau darüber zu berichten. Ein Schreiber da-
selbst schrieb den Bericht auf. Ebenso konnte auch der
Heimburge oder gegebenenfalls auch einer vom Gericht
1
»
—- 127 —
den Frevel auf dem Pfennigturm zu Protokoll geben. Wenn
sich aber Michtbürger oder nicht dauernd ansässige Knechte
oder Tagner etwas zu schulden kommen ließen, waren die
Dorfbeamten verpflichtet, sie sofort „in gelübdt" zu nehmen,
sich dafür der Stadt zur Bestrafung zu stellen, oder sie
konnten ihnen ihre Kleider oder den Lohn bei ihren Meistern
pfänden. Leisteten die Übeltäter tätlichen Widerstand, so
mußte jeder Untertan helfen, sie zu überwältigen. Auf dem
Ruggericht, welches, wie wir sahen vom Vogt, einem Land-
herrn und einem Dreier abgehalten wurde, verlas der
Schreiber die Frevel, und von den „Herren" wurde einzeln
darüber das Urteil gesprochen ohne Mitwirkung der Gemeinde.
Die Ordnung aber mußte auf jedem Vogtgericht von den
Personen, welche für ihre Ausführung zu sorgen hatten,
beschworen werden.
Im Amt Wasselnheim schritt man zunächst noch nicht
zur Aufhebung der alten Gerichte, sondern man reformierte
sie dadurch, daß man den Vogt an den Gerichten für
niedere Strafgerichtsbarkeit teilnehmen ließ. Dieses ist für
die Gemeinde Wasselnheim-Brechlingen bezeugt und für
Zehenacker sicher anzunehmen und im jähre 1514 eingeführt
worden^). Aber die Hintersassen weigerten sich, sich von
dem Vogte aburteilen zu lassen, sie liefen lieber zur Stadt
und stellten sich hier dem Gericht; so war es leicht mög-
lich, daß sich mancher der Bestrafung entzog. Daher
legten die Landherren am 13. )uni 1514 dem Vogte nahe,
er solle nur die Untertanen unbestraft lassen, welche ihm
schriftlich nachweisen könnten , daß ihr Vergehen bereits
von der Stadt gesühnt sei, alle anderen aber solle er un-
weigerlich zur Bestrafung heranziehen'-). Jedoch im Jahre
1) Der bereits erwähnte Beschluß der Landherren über die
Zusammensetzung des Gerichts vom 20. August 1513 zeigt noch
die Selbständigkeit desselben.
*) Daß die Stadt in Wasselnheim bei der Organisation der
Gerichtsverfassung zu kämpfen hatte, beweist auch folgende
Stelle aus dem Weistum von 1529:
i
_ 128 —
,532 «»rde in a.len Dorfern d« A■"»^«««'S, *"
D,e toicbK in ö.n Dörfern de, '-*" 7;, J^^; „
""'""TL. de vS a. allen Ocrfeh.ss,.,-nngen, .n.
T'" L fT.el »«bände« wnrde, tellnebnien zu ....e„.
*„r " et » -ntle Bes,-n, nocn e,nn,.„
einzuschärfen. 7,ictande
,. An.t Manen... "e-- ;;-^;; ^J^^:^
bestehen, wie man sie vorfand. D^^ G;;j ^ 3^^^,^ ,,,
.u suchen, daß einmal '^^'/^''^''^^sZ Ig^ nicht
,. „ Rwrhof öcteilt war, sodann der stadtiscne vug
iSrtr de Stadt Strasburg, sondern ein Hintersasse
em Burger der ;,i ^^^.^^^ g^,
::„ e!;::; in .ra^hurg seihst oaer durch .nener^
ordneten an Ort und Stelle zu richten ). vv.e
"^^^ auch sach, das ein reicher oder -er .a^n.^er
were wer er wolt. ettwas '"''^"^^';, '° '°'' '^ gestellt werden zu
von den herren. sonder[n] " ,^°" ^^^^^^^'^ ^ k^ein reiß nit
Wafslenheimundnitweuter so,, uchkhemer ^^_^.^^ ^^^ ^^
^'^"^""tlnlrschein wi r hl^hoLen. er so,, auch bey
mag bey sonnen schein w>a heimkhommen muge"
Sonnenschein ausghon. das er wider nei ^.^
.) Die Ordnung liegt 3"^='^,^!"^"'' "" üb^,,Sung der 111-
ist eine sinngemäße a,''- ;;>- '^^^f ^^^ :ren mit einer
1532 eingeführt worden sein. ^^ j^^.
— 129 —
anderen Ämtern gelegentlich vorkommen konnte^). Trotz-
dem schritt man im Jahre 1531 auch hier zu Meuerunge.i,
welche zunächst ohne den Bischof eingeführt wurden.
Vorbildlich waren die Verhältnisse in Odratzheim. Wir
sahen bereits, wie der Keiler des Stadelhofes das Schult-
heißenamt in jenem Dorf versah; ebenso wurde der Schult-
heiß zum Oberschultheißen von Kirchheim und Nordheim
für kriminelle wie zivile Gerichtsbarkeit gemacht'-). Die
Schultheißen dieser beiden Dörfer sanken zu „stabhaltern"
des Oberschultheißen herab analog dem Gerichtsboten in
Odratzheim'%
Diese Ordnung wurde von den Gerichten in Kirchheim
und rSordheim auf dem Vogtgericht vom 12. )anuar 1531
zum ersten Mal beschworen. Als bald darauf das Amt
des Kellers mit dem des Oberschultheißen vereinigt wurde,
daz man denen von Narle, Kirchheim und Northeim uf ir inge-
legt beruempt gerechtigkeit antwort geben soll, und was danach
myn herren meinung mit den pfistern zu Northeim des ver-
brochenen freveis halb furzunemen gut beduncken wurt, sol
dem vogt witer schriftlich zuerkennen geben werden."
^) 1546 teilen die Landherren des Amts Herrenstein, Peter
Sturm, Nathis Beger und Caspar Rumler, dem Vogt dieses Amtes,
Johann von Rudern, mit, daß sie die in Zabern erfolgte Verur-
teilung zweier Untertanen, welche sich anscheinend dort ver-
gangen hatten, billigten und z. T. die Strafe noch erhöht hatten ;
zugleich befahlen sie dem Vogt, den Bannwart wegen Amtsver-
gehens 8 Tage einzusperren und ihn dann seines Amtes zu ent-
setzen.
'-) „der gerichtslüt eyd der dörffer Narle Northeim und Kirch-
heim: die gerichtslüt zu Marie sollen schweren" usw. wie in Odratz-
heim- „glichfermigen eyd thund auch die gerichtslüt der dörffer
Northeim und Kirchheim, welche alle dem stab zu Marie under-
worfen, und über welche der Schultheiß zu Narle" usw. St. Stadt
A. V. C G. A 40 Nr. 88.
^) Das Amt des Gerichtsboten betand in den 2 Dörfern
jedenfalls weiter fort. Ob die Schultheißen auch Unterschult-
heißen genannt wurden, ist nicht überliefert-
9
jä
— 130 —
wurde dieser auch Oberschultheiß von Odratzheim^). Am
21. November leisteten die Schöffen dieses Dorfes dem
Oberschultheisen von Marlenheim zum ersten Mal den Eid.
Im Jahre 1533 wurde auch die Teilnahme des städ-
tischen und des bischöflichen Vogtes an den Prevelge-
richten geregelt"-), nachdem es vorher zu Competenzstreitig-
keiten zwischen jenem und dem Schultheißen gekommen
war, welche eine städtische Verfügung vom )ahre 1532
nicht hatte beseitigen können.
Demnach sollte im ganzen Amt Marlenheim über keinen
Frevel ohne Einverständnis der Vögte erkannt werden, und
es konnten Hintersassen, welche von diesen vor Gericht
gestellt wurden, vom Gericht nur für schuldig oder un-
') Über die kleineren Dörfer Romansweiler, Goßweiler,
Danne und Münchhofen verlautet nichts-
-) „der bereichtigten freuel halb lüterung 1533- als auch
der vogt und Schultheiß des anderen punctens halb, die be-
rechtigten freveil belangend, wie in (-dem Vogt und dem Schult-
heißen) der (-der andere Punkt) vergangen jars geben und hie-
vor geschrieben ist, ein misverstand haben, nämlich daß der
seh. vermeint, das die gericht unverscheidenlich inn mißhand-
lungen, für sy komend, freveil zu erkennen und zu ernennen
[macht] haben sollen, und waß also erkannt [wird], davon soll
dem seh. vermög der dinghoff rodeln der zweyetcil zuston, den
Vögten allein der 3. pfenig; dogegen der vogt sagt, als er den
abscheid verstand, soll das allein uff des Stadelhoffs herlicheyt
sich erstrecken.
daruf inen volgends lüterung geben: das die gericht an
allen orten der vogty Marlenheim on der vogt bewilligung über
kein freveil erkennen sollen; es sy aber [dass jemand] von
[den] vogten do zu erfordert [wird], und jemanns von inen recht-
lich vor dem gericht freveis halb f urgestellt wurt, sollend sy
[-die Gerichte] allein die selben ledig oder der herrschaft fellig
erkennen und kein frevell erkennen, sondern dasselbig zu tun
den Vögten übergeben und von der herrschaft wegen teil zuge-
hören; jedoch soll dem seh. hiemit sine frevell, die herrschaften
des stadelhoffs belangend, nit entnommen sin, sonder, wo der
selben zufall kommen, inhalt der rodeln verteilt werden-'* Str.
Stadt. - A. V. C G. A. 39 Nr- 86 I.
131
schuldig erklärt werden. Dagegen blieb es den Vögten
überlassen , die Strafe festzusetzen. Die Gerichtsbarkeit,
welche den Stadelhof betraf, blieb dem Schultheißen vor-
behalten , dem ebenso wie bei den beiden Vögten ein
bestimmter Anteil an den verhängten Geldstrafen zustand.
Die hohe Strafgerichtsbarkeit im Amt Kürnberg wurde
von dem dortigen Vogt ausgeübt, nur Kenzingen und
wahrscheinlich auch Herbolsheim waren ausgenommen.
Über die Gerichtsverfassung von Herbolsheim ist nichts
bekannt.
In Kenzingen lag die hohe und die niedere Gerichts-
barkeit in den Händen der Räte und des Bürgermeisters
daselbst. Bei peinlichen Fällen mußte der Schultheiß als
Beamter der Stadt Straßburg mit herangezogen werden*).
Dagegen waren Rät und XXI nicht berechtigt, Bürger von
Kenzingen, welche gefrevelt hatten, selbst zu verurteilen.
Als es doch einmal vorkam, beschwerte sich der Rat von
Kenzingen ganz energisch in Straßburg. )edoch waren die
Kcnzinger verpflichtet, alle Übertretungen, welche ihnen
vom Schultheiß oder der Ratsbotschaft angezeigt wurden,
zu ahnden. Die Rät und XXI mußten sich daher darauf
beschränken, daselbst Erevelordnungen einzuführen und für
ihr strenge Durchführung zu sorgen.
Eine solche kam 1514 zur Einführung. In einem
Zettel, welcher einem Briefe vom 19. )uli beigelegt war,
legten die Landherren dem Schultheißen und dem Schaffner
noch einmal deren strenge Handhabung ans Herz. Aber
der Rat von Kenzingen suchte dem Eingreifen der Herr-
schaft in seine Gerichtsverfassung manche Schwierigkeiten
1) ,,item der frevel halb, so hoch oder nieder, werde durch
die burgermeister [und] gemeinige bracht, nemlich daß diesel-
bigen unserm Schultheiß zumachtent, wan einer ein grossen
frevel verschilt-'* Protokoll einer Sitzung der Landherren. Str.
Stadt-A. V. C- G. B 7 Nr- 5. Aus dem Schultheißeneid ist nichts
bestimmtes zu entnehmen.
9*
— 132 —
in den Weg zu legen, u. a. verlangte er 1513/14 von jedem,
welcher vom Schultheißen angezeigt und dann verurteilt
wurde, 2 Schilling für sich selbst außer der Strafe; „zu
dem. daz sie (= die Räte) etlich mer Kentzingen geneigt,
dan der statt Strassburg," heißt es in einem Protokoll der
Landherrensitzungen.
In Ettenheim hatte die Stadt Straßburg ebenfalls die
hohe Gerichtsbarkeit.
Dasselbe scheint auch in Benfeld der Fall gewesen zu
sein, wo in den Einnahmeverzeichnissen des Vogts aus
dem Anfange des 15. Jahrhunderts verschiedenemal Geld-
bußen auftreten, welche für Todschlag gezahlt wurden.
in Lichtenau gehörte jede Gerichtsbarkeit der Stadt
und den Herren von Lichtenberg zusammen').
Durch die Zentralisation der öffentlichen Gerichtsbar-
keit in den Händen von Rät und XXi war die Möglichkeit
zur strengeren Durchführung der bestehenden Rechtsver-
Ordnungen gegeben. Die Rechtsunsicherheit, welcher vor-
her Tor und Tür geöffnet war, war vermindert, und die
Grundlage für einen engeren Anschluß der Untertanen an
die Stadt war gegeben. Neue Strafregister wurden unter
Zugrundelegung der bereits bestehenden eingeführt, so am
20. Oktober 1509, wobei die alten vom 17. )uni 1477 er-
neuert und erweitert wurden. Durch häufiges Vorlesen auf
den Dingtagen und durch die Beamten wurden sie zur all-
gemeinen Kenntnis gebracht, es kam nur darauf an, daß
Übertretungen, welche vorkamen, auch regelmäßig ange-
zeigt wurden. Auch dafür war gesorgt. Nicht nur die
Dorfbeamten, sondern jeder Untertane überhaupt war eid-
^) in Allmannsweier und Wittenweier galt um die Mitte des
17. Jahrhunderts folgende Ordnung: „so werden dieselben (= die
frevel) alle jähr montags nach Laurenty in all interessirten Obrig-
keiten beysein nach befindung der umbstände geschlagen undt
wie anderer herrschaften gefalle vertheilt." St. Stadt-A. Argen-
torensia historico-politica tom II (49).
— 133 —
lieh verpflichtet, alle Vergehen, von denen er erfuhr, sofort
anzuzeigen. Zuwiderhandlungen wurden, wenn sie bekannt
wurden, als Ungehorsam angesehen und bestraft.
Das alte Dorfgericht erkannte auf Geldstrafe^), die
Herrschaft dagegen außerdem noch auf Gefängnis, Züch-
tigung und Tod.
Die Gerichtsgefälle wurden in den einzelnen Gemeinden
durch verschiedene Beamten eingesammelt, in Wasseln-
heim wurden sie anfangs jährlich einmal, seit 1514 da-
gegen viermal erhoben. In der Regel gehörten nicht alle
Gerichtsgefälle der Stadt. Zum Jahre 1514 wird berichtet,
daß die Gemeinde Niederhausen ein Drittel derselben, Ober-
hausen sogar die Hälfte zu nehmen befugt war. Dasselbe
war in Kenzingen der Fall. Aber in einer Denkschrift,
welche die Stadt im Jahre 1514 bei Rät und XXi ein-
reichte, behauptete sie dreist, daß von jeher ihr die Ge-
richtsgefälle „zu uffhalten irer zargen stattmuren, brugken,
Stegen und wegen" allein zugestanden hätten. Die Antwort
der obersten Stadtbehörde darauf kennen wir nicht.
Die Geldstrafen, welche auf dem seit 1509 im Amt
illkirch bestehenden Ruggericht festgesetzt wurden, fielen
ungeteilt der Stadt zu. Jedoch wurde im Dorf Illkirch in
den Jahren 1547—54 der Gemeinde davon jedesmal ein
Geschenk von 10—15 Schillingen gemacht. Bei Frevel-
sachen, welche von einem Stadtgericht gerichtet wurden,
fiel der Anteil der Gemeinden an den Gefällen weg, das-
selbe war der Fall, wenn auf dem Weg der Gnade die fest-
gesetzte Strafe von Rät und XXI nicht ganz erlassen wurde.
Die Gefangenen des Amts Illkirch wurden nach Straß-
burg gebracht und hier interniert, der Gerichtsbote hatte
dafür zu sorgen. Diejenigen des Amtes Wasselnheim
blieben in der Burg daselbst, wohin auch die von Marlen-
1) Vgl. Knapp, S. 50. Anm- 9 u. 10; ich finde keinen Beleg,
daß es auch auf Gefängnis erkannte.
— 134 —
heim gebracht wurden. Diese letzteren kamen abvvechsehid
dorthin und nach Moisheim in das bischöfliche Gefängnis.
Auf dem Schloß Kürnbcrg waren die Gefangenen aus dem
gleichnamigen Amt untergebracht.
Eine Berufung gegen die Entscheidung des Dorfge-
richts scheint es nicht gegeben zu haben, dagegen kamen
Gesuche um Straferlassung, sogen. Gesuche um „gnad",
welche direkt an Rät und XXI gerichtet wurden, ziemlich
häufig vor^). Zur vollen Aufhebung der einmal verhängten
Strafe wird es nicht oft gekommen sein, dagegen war
Herabsetzung derselben und Stellung von günstigeren
Zahlungsterminen häufiger das Ergebnis; jedoch wurde
solchen Gesuchen um Straferlaß erst stattgegeben, wenn
vorher das Dorfgericht bereits entschieden hatte. Daß
auch Gnadengesuche gegen Entscheidungen, welche von
einem unter dem Vorsitz des Vogtes oder eines städtischen
Vertreters abgehaltenen Gericht erkannt wurden, möglich
waren, ist wahrscheinlich.
6. Das Gericht als Verwaltungsbehörde.
Die Verwaltungsbehörde bestand außer dem Schultheiß
und den Schöffen in der Regel noch aus den Heimburgen
der Gemeinde. Diese trat zur Beratung allgemeiner
Fragen, welche das Interesse der Gemeinde betrafen (wie
z. B. des Streites, welchen lllkirch im )ahre 1431 mit
einigen Machbardörfern wegen des Fischfangs auf der III
hatte, und desjenigen der drei Dörfer des Amtes Marien-
heim mit der Stadt Straßburg wegen der Holzgerechtigkeit
im Odenwald) zu besonderen Sitzungen zusammen, bei
'} 1513 bittet der Kaplan von Kenzingen die Landherren,
als sie in K waren, um Straferlaß für seine Magd; diese ent-
scheiden nicht sofort darüber, vermutlich, weil sie nicht alle
sechs zusammen waren, sondern erst in Straßburg erkennen sie
auf Straferlaß und teilen diesen Beschluß dem Kaplan und dem
Schultheißen in K- mit- Registerbuch.
1
— 135 —
denen wahrscheinlich in Marlenheim der Schreiber das Pro-
tokoll führte. Die Rät und XXI wahrten ihren Einfluß auf
dieselben dadurch, daß der Vogt die Beurkundung der Be-
schlüsse dieser Verwaltungsbehörde, sow^eit diese besiegelt
wurden, entweder, wie in lllkirch, selbst besorgte oder, wie
in Wasselnheim, wenigstens dabei beteiligt war.
Die Verwaltungsbehörde galt als Vertretung ihrer Ge-
meinde. Sie nahm nach außen das Interesse derselben
wahr selbst, wie wir sahen, Rät und XXI gegenüber; sie
konnte Urkunden und Briefe ausstellen, und an sie wurden
solche gerichtet. Im Zusammenhang damit steht das Be-
streben der einzelnen Gemeinden, sich in den Besitz eines
eigenen Siegels zu setzen.
Analog den Städten Molsheim, Zabern, Börsch etc.,
welche bereits im Anfang des 15. [ahrhunderts eigene
Siegel hatten, können wir auch für die Straßburger Terri-
torialstädte Kenzingen, Ettenheim, Herbolsheim, Lichtenau
und Benfeld solche annehmen.
Was die Dörfer anbetrifft, so heißt es in dem Protokoll-
buch der Landherren unterm 13. September 1513: „item die
von Wasselnheim begeren, inen ein Siegel zuzelossen."
Diesem Gesuch gab Straßburg statt und setzte zugleich
eine Siegelordnung fest. Demnach hatte der Schultheiß
dasselbe aufzubewahren und bei jeder Versiegelung, welche
er machte, einen Heimburgen und einen Schöffen mit heran-
zuziehen. Es wurden mit ihm alle Gerichtsurkunden besiegelt,
welche auf Antrag einer Partei von dem Gericht ausge-
stellt wurden, ferner die „kouffbrieff oder vertragsbrieff," welche
die einzelnen Hintersassen ausfertigten, und endlich alle
Urkunden und Briefe des Dorfes selber. Die Gerichts-
urkunden versiegelte der Schultheiß mit seinen Gehülfen
allein, bei allen anderen dagegen mußte der Vogt mit hin-
zugezogen werden, jede Besiegelung kostete 6 Pfennig,
von welchen die Stadt drei erhielt und die drei Besiegeier
die anderen. Im jähre 1536 wurde von dem Gericht und
— 1 36 —
dem Amtmann festgesetzt, daß jeder Ausbürger 18 Pfennig
Siegelgeld bezahlen sollte.
Zum )ahre 1532 wird berichtet, daß die Gemeinde
Nordheim sich ein eigenes Siegel machen ließ, welches die
Rät und XXI nachträglich bestätigten. Dagegen scheint
es, daß die Dörfer des Amtes lllkirch kein Siegel besaßen,
vielmehr der Vogt vermutlich mit einem besonderen Amts-
siegel die BeSiegelung aller Schriftstücke aus dem Amte
vornahm^).
Dazu hatte die Verwaltungsbehörde noch eine Reihe
anderer Befugnisse, wie die Sorge für den Bau einer Dorf-
schmiede und Bäckerei, für das Bepflanzen der Almende
mit Bäumen oder deren Entfernung u. a.'); es ist aber wichtig
festzustellen, daß es schon zu Anfang des 16. Jahrhunderts
im Amt Marlenheim Gemeindesteuern gegeben hat, worüber
die Verwaltungsbehörde zu verfügen hatte.
Die Dorfobrigkeit^j.
Der Schultheiß^).
Der Schultheiß ist der erste Vorsteher der Gemeinde.
In den weitaus meisten Dörfern der Stadt Straßburg wurde
er von der Gemeinde unter Vorsitz des Vogtes oder eines
unmittelbaren Vertreters von Rät und XXI aus der Reihe
der Gemeindebürger gewählt. Die Wahl bedurfte aber der
Bestätigung durch die städtische Behörde, die nicht immer
erteilt wurde"^); wurde sie versagt, so konnte unmittelbare
0 Ein Besoldungsverzeichnis des Vogts von lllkirch aus dem
Anfang des 16. Jahrhunderts besagt, daß er in Dorlisheim und
den Dörfern „über Reine" nichts versiegelt.
') Vgl. Knapp, S. 51 und S. 173.
3) Eine ausführliche Darstellung der Beamten der Territorial-
städte konnte aus Nangel an Material nicht gegeben werden.
^) Vgl. Knapp, S. 43-45.
ö) In Dorlisheim wurde am 18. Mai 1547 jakob Thin in An-
wesenheit von lakob Meyer, eines Dreiers vom Pfennigturm,
als städtischen Verordneten, zum Schultheiß gewählt Mach dessen
X
— 137 —
Ernennung durch Rät und XXI stattfinden. Der Schultheiß
hatte wahrscheinlich der Stadt einen Eid zu leisten'). Er
wurde durch einen Verordneten der Stadt in sein Amt feier-
lich eingesetzt, die Gemeinde und die Schöffen hatten ihm
dabei zu schwören.
Die Wahl zum Schultheißen erfolgte auf unbestimmte
Zeit, daher fiel sie nicht in eine bestimmte Jahreszeit, wie z. B.
die der Schöffen, sondern man richtete sich dabei nach
dem jeweilig obwaltenden Bedürfnis. Absetzung durch Rät
Tode wurde am 4. März 1551 jakob Schmidt gewählt, die Stadt
versagte ihm jedoch die Bestätigung und Hans Meyer wurde
als Seh. von den „Herren" angenommen, und zwar ohne Wahl.
Nach ihm wurde am 18. Januar 1563 Georg Monsheim von der
Bürgerschaft gewählt, bei der Wahl war Georg Müg als Vertreter
der Stadt zugegangen. Auch dieser wurde nicht bestätigt und
Anthoni Harz von den Landherren zum Schultheißen bestimmt.
Ebenso wurde 1578 die Wahl des Georg Daiber, die per maiora
erfolgte, nicht anerkannt, sondern ein anderer eingesetzt.
1) Der Eid des Seh. von Kenzingen ist überliefert
Eins Schultheißen eyde
Item ein Schultheis sol sweren, minen gnädigen herren
der statt Stroßburg un minen herren der statt Kenzingen getruw
und gewer zu sinde, iren fromen nutz und ere zu fürdern, iren
schaden ze warnen und ze wenden, souere er yemer kan oder mag,
ungeuerlich, und yettwederem teile zu haben und zu sprechen
laussen, waß inen dann von rechtswegen zugehört und von
alter harkommen ist; ouch all Unzuchten, fräuel und misstaten
zu rügen, helffen, haben, künden und schirmen volliglich und
un mit gantzen truwen, so er yemer best mag, ongeuerde- Alle
brieff halten und den rat verswygen, recht richten dem armen
als dem ryechen vnd urteyl laussen sprechen nach deß rats
besten verstendnus, es gang an, wen es wolle, nieman zelieb,
noch zeleyde, weder durch miet, vintschafft noch fruntschafft,
noch durch dheinerley ding, on alle geuerde. Ouch alle zinß,
die in und zu den hoffstadt zinßen gehören, ze sammen, alß
vere er auch kan oder mag; vnd zwölf marck Silbers alle iar
daruß zu richten den erbere lütten gein Strossburg, denen sy
dann zugehören, on minere herren von Kentzingen costen und
schaden. Str. Stadt-A- GUP. 148 B 115 Nr. 8 (14).
— 1 38 —
und XXI kam nicht selten vor, auch war es nicht die
Regel, daß der Schultheiß das Amt lebenslänglich behielt.
Die Hauptbefugnis des Schultheißen lag auf dem Ge-
biete des Gerichtswesens, die sich mit dessen allmählicher
Änderung in der Zeit der Zugehörigkeit der einzelnen Dörfer zu
Straßburg ändern mußte. Er war auch allein befugt, das Gericht
zu einer Sitzung zusammen kommen zu lassen und diese
zu leiten, nicht der Vogt des Amtes, welcher nur die Ge-
meinde berief.
Seine Stellung als Vorsitzender der Verwaltungsbehörde
ist nicht genügend aufgeklärt. Mur soviel steht fest, daß
wenn der Vogt an den Gerichtssitzungen teilnahm, der
Schultheiß den Schöffen gegenüber nur ein primus inter
pares gewesen sein konnte.
In der Verwaltung war der Schultheiß der Stadt gegen-
über in gewisser Beziehung haftbar für strenge Durch-
führung der von ihr in den Dörfern erlassenen Ordnungen
und Befehle. Umgekehrt galt er der Gemeinde oder
ihren einzelnen Bürgern gegenüber als offizielles Organ, durch
das sie mit der Herrschaft oder auch anderen Personen
verkehrten. Häufig wurden bei derartigen mündlichen Ver-
handlungen auch einige Leute vom Gericht mit herange-
zogen. 1513 wurde der Schultheiß mit 3 Leuten des Ge-
richts von dem Dorf Dettweiler nach Straßburg geschickt,
um hier ein Anliegen vorzubringen. Er wurde neben dem
Heimburgen und dem Gericht im Protokoll von Briefen
und Urkunden genannt, welche die Gemeinde ausstellte
und welche sie empfing'). Er konnte aus eigener Initiative
über Begebnisse und Mißstände im Dorf an die Herrschaft
Bericht erstatten. Wenn der Vogt zufällig vom Amte ab-
^) 1488: „Schultheiß, burgermeister und rat zu Kentzingen" usw.
U. Dez. 1513. ,,Wir etc Entbieden unserm Schultheiß und
gericht zu Wasselnheim alles gut" Registerbuch.
— 139 —
wesend war, gingen in der Zwischenzeit z. T. dessen Be-
fugnisse, vor allem die polizeilichen, auf ihn über^).
Darüber hinaus wechselten in den einzelnen Gemeinden
die Nebenbefugnisse des Schultheißen. So konnte er bei
den einzelnen Zweigen der Verwaltung beteiligt sein, z. B.
beim Einsammeln der Bede und des Ungeldes. Oft war
er geradezu der städtische Steuererheber für die Gemeinde,
so in Ittenheim, Handschuhsheim, Herbolsheim. Dagegen
heißt es 1530 ausdrücklich für Marlenheim: „das schult-
heißenampt hatt der statt nichts inzubringen und zuver-
rechnen; er versihet den stab und wurt vom stadelhoff,
dem er ouch schwören muss, gesetzet"-;.
1515 wurde hier von der Stadt und dem Bischof die
Bestimmung eingeführt, daß der Schultheiß nicht zugleich
auch Wirt sein dürfe, was bald darauf auch auf die beiden
Vögte ausgedehnt wurde. Als dieser Beschluß am U.De-
zember Thengers Veitin mitgeteilt wurde, welcher damals
Schultheiß und Wirt war, mit dem Ersuchen, eins von
beiden fallen zu lassen, gab er das Schultheißenamt auf'').
Eine ganz andere Stellung als die bisher besprochene
hatten die Schultheißen von Kenzingen, Flexburg, Nonnen-
weier, Marlenheim und Odratzheim. Sie waren städtische
Beamte und wurden von der Stadt direkt ohne Wahl der
Gemeinde eingesetzt.
Im Jahre 1480 war der Schultheiß zu Kenzingen ge-
storben; ein gewisser Rudolf Schmid bat darauf den Rat,
1) Am 25. Februar 1557 schreibt Philipp Mangold, Vogt zu
Herrenstein, an die Stadt, daß in seiner Abwesenheit der Schultheiß
von Dettweiler eine verdächtige Person habe gefangen nehmen
und ins Schloß bringen lassen; er fragt an, was er tun soll- Str.
Stadt'A. V. C. G. K- 30.
•^) Str. Stadt-A. V. C G. A 42 Nr. 92.
^) 1524 war der bischöfliche Vogt Wirt, ein gewisser H- Renn-
bolt Spender bittet den Hofmeister, dieses abstellen zu lassen.
Ecciesiasticum Argentinense, Straßburger Diözesanblatt, 11. Jahr-
gang 1892, Archivalische Beilage S. 47.
140
ihm das Amt zu übertragen. Er war, wie bereits erwähnt,
der höchste Straßburger Beamte in Kenzingen und hatte
als solcher darauf zu achten, daß die Rechte seiner Herr-
schaft daselbst in jeder Beziehung gewahrt würden. In der
Rechtsprechung war er nur bei der hohen Gerichtsbarkeit
zugegen und hatte polizeiliche Funktionen. Außerdem war
er straßburgischer Rechnungsbeamter, zu seiner Unter-
stützung war ihm ein Schaffner beigegeben.
In dem Dorfe Flexburg, das zwischen der Stadt Straß-
burg und den 3 Brüdern Wolf, )akob und Wendling von
Landsberg geteilt war, hatte jede Herrschaft einen Schult-
heißen, welche in der Geschäftsführung jährlich abwechselten.
Auch in Nonnenweier gab es zwei Schultheißen; den
einen setzte der Bischof von Straßburg ein, den anderen
die übrigen Herrschaften zusammen. Während jener die
Gerichtstage abhielt, hatte dieser nur das Recht, den Heim-
burgen einzusetzen. In Lichtenau wurde der Schult-
heiß von Straßburg und den Herren von Lichtenberg zu-
sammen eingesetzt.
In Marlenheim war es von altersher das Recht des
Klosters Andlau als Eigentümer des Stadelhofes, den Schult-
heißen zu bestimmen ohne Wahl der Gemeinde und ohne
Befragung und Zustimmung der jeweiligen Besitzer des
Dorfes. Dieses Recht ging bei der Pachtung des Stadel-
hofes im Jahre 1510 und sodann beim Ankauf desselben
an die Stadt über.
Wegen der Vereidigung des Schultheißen war man
bald nach 1510 eine Zeitlang im unklaren. Solange der
Stadelhof noch dem Kloster Andlau gehörte und dem
Kloster Haslach im Breuschtal verpfändet war, hatte der
Schultheiß nur dem letzteren geschworen, „den gemeinen
herren gewertig zu sin inn allen zimlichen dingen und gericht
und recht zu halten", nicht aber den jeweiligen Besitzern des
Dorfes oder deren Vögten als ihren Vertretern. Als der Hof
den Rät und XXI verpfändet wurde, verlangten diese aus
141 —
Unkenntnis der Sachlage, daß der Schultheiß der Herrschaft
des Dorfes schwöre, schickten aber zugleich eine Ratsbot-
schaft nach Marlenheim, welche durch Befragen der früheren
Schultheißen und des Gerichts den seitherigen Brauch fest-
stellen sollte. Darauf beschloß man, es beim Herkom.men
zu lassen, nur die Eidesformel wurde dahin abgeändert,
daß der Schultheiß nicht den Rät und XXI, wie es analog
mit den früheren Formeln heißen müßte, sondern der „Ober-
keit des stadelhoffs" schwören sollte. Außerdem mußten
die beiden Vögte, der städtische und der bischöfliche, bei
der Vereidigung zugegen sein^). Zweifellos hat bei der
Einführung dieser Neuerung der Bischof von Straßburg als
zweiter Besitzer des Dorfes Marlenheim mitgewirkt.
Diesem Beschluß gemäß wurde bald eine andere Rats-
botschaft hinausgeschickt, welche mit „geklopfter glock"
die Gemeinde zusammenberief und am 10. August 1512
den Schultheißen vereidigte. Der damalige Schultheiß wurde
1515 abgesetzt, seinen Nachfolger kennen wir nicht. Am
19. April 1518 folgte Hans Wyrich; bei dessen Einsetzung
wurde es wie früher gehalten.
Bei der Einsetzung des Schultheißen Mathys Landvogt
am 21. November 1531 vertraten Bernhard Wormser und
Hans Jörger die Stadt und der Hofmeister und Land-
schreiber zu Zabern den Bischof; am 6. November hatte
die Stadt in Abwesenheit des Bischofs die Räte von Zabern
gebeten, einen Vertreter nach Marlenheim zu schicken-).
Der Landschreiber las dem Schultheißen den Eid aus einem
0 „Schultheiß zu Marie soll sweren dis noch geschriben:
Item der Schultheiß sol sweren in gegenwertigkeit beider vögten, der
oberkeit des stadelhoffs getruwe und hold zu sin, in namen des
gotshuse Andelo euch gerecht gericht zu halten und eynem
jeden den Stabe zu recht zu gönnen und nit zu versagen, und
den gemeinen herren in allen zimlichen dingen gehorsam und
gewertig zu sein, wie biß har gewonheit und herkommen ist."
Str. Stadt-A. V. C G. A 40 Nr. 88.
2) Str. Bez-A. G. 1390
— 142 —
Buche vor und Bernhard Wormser nahm ihm denselben
im Mamen der Stadt ab. Darauf leistete dem Schultheißen
das Gericht zu Marlenheim den Eid, welchen der Schreiber
auf dem Pfennigturm verlas')-)").
Der Keller des Stadelhofes versah bis zum Jahre 1531,
wie bereits erwähnt wurde, nach altem Herkommen als Ober-
Schultheiß die Geschäfte eines Schultheißen zu Odratzheim.
Der Gerichtsbote daselbst mußte ihm schwören, kein Gericht
ohne sein Wissen und Wollen zu besetzen und zu halten
und die Gefälle an ihn abzuliefern.
') Der städtische Schreiber, welcher das Protokoll über
diese Ereignisse führte, hat irrtümlich den 12. )anuar 1531, Do.
nach Erhardi, als Einsetzungstermin angegeben. Die Schöffen
von Odratzheim und der Bote schwuren am 12. Januar 1531 dem
Stadler und ebenso am 21. November dem Schultheiß Mathis
Wurmann oder Landvogt. Der 21. November steht als Ein-
setzungstermin sowohl durch eine selbständige Notiz als auch
den Brief vom 6. November an die Stadt Zabern fest Der
Schreiber hatte eingetragen: „als unsere herren der statt Strass-
bürg Nathys Wurmann zu einem Schultheiß gon riarle geordnet,
do habend sy myns genedigen herren von Strassburg raten inn
siner gnaden abwesen noch altem harkommen und gebruch ge-
schriben und tag erwent donnerstag nach Erhardi, uf welchen
tag beder herrnschaften bottschaftenn zu Merle erschynen, do
hatt myns gnedigen herren landschriber innamen sins gn. herren
dem seh. den eyd inhalt dis buchs fol. 2 vorgelesen und hat her
Bernhard Wurmser innamen der statt den eyd gestabet."
Str. Stadt'A V. C. G. A 40 Nr. 88.
'^) Seit dem jähre 1530 war das Schultheißenamt auch mit
dem des Stadelmeiers, eines Wirtschaftsbeamten des Stadel-
hofes, vereinigt Ein Bericht einer Ratsbotschaft sagt dazu:
„die herren halten für gut, die aemter zu verteilen, wie sie
bisher verteilt waren, r.wmlich der pfandschaft aemter, als
Schultheiß-, stadelmeyer- und kellerampt, das die einer allein
hab und versehe und die vogtey, welche der Stadt eigen ist,
auch durch ein sondern verwaltet werde." Demgemäß bezog der
Schultheiß auch die Besoldung eines Stadelers und eines Kellers.
•0 Für Marlenheim ist folgende Besoldung des Schultheißen
überliefert: „des Schultheißen gerechtigkeit und gefelhitem von
143 —
Die Heimburgen.
Die Heimburgen oder die Meister eines Dorfes nahmen
eine Doppelstellung ein. Sie waren einerseits Steuererheber
für das Dorf, andererseits die Rechner ihrer Gemeinde^).
Sie hatten die auf die einzelnen Bürger ausgeschlagenen
Steuern, besonders Bede, einzusammeln und dem städ-
tischen Vogt abzuliefern-). Der Heimburge von Illwickers-
heim war auch bei der Verrechnung des Ungeldes be-
teiligt. Die Stellung als Gemeinderechner war um so
bedeutender, je größer die Gemeinde und je umfassender
ihre Selbstverwaltung war.
Die Heimburgen wurden jährlich auf dem Vogtgericht
gewählt und legten beim Abgang von ihrem Amt dem
Vogt und wahrscheinlich auch der Gemeinde Rechen-
schaft ab'). Die Bezeichnungen Meister und Heimburge
jeder kundschaft 2 Schilling, item von einer fronung, wan sie uß
got, 6 i^y item von jedem sitz alle gerichtstag, wenn offen ge-
richt ist, 2 />, item wann man einen focht, der frembd ist, mit
dem hotten oder mit eym burger, git man dem Schultheißen
28 A^, item von jedem satz 4 4» item in den zweyen Jüchen
körn und habern gibt man von jedem acker ein garb;" später
hat er folgende Besoldung: „der Schultheiß zu Marie hatt jors
vom Stadelhoff in gelt 3 Pfd. 12 :-i 6 ^, dry enger heu, den
fryen sitz und die beholtzung inn meiner herren wälder".
') Vgl. Knapp, S. 75, Anm. 2 und S. 258.
■-) Der Heimburge von Illwickersheim lieferte die Gefälle
selbst auf dem Pfennigturm ab, vielleicht erstattete er auch vor
den Dreiern daselbst Rechenschaft über seine Amtsführung.
0 In eine Ordnung, welche in der 2. Hälfte des 15. Jahr-
hunderts von dem Bischof Ruprecht von Straßburg, dem Grafen
Ulrich von Württemberg, dem Grafen Heinrich von Zweibrücken
und Bitsch und dem Georg von Ochsenstein für das Amt
Marlenheim erlassen wurde, heißt es: „item die rechner und
heimburgen sollen alle iar rechnung tun vor den herren oder
ihren amptlcuten von der bette und allen anderen Sachen, die
sie von des dorffs wegen verhandeln."
Anfang des 15. Jahrhunderts legte der Heimburge von
Benfeld vor dem Rate daselbst Rechnung: „item so eins gegen
- 144 —
bedeuten dasselbe, in Marlenheim werden sie 1503 Heim-
burgen und bald darauf Meister genannt. In manchen
Gemeinden gab es nur einen Heimburgen; wahrscheinlich
war jedem der beiden Meister von Wasselnheim eine
Hälfte des Dorfes als Amtsbereich zugewiesen. Dem
Heimburgen von Benfeld waren noch zwei Gehülfen bei-
gegeben, welche ihrerseits Meister hießen und jährlich neu
bestimmt wurden^)-).
Der Gerichtsbote.
Seine Bestellung war in den verschiedenen Dörfern
verschieden. In Schiltigheim wurde er von „unsern herren
gesetzet" ohne Einfluß der Gemeinde. Dasselbe war in
Ittenheim und lllwickersheim der Fall. In Wasselnheim
dagegen wurde er durch Wahl des Gerichtes unter Vorsitz
des Vogtes eingesetzt. Im Jahre 1513 hatte sich das
Gericht selbständig einen Boten gewählt. Auf die Be-
schwerde des Vogtes hin=^) untersagten die Landherren in
einem Brief vom 14. Dezember dem Gericht das eigen-
mächtige Vorgehen^).
dem andern gor uf gehoben wurt, so hübet Hafe Henß, der alte
heimburge, der stette [Benfeld] schuldig 36 Pfd. miner 2 ^ ".
^) In dem Rechnungsbuch des H. vom Benfeld aus jener
Zeit steht: „item 2 Pfd. 6 ^ den alten meistern von dem gewerf
uf rechnunge, als su die wechtern und portner[n] usgeben hant
und m iren innemen und usgeben verechent hant zu /lunster
^^^^^^^^ n Pfd. hab ich geben den zweien nuwen meistern
nehest vor winachten, die su den wechtern und pörtnern uf
dieselbn fronuaste geben hant."
7 n H ''t^^^^^'' ^'^ Reichsdörfer der Landvogtei Hagenau,
z.ü.ü. N.F. 14., S. 222. Auch der Heimburge des Dorfes
Ohiungen hatte 2 Gehülfen.
'•') Protokoll der Landherrensitzungen 1513 14: „item bringt
em amptman an. wie die von Wasselnheim jars ein rat und
em botten besetzen on eins vogts bysin, das der oberkeit zu
nachtheil und abbruch diene".
') Registerbuch, 1513. Mi. vor Lucie et Otilie: „so ist unser
ernstlich meinung und befehle, hinfuro solichs uwern furnemen
- 145 —
Die Amtsdauer des Boten war, soweit es sich
erkennen läßt, nicht lebenslänglich. Er hatte beim Amts-
antritt einen Eid abzulegen , in Wasselnheim schwur er,
dem Vogt, Schultheißen, den Meistern und dem Gericht
gehorsam zu sein, in lllkirch auch den Geschworenen.
Er mußte der Gemeinde und der Herrschaft Dienste ver-
richten, auch den Bürgern der Gemeinde konnte er mit
Genehmigung des Schultheißen und gegen Entrichtung
einer Gebühr von 2 /^ , von welchen der eine dem Vogt
zukam , dienstbar sein. Außer seiner Beteiligung an den
Gerichten hatte er für die öffentliche Sicherheit zu sorgen;
im Amte lllkirch brachte er die Untertanen, welche mit
Gefängnis bestraft wurden, nach Straßburg in den „turn".
Als Besoldung erhielt der Bote von Schiltigheim 1 Pfd.
3 ß \0 /^ und 2 Viertel Korn, derjenige von lllwickersheim
war außerdem befreit von Bede und Frondiensten. Der
von Wasselnheim hatte außer seinen Gefällen noch den
freien Sitz. In Benfeld wurde der Gerichtsbote von der
Gemeinde und der Stadt Straßburg besoldet.
Der Fürsprecher.
Die Fürsprecher waren allem Anscheine nach auf
längere Zeit bestellt und wahrscheinlich auf die gleiche
Art und Weise wie der Schultheiß, durch Wahl der Ge-
meinde unter städtischem Vorsitz. Es werden Fürsprecher
in Wasselnheim und Dettweiler erwähnt, in ersterem Dorfe
mindestens zwei, in letzterem nur einer. In Wasselnheim
war im Jahre 1513 Mangel an zu diesem Amt befähigten
Leuten, da das Gericht keinen Fremden dazu nehmen
miessig zesten und dheinen gerichtzbotten oder amptman, der
uns als der oberkeit zu setzen zustot, on^unsers vogtes, als
von unsern wegen, wissen und willen setzend, kiesent oder
annement und uch solicher oberkeit hinfuro nieme underziehent".
10
— 146 —
wollte'). S\Q wurden auch vereidigt, „sollen geloben einem
ieden in oder usserhalb vor gericht sein worde zu tun
nach irem besten vermögen" und vertreten den Kläger vor
Gericht, dem Angeklagten durften sie nicht beistehen.
In Wasselnheim hatten sie an jedem Gerichtstag für
Privatsachen, auch beim Banngericht zugegen zu sein. Im
)ahre 1536 setzte das Gericht unter dem Vorsitze des
Vogtes fest, daß sie von jeder Anklage, welche sie ver-
traten, 6 ^ Entschädigung nehmen durften. Der Für-
sprecher von Dettweiler mußte seine Hülfe kostenlos her-
geben, und als er 1513 auch Gebühren einführen wollte,
wehrte sich die Gemeinde heftig gegen diese Neuerung.
Der Gerichtsschreiber.
Ebenso wie es nicht in jeder Gemeinde Fürsprecher
gab, hatten auch nicht alle Gerichtsschreiber. Mur für
Marlenheim und Wasselnheim werden solche erwähnt, und
die Städte hatten ihre Ratschreiber. Nach einem Auszug,
welcher im )ahre 1556 aus dem „Statutenbuch" des
Fleckens Marlenheim gemacht wurde, bestellte man den
Schreiber daselbst jährlich auf dem Vogtgericht. Er konnte
eine Reihe von jähren im Amte bleiben, mußte aber
jährlich von neuem um dessen Übertragung bitten. Wollte
der Schreiber im Laufe des Jahres sein Amt niederlegen,
so mußte er es ein viertel Jahr vorher aufkündigen. Das-
selbe war der Fall, wenn Schultheiß und Gericht während
des Jahres einen neuen Schreiber anstellen wollten, „damit
sich ein Schreiber eines andern diensts wisse zuuers'ehen."
Als im jähre 1531 die Ratsbotschaft in Marlenheim war,
um den Schultheißen einzusetzen, war man sich darüber
noch nicht einig, ab das Gericht allein den Schreiber ab-
p Nemoriale: „item ein grosse mangel sy an fursprechen
2U Wass., dass sie lossen nieman kein frembden zu, er muß by
inen gesessen sin."
147
setzen konnte. Die Ratsbotschaft bestritt dieses, und doch
mußten Rät und XXI nachgeben.
Der Schreiber fertigte alle Gerichtsurkunden aus, er-
ledigte überhaupt alle schriftlichen Sachen des Dorfes, Briefe
usw., und auch solche von einzelnen Gemeindebürgern. Er
nahm an allen Gerichtsverhandlungen und an den Sitzungen
der Verwaltungsbehörde teil und führte wahrscheinlich
Protokoll darüber').
Ferner hatte er Abschriften der bestehenden Ord-
nungen, der für Marlenheim geltenden Gerechtigkeiten der
Herrschaft, überhaupt „alle protocolle, so das ampt Marien
belangen" in Verwahrung; bei Aufgabe seines Amtes hatte
er dieselben dem Schultheißen und Gericht abzuliefern.
Wenn der Schreiber zu eigenen Geschäften außer Amt
reisen mußte, so sollte er zuerst den Schultheißen oder
den Meister fragen, ob man ihn für diese Zeit entbehren
könnte oder nicht. Außerdem mußte er die Schule halten,
aber anscheinend nur im Dorfe Marlenheim-). Über seine
Besoldung verlautet nichts.
In Wasselnheim bestimmte die Siegelordnung, daß der
Schreiber bei schriftlichen Arbeiten, welche er für Bürger
machte, sich „umb sine lone geburlichen halten" sollte.
Wenn sich aber jemand durch die Forderung desselben
beschwert fühlte, dann setzte das Gericht den Lohn für
den Schreiber selbst fest.
^) Die Ordnung lautet: „Zu dem wenn man einer burger-
schafft klepfft, soll er alle zeit off der Stuben erscheinen, wie
ein andere burger auch, und wann sein dienst uss ist, das man
ine abgedancket, soll er alle Protokolle, so das ampts Marien
belangen, Schultheiß und gericht uberliefferen" Str. Stadt-A. V. C-
G. A 40 Nr. 88-
''^) Ebenda: zu dem ob es sach wer, daß der Schreiber
anderer geschefft halben und userhalb des ampts reißen wollt,
so sol er zuvor einnen Schultheiß oder den meister, so dann
zu demselbigen iar im ampt ist, ansuchen, ob man denselbigcn
tag sein entpercn mog oder nit- Zu dem soll ein ieder Schreiber
die schul zu halten schuldig sein.
10*
— 148
Die Geschworenen.
Eiine besondere Stellung nahmen die Geschworenen
der Dörfer des Amtes Illkirch ein. in den anderen Ämtern
scheint es keine Geschworenen gegeben zu haben. In der
Gemeinde Illkirch-Grafenstaden hatten sie „die Bede
zu legen," d. h. den Anteil festzusetzen, welchen jeder Ge-
meindebürger zu dieser direkten Steuer zu geben hatte,
und die Almende zu verpachten. Ihre Befugnis wurde im
Anfang des 16, Jahrhunderts insofern erhöht, als ihnen ein
Teil der Gemeindeverwaltung übertragen wurde, welcher
bis dahin dem Vogtgericht zustand.
So hatten sie jährlich dem Pfister das „offenhuss" und
dem Schmied die Schmiede zu verpachten. Beide Baulich-
keiten waren Eigentum des Dorfes, welches sie auch in
gutem Zustande zu halten hatte. Außerdem setzten sie
zwei Hirten und zwei Bannwarte ein, welche ebenfalls ver-
eidigt wurden, kurz ,,sie sollen auch das dorf verantworten
noch dem aller besten, so es aller nottdürftigest ist."
Die Geschworenen wurden jährlich auf dem Vogt-
gericht gewählt, und ihre Anzahl war verschieden. Zu
Illkirch-Grafenstaden waren es zuerst vier, von welchen
zwei die Fischer und zwei die Bauern stellten. Die letz-
teren beschwerten sich im jähre 1483 gegen diese Zu-
sammensetzung, da sie glaubten, die zwei Fischer würden
den Bauern einen größeren Anteil an den Abgaben auf-
bürden als ihnen zukommen sollte. Ihr Gesuch, fernerhin
3 Geschworene, einen aus den Bauern, einen aus den
Tagnern und einen aus den Fischern zu wählen, geneh-
migten Rät und XXI jedoch nicht. Im Jahre 1511 werden
noch 4 Geschworene genannt, bald darauf aber muß be-
stimmt worden sein, daß jährlich 5 Geschworene zu
wählen seien, nämlich zwei aus der F^eihe der Bauern in
Illkirch, je einer von den Tagnern zu Illkirch und den
Fischern daselbst und den Fischern zu Grafcnstaden.
— 149 —
Von den drei Geschworenen der Gemeinde Schiltig-
heim-Adelshofen waren zwei aus dem ersteren, einer aus
dem zweiten Dorf, dagegen von den vier der Gemeinde
Ittenheim-fiandschuhsheim, drei aus Ittenheim und einer aus
Handschuhsheim. Für lllwickcrsheim ist die Zahl der Ge-
schworenen nicht bekannt.
Exkurs.
Die Einlösung des Bischofsgutes.
Die Frage nach der Einlösung der bischöflichen Pfand-
schaften, welche die Stadt Straßburg noch im 16. Jahr-
hundert innehatte, tauchte im jähre 1533 auf, als die Stadt
mit neuen Forderungen um Bewilligung von Baugeld für Ben-
feld und das gleichfalls verpfändete Schloß Fürsteneck an
den Bischof herantrat ^)^).
Dieser aber zeigte keine Lust dazu, sondern entschloß
sich, die Pfandschaft Benfeld einzulösen. Am 6. Juni 1534
verlangte er von der Stadt Abschriften der Verpfändungs-
urkunde und der Baugeldbewilligungen. Dieser Forderung
wich die Stadt in einem Schreiben vom 20. Juli aus mit
der Begründung, daß sie jedesmal Bericht über den Bau
0 Schon am 11. Dezember 1527 hatten die bischoflichen
Räte die Stadt zum zweiten Hai um Kopien der Pfandbriefe
von Ettenheim und Fürsteneck gebeten. Etwas näheres ist nicht
bekannt. Str. Stadt-A. G. U- P. L. 115 Nr. 3.
^) Im Sommer dieses Jahres lief bei dem Bischof ein
Schreiben des Rates ein, welches ihn ersuchte, Benfeld und das
Schloß Fürsteneck, welche baufällig seien, besichtigen zu lassen.
Am 9. August bestätigte dieser den Empfang des Schreibens
mit der Bemerkung, daß er es zur Begutachtung an die Dom-
herren weitergegeben habe. Daraufhin scheint man über den
Fall in Verhandlung getreten zu sein, zunächst aber Fürsteneck
fallen gelassen und vereinbart zu haben, daß beide Teile Ben-
feld besichtigen lassen sollten. Es wurden verschiedene Briefe
gewechselt, vom Bischof liegen solche vom 4 März, 12 April
und 24. Mai 1534 vor, ohne daß man etwas erreicht hätte.
— 150 —
in Benfeld erstattet habe. Trotzdem erneuerte der Bi-
schof am 5. August sein Gesuch, jedoch mit demselben
Erfolg.
Die nächste Nachricht ist ein Brief des Bischofs vom
2. )uni 1536, aus welchem hervorgeht, daß er inzwischen
die Stadt gebeten hatte, ihm von den Urkunden aller Ver.
Pfändungen, welche dieselbe zur Zeit noch vom Bistum
habe, Abschriften zuzustellen. Darauf beschlossen Räte
und XXI in einer Sitzung vom 22. )uli, dem Bischof zwar
von den Benfelder Urkunden, nicht aber von denen der
andern Pfandschaften Abschriften ausfertigen zu lassen, da
sie wohl glaubten, auf diese Weise deren Einlösung ver-
hindern zu können. Aber aus einer Zusammenstellung der
verpfändeten Besitzungen aus dem Jahre 153b, welche von
bischöflicher Seite gemacht sein muß, geht hervor, daß es
trotzdem dem Bischof gelungen war, sich über den Verbleib
seines Besitzes zu vergewissern.
Die Einlösung der Pfandschaften scheint ohne weiteres
nun von statten gegangen zu sein, ohne daß wir darüber
unterrichtet sind, nur bei Benfeld und Kochersberg kam es
zu Meinungsverschiedenheiten. Nach einigen fruchtlosen
Verhandlungen teilte am 14. September der Bischof der
Stadt mit, daß am 25. September seine Boten in Straß-
burg seien, um eine Verständigung herbeizuführen. Zugleich
bat er den Rat, auch seinen Verordneten unbedingte Voll-
macht zu geben, damit man endlich zum Ziele komme.
Auf dieser Tagung wurde zwar beschlossen, daß der Bischof
bis kommende Weihnachten alles Geld, welches der Rat auf
Grund seiner Urkunden forderte, auf der Hünze zu hinter-
legen, die Stadt aber bis dahin die Pfandschaft und ihre
Urkunden auch herausgeben solle, aber der Bischof er-
kannte die Abmachungen nicht an. Er glaubte, daß seine
Vorgänger nicht alles Baugeld bewilligt hätten, welches die
Stadt forderte, und besonders weigerte er sich, jene auf
151 —
der speyrischen Richtung beschlossenen 2000 Pfund ^) zu
bezahlen. Am 3. Oktober teilte er dem Rate mit, er solle
am 9. Oktober Verordnete in seinen Hof schicken, alsdann
wolle er ihnen seine Heinung sagen. Wir wissen nicht
was er diesen mitteilte, jedenfalls aber weigerte er sich,
den am 26. September-) abgeschlossenen Vertrag anzuer-
kennen, und nun nahmen beide Partelen ihre Zuflucht
nach iiagenau zu dem Unterlandvogt Konrad von Rech-
berg.
Bereits am 1 3. Oktober fand hier eine Tagung statt, auf
welcher bestimmt wurde, daß die Parteien Ihre Klage schrift-
lich beim Landvogt einreichen und darauf innerhalb zweier
jähre sich auseinandersetzen sollten, wenn sie aber in dieser
Zelt nicht zum Ziele kämen, solle ein weiteres halbes jähr
zugegeben werden. Alsdann solle der Schiedsspruch ge-
sprochen werden. Jedoch scheint man sich in der Folge
nicht an diese Bestimmungen gehalten zu haben').
Der endgiltige Schiedsspruch wurde jedenfalls erst am
20. Dezember 1540 gesprochen. Die Stadt, welche durch
ihren Bürger Peter Sturm vertreten war, verlangte außer den
strittigen 2000 Pfund noch 145 Pfund, welche sie für Bauten
ohne die bischöfliche Genehmigung ausgegeben hatte, und
die Ausbezahlung eines Schuldbriefes von 2578 fl 63 Pf.
^) Hier sind es Pfund, keine Gulden.
-) Von diesem Tage ist die Urkunde ausgestellt.
■*; Sicher wird eine Richtung vom 13. Dez. 1538 erwähnt.
Ferner wurde nach einer gleichzeitigen Aufzeichnung eines
städtischen Schreibers die Klage am 25. Februar 1538 eingereicht,
der Termin für die von dem Landvogt festgesetzte Tagung hätte
also auf den 25. Aug. angesetzt werden sollen. Da er aber auf
den 18. Juli angesetzt sei, so stellt der Schreiber fest, daß er
dann 5 Wochen 3 Tage früher falle, als es ausgemacht worden
war. Schließlich setzte auch Konrad von Rechberg in 2 Briefen
vom 10 April und 23. August 1540 Tagungen auf den 11. Mai
und 21. September an. Wir wissen nicht, ob diese 3 Tage wirk-
lich stattfanden.
— 152 —
Aber ihre Forderungen wurden nicht alle bewilligt, sondern es
wurden ihr nur die 145 Pfund und von den 2000 Pfund 500 fl
zugesprochen. Im übrigen sollte der R:it auf alle Anrechte
an die Pfandschaft verzichten und die Urkunden dem
Bischof herausgeben. Die Abtretung von Benfeld und
Kochersberg muß jedoch schon früher erfolgt sein, da die
Landherrenordnung von 1539 sie nicht mehr kennt.
Inhalt
Seite
Einleitung 5— 10
I. Der Erwerb des Territoriums 11— 89
A. Die vorübergehenden Besitzungen 11—22
1. Rappoltsweilcr 11—18
2. Die Pfandschaften des Straßburger Bistums • 18—22
B. Die dauernden Besitzungen 23— 89
1. Benfeld mit Rochersberg 23— 24
2. Das Amt Ettenheim 24— 25
3. Lichtenau 25— 26
4. Das Amt Lürsteneck 26— 28
5. Das Amt Herrenstein 29— 38
6. Das Amt Kürnberg . ......-.• 38— 41
7. Das Amt lllkirch • • 41— 70
8- Das Amt Wasselnheim . 70— 77
9. Das Amt Marlenheim 78— 88
10. Übersicht 88— 89
II. Die Verfassung und Verwaltung des Terri-
toriums 90-149
1. Allgemeines 90— 99
2. Die landesherrliche Verwaltung 99—108
3. Die Verwaltung der städtischen Ämter. . • 109—123
4. Die Richter 123—125
5. Die Tätigkeit der Gerichte 125—134
6. Das Gericht als Verwaltungsbehörde • • • 134—136
7. Die Dorfobrigkeit 136—149
Excurs: Die Einlösung des Bischofsgutes.
Lebenslauf.
Ich wurde geboren am 28. März 1883 zu Offenheim
in Rheinhessen als Sohn des Landwirts Ludwig Knobloch
und bekenne mich zur evangelischen Kirche. Von Ostern
18Q:3 bis 1900 besuchte ich das Progymnasium zu Alzey
und darauf das Gymnasium zu Worms, an welchem ich
Ostern 1902 die Reifeprüfung bestand, ich studierte an den
Universitäten in Straßburg und Kiel Geschichte, klassische
Sprachen und Erdkunde und nahm an den seminaristischen
Übungen folgender Professoren teil: Bloch, Breßlau, Ger-
land. Keil, Meinecke, Neumann , Piasberg, Reitzenstein,
Rudolph, Spahn und Wiegand. ihnen allen bin ich zu
großem Dank verpflichtet, besonders aber Herrn Professor
Breßlau, auf dessen Anregung hin die vorliegende Arbeit
entstanden ist und der mich bei der Ausarbeitung und
Drucklegung freundlichst unterstützte.
REDUCTION
RATIO CHANGES
WITHIN TITL
im